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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.09.1907
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1907-09-24
- Erscheinungsdatum
- 24.09.1907
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- Deutsch
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9562 Börsenblatt s. ö, Dtschn. Buchhandel. Mchtamtlicher Teil. 223, 24. September 1S07. Saft, aus dem diesem schattenspendenden, reich entwickelten Baum geistiger Kultur jetzt noch, nur aus diesem lebendigen Baum heraus ein Blättchen erwächst, sollte eine Ausnahme stelle für sich beanspruchen können? Es ist unmöglich, sich der Erkenntnis zu verschließen, daß in dem Erzeugnis des deutschen Schriftstellers oder Dichters nur das zur Blüte wird und zur Frucht reift was mit dem Humus Heimgegangener gedüngt und durch den lebendigen Stamm deutscher Volkskultur hindurch gegangen ist. Aber an diesem Geisteserzeugnis hat der Verfasser nach unserer heutigen Auffassung persönliche Rechte, ohne Zweifel begründete, wenn sie auch nicht allzu lange gesetzlich an erkannt sind. Unser Gerechtigkeitsgefühl sagt uns, daß der Autor, so lange er lebt, z. B. das Recht des alleinigen Ver kaufs seines Erzeugnisses genießen müsse. Darüber hinaus gehen freilich die Ansichten sofort auseinander. Die eine Gruppe hält das System der Erbschaft überhaupt für ver werflich und kulturwidrig (vgl. Nordaus Lügen der Kultur menschheit), andre wollen es noch weiter ausgebaut wissen. Zu ihnen gehört ein großer Teil der Schriftsteller. Es ist eigentlich verwunderlich, daß sich diese für die Erweiterung der Vererbung des Urheberrechts so sehr ereifern. Neunund neunzig Prozent — kann man wohl behaupten — sollten ver nünftigerweise absolut kein Interesse daran haben, weil ihre Werke nicht während ihrer Lebensdauer, viel weniger noch ein Menschenalter darüber hinaus gelesen werden. Ein Teil dieser Herren plädiert allerdings für Freigabe der Werke hervorragender Schriftsteller nach der bisherigen Schutzfrist, aber für die Abgabe eines gewissen Betrags von seiten der Verleger, die sie drucken wollen. Diese Abgabe soll dann in eine Kasse fließen, mit dem Zweck, verkannte Genies daraus zu unterstützen. Diese Selbstlosigkeit ist rührend. Vor sechs Jahren ist unser Urheberrecht revidiert worden, und unsre Volksveitretung hat die Schutzfrist von dreißig Jahren nach dem Tode des Verfassers für unsre deutschen Verhältnisse als richtig erkannt. Sie ist sogar noch weiter gegangen, so daß selbst die Verlängerung der Frist für die Ausschließlichkeit des Aufführungsrechts musikalischer Werke, die im Regierungsentwurf enthalten war, verworfen wurde. Und zwar aus der richtigen Erkenntnis der Tatsache, wie ich sie hier dargelegt habe. Denn wenn es richtig ist, daß wir nur mit den Pflügen andrer das Gemeindeland zum Fruchtbringen bearbeiten können, so kann es keinen Einsichti gen wundern, daß man dem Arbeiter diese Frucht nicht als ewiges Eigentum überweisen darf. Das wäre ein Unrecht an dieser Gemeinde, an dem Volkswohl. »Der Schöpfer«, sagt Professor Joseph Köhler in seinem .Urheberrecht', »mag er das größte und erlauchteste Genie sein, schafft nicht für sich, sondern für die Menschheit; dies gilt von Richard Wagner, wie es von Goethe und Beethoven gilt.« Nur das steigende Niveau der Kultur des gesamten Volks vermag dieses zu veredeln und zu immer bessern Lebens- und Wettbewerbsbedingungen heraufzubringen. Des halb ist jedes Mittel, dieses Niveau zu heben, unsrer scharfen Aufmerksamkeit wert. Welches Mittel aber wäre geeigneter, diese Wirkung zu erzielen, als die Verbreitung guter, den Ge schmack veredelnder, die Kenntnisse bereichernder und die Denkfähigkeit schärfender Literatur bis in die allerweitesten Volkskreise hinein? Es bedarf aber keines Beweises, daß diese intensive Wirkung eines Geisteswerks erfahrungsgemäß erst dann eintritt und eintreten kann, wenn es zu einem ganz billigen Preise hinausgeworfen werden kann in die dichtesten Volkskreise. Reclams Universalbibliothek, Meyers Volksbücher, Hendels Bibliothek und ähnliche Unternehmungen sind Pioniere der Kultur, wie sie mächtiger und wirksamer nicht gedacht werden können; es sind geradezu Kulturtaten, deren wir uns auf das innigste freuen sollten. Sie sind es, die in Wirklichkeit dem Volke das zurückgeben, was der immer vorwärts drängenden Welt aus seiner Lebenskraft geboren wird und worauf jeder Volksgenosse ein Anrecht hat. Jede Behinderung dieses wohlbegründeten Rechts ist nicht nur ein Unrecht, sondern auch als Unterbindung des wirksamsten Mittels zur Erweiterung der Volkskultur ein Verbrechen an der Gesamtheit. Obwohl diese Sachlage schon, wie gesagt, so oft betont worden ist, haben gewisse interessierte Kreise, die auf die fetten Tantiemen der Aufführung musikdramatischer Werke ihrer Erblasser nicht verzichten möchten, schon bald nach Erlaß des Urheberrechtsgesetzes von 1901 mit ihren Agi tationen wieder eingesetzt. Es kann nun keine Frage sein, daß diese musikdramatischen Werke für unsre Volkskultur nicht entfernt den Wert haben, den die Werke der Schriftsteller, die ohne jeden Apparat bis in die tiefsten Winkel des Landes eindringen können, dafür in Anspruch nehmen können. An sich hätte ja also eine Verlängerung des Aufführungsrechts musikdramatischer Werke nicht so viel gegen sich, wenn nicht die fatale, eingangs schon erwähnte Uniformierungssucht die Gefahr dringend werden ließe, daß in diesem Falle auch die Schutzfrist für schriftstellerische Werke auf ein halbes Jahr hundert ausgedehnt würde. In Deutschland sind die Interessenten für die Hint anhaltung der Kultur vor sechs Jahren abgeschlagen worden; deshalb suchen sie ihr Ziel auf anderm Wege zu erreichen. Die demnächst in Berlin zusammentretende Konferenz zur Revision der Berner Konvention wird sich auf Antrag, ich weiß nicht welcher Seite, mit der Festsetzung der Dauer des im Unionsgebiet zu gewährenden internationalen Ur heberrechtsschutzes für Werke der Literatur, der Tonkunst und der bildenden Künste befassen. Im August vorigen Jahres hat deshalb der Minister für Handel und Gewerbe sich an die deutschen Handelskammern gewandt mit dem Er suchen, ein Gutachten über die Frage zu erstatten. »Soweit sich bisher Bestrebungen nach Festsetzung einer Frist geltend gemacht haben«, heißt es in diesem Ersuchen, »hatten sie die Tendenz, die international zu vereinbarende einheitliche Schutz frist länger zu bemessen, als dies zurzeit im deutschen Ur heberrecht, im Gegensatz zu dem Urheberrecht der meisten andern Unionsstaaten der Fall ist; überwiegend wird eine Schutzdauer von 50 Jahren verlangt«. Indem der Minister um Äußerung in dieser Frage er suchte, hob er hervor, daß die Annahme des Vorschlags eine entsprechende Änderung unsers inneren Urheberrechts in diesem sehr wesentlichen Punkte zur Folge haben müsse, und daß bei der Prüfung der Frage, ob unter diesen Um ständen dem Vorschläge zugestimmt werden könnte, nicht nur die Interessen der Urheber in Betracht zu ziehen sein würden, sondern auch die zum Teil kollidierenden Interessen der be teiligten Gewerbe und der Allgemeinheit volle Beach tung würden beanspruchen dürfen. Anderseits sei zu erwägen, daß jeder weitere Schritt auf dem Wege zu einer Einheit lichkeit des Urheberrechts in den Unionsstaaten an und für sich nur mit Freude zu begrüßen wäre (warum denn? nur weil es sich auf dem Papier schön macht?) und daß die Zurückhaltung in einem einzelnen Punkte entweder das Streben nach einer (völlig überflüssigen!) Einheitlichkeit über haupt lähmen könnte, oder aber, wenn in näherer oder fernerer Zukunft Einheitlichkeit in allen übrigen Punkten erreicht sein sollte, sich doch auf die Dauer als undurch führbar erweisen würde. Ferner komme in Betracht, daß deutscherseits in Aussicht genommene Vorschläge, die eine wesentliche Vereinfachung der Voraussetzungen des inter nationalen Schutzes und der Rechtsverfolgung bezweckten,
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