Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel Sir. 1»1 (St. 7Ü> Leipzig. Sonnabend den >7 August 1840 107. Jahrgang Dichterfahrt ins Kampfgebiet des Westens Von Dr. Otto Lenning Es ist wohl einmalig in der Geschichte unseres Volkes und unserer Kultur, daß vom Staat und der Wehrmacht Dichtern die Möglichkeit gegeben wurde, nur ganz kurze Zeit nach dem Abschluß der Kampfhandlungen die Knmpfstätten zu besichtigen, aus denen sich das Schicksal eines Volkes für Jahrhunderte ent schieden hat. Die Fahrt, zu der die Abteilung Schrifttum des Rcichsmmistcriums für Volksaufklärung und Propaganda und das Oberkommando der Wehrmacht vierzehn namhafte deutsche Dichter eiugeladen hatten, ging von Baden-Baden über Kehl, Straßburg, die Magiuvtlinie nach Metz, Douaumont, Verdun, Varenncs, CHLteau Thivrry nach Paris, Fontainebleau, von dort über St. Germain, Abbeville, Flixecourt nach Le Touquet, Calais, Ipern, Kcmmel, Langemarck, Gent, Brüssel zurück nach Köln. Sinn und Zweck dieser Dichtersahrt war, deutsche Dichter unmittelbare Zeugen dieses einzigartigen Heldcnlampfcs unserer Truppen im Westen werden zu lassen, damit sic diesem größten Kriegsgeschehen aller Zeiten vielleicht später einmal in der einen oder anderen dichterischen Form unvergänglichen Ausdruck geben. Wie alle Stämme und Jahresklassen unseres Volkes in diesen« Kampfe standen, so war auch die Auswahl der Dichter so getroffen worden, daß die Vielfalt der Landschaft, Gaue und Generationen vertreten war. Es nahmen teil: Hans Friedrich Blunck, Bruno Brehm, Karl Bröger, Hermann Burte, Her mann Eris Busse, Friedrich Griese, Fritz Helle, Hanns Johst, Kurt Kluge, Erwin Guido Kolbenheyer, Wilhelm Pleyer, Fried rich Schnack, Hans Watzlik, Erwin Wittstock, als Reisebegleiter von seiten des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda Rcgieruugsrat 0r. Erckmnnn und 0r. Henning, und von seiten des Oberkommandos der Wehrmacht Leutnant Siegmund Graff. Die Eindrücke dieser Fahrt waren gewaltig und llberbotcn jede Vorstellung von dem wirklichen Geschehen. Schon wenige Stunden nach Beginn der Reise erlebten wir die erbarmungs lose Wucht der modernen Waffen des Krieges: die Brückcn- sprengung bei Kehl, die Einschläge unserer Stukas auf dem Panzersort »Hochwald» der Maginotlinie und die harte und entscheidende Wirkung ihrer Angriffe auf Vcrtcidigungsnester und Flußübergüngc, wu,besondcrs starker Widerstand zu brechen war. Die höchste Steigerung ihres Einsatzes zeigte aber wohl das Bild von Stadt und Hafen Dünkirchen. Wenn man mitten in diesem Chaos der zerstörten Hafcnanlage, Hebekrane und Stapelplätze ode^ zwischen den Steintrümmern der Stadt ge standen hat, wenn nian am Strande die weit umherlicgendcn Trümmer und Wracks der zerstörten Transport- und Kriegs schiffe gesehen hat, wenn man Gewicht, Schwere, Stärke und Ausmaße in unmittelbarem Eindruck abgemessen und abgewogen hat, dann erkennt man erst — was kein Filmband und kein Bild und auch kein Wortbericht wiedergeben kann — die jede Phantasie übersteigende Urgewalt der deutschen Waffen, die hier den Geg ner vernichtend geschlagen haben. Man fühlt zugleich aber auch die harte und gerechte Vergeltung, die durch die Taten deutscher Soldaten über die ruchlosen Kriegstreiber in Frankreich und England hereingebrochen ist. Ein anderes unvergeßliches Erlebnis dieser Fahrt waren die jeweiligen Berichte der an den Brennpunkten des Kampfes zum entscheidenden Einsatz gekommenen Truppenverbände. Bei Verdun und auf dem Fort Douaumont sprach Generalleutnant Weisenbergcr, Kommandeur der deutschen Division, die dieses wichtige Fort und die Stadt genommen hat, über den Angriff auf Douaumont und Verdun. Als. Generalleutnant Weisen- Nr. 191 Sonnabend, den 17. August 1910 S8S