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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.10.1908
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1908-10-02
- Erscheinungsdatum
- 02.10.1908
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
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Nichtamtlicher Teil. 230, 2. Oktober 1S08. Endlich ist seine typographische Sammlung zu erwähnen, von der ein Teil in den Besitz des Börsenvereins über- gegangen ist. Die vorliegende Abteilung des Lempertzschen Besitzes trug ursprünglich den Titel »Der Weimarer Musenhof-; doch forderte schon die vom verstorbenen Besitzer getroffene Anordnung zu der Änderung heraus, die seine Testaments vollstrecker ausgefllhrt haben. Es ist ein Beweis für die Zentralstellung Goethes in der deutschen Geistesgeschichte, daß hier ein Sammler die Gegenstände der klassischen deutschen Literaturepoche ordnen will und kein anderes Prinzip findet, als die Chronologie des Goetheschen Lebens ganges. Man versuche etwas Ähnliches mit einem anderen Dichter in dieser oder einer beliebigen andern Zeit; man wird aus Deutschland hinaus und nach Griechenland und Rom gehen müssen, wo sich von Sophokles und Horaz ähn liche Möglichkeiten denken lassen. Es ist bekannt, daß man an rein geistigen Dingen dann erst lebhafteres Interesse gewinnt, wenn man sich Vorstellungen davon machen oder persönliche Beziehungen an sie knüpfen kann. Eine gesteigerte Beschäftigung mit Goethe schließt bei den meisten an einen Besuch einer Goethestätte, etwa Frankfurt oder Weimar, an; für Teile seiner Werke wie die mittleren Partien von »Dichtung und Wahrheit«, die bei den Zeitgenossen lebhaften Beifall fanden, ist dieser heute verstummt, mit Ausnahme von lokal interessierten Bezirken, z. B. bei für den Mitteldeutschen uner wartet breiten Bevölkerungsschichten im Elsaß. Diesem Wert sichtbarer Erinnerungsgegenstände verdankt ein Vorschlag wie der Hans Gerhard Gräfs seine Bedeutung, der das Bildermaterial der klassischen Zeit in einem beson- derrn Weimarer Carl August-Museum vereinigt wissen will. Ein Reliquienarsenal in diesem Sinne ist die Sammlung von Heinrich Lempertz, die jetzt zur Versteigerung kommt. Es handelt sich um keine Bibliothek. Sie enthält nicht wie andere die Literaturwerke selbst in besonders wertvollen oder be sonders frühen Einkleidungen, die neben dem Seltenheitswert noch den der größtmöglichen Echtheit besitzen. Vielmehr ist all das vorhanden, was das Leben und Schaffen der Dichter dieser Werke an äußeren Überbleibseln hinterlasscn hat und dem Außenstehenden erste Anknüpfungspunkte zu bieten geeignet ist: Briefe von und an die Persönlichkeiten, Bilder derselben sowie von Goethestätten, Originalwerke und Reproduktionen von Werken der Künstler, die mit Goethe in Fühlung ge kommen sind, Äußerungen über diese u. s. f. Infolgedessen liegt der Wert der Sammlung in ihrer gegenwärtigen Ver bindung von Einzelheiten und der Tatsache, daß hier alle denkbaren Beziehungen des reichen Lebens eines Goethe durch Dokumente illustriert sind. Ohne diese vielfach rein geistige Beziehung wird ein großer Teil der Stücke in ihrem Wert sehr herabgedrückt, und ihre Beziehung auf Goethe ist wieder nicht selten so detailliert, daß sie in den Rahmen einer Sammlung Lempertz gehört, um nicht kleinlich zu wirken. Die Bedenken gegen ihre Auflösung dürften all gemein sein und können nur durch ganz geschickte Kom binationen bei der Versteigerung wettgemacht werden, die ja in der »Verkaufsordnung« vorgesehen find. Das Ganze aber ist eine imponierende Kette und ein Ring von großer Geschlossenheit. Jede Verästelung am Lebensbaum des Meisters wird bis zur äußersten Spitze verfolgt. Nur einige Beispiele. In Leipzig verkehrte Goethe viel in der Familie des Buchdruckers und Buchhändlers Breitkopf. Lempertz hat das bekannte, dort erschienene »Leipziger Liederbuch« nicht beibringen können; aber Kleinig keiten füllen die Lücke aus: zwei Brustbilder des Mannes, ein (inhaltlich gleichgültiger) Brief der Firma aus dem Jahre 1806, vier aus dem Verlag hervorgegangene Pracht blätter mit Medaillonporträts berühmter Persönlichkeiten, der Artikel des späteren Geschäftsinhabers Oscar v. Hase in der »Allgemeinen deutschen Biographie- und endlich auch von dem letzteren ein Brief und ein Bild. Viele der mit Goethe befreundeten Personen werden uns nicht nur durch eigene Briefe und Bilder als Menschen von Fleisch und Blut nahegebracht, sondern diese Briefe find auch oft nach Weimar oder an andere Personen des Goethekreises — besonders viele an Staatsrat Schultz in Berlin — gerichtet, und wieder andere Briefe fremder, dem Goetheforscher fast unbekannter Personen beleuchten die Eigenart dieser Goethe freunde und sogar nicht selten ihr Verhältnis zu dem Weimarer Großen. Wer hat bisher mit dem Namen des Reisebegleiters auf Goethes Universttätsreise nach Leipzig, dem des Buchhändlers Fleischer, besondere Vorstellungen ver knüpft? Jetzt erscheint er als selbständiger Kops und an- regender Kunstfreund durch sein bei Lempertz aufgeführtes Buch »Über bildende Künste, Kunsthandel und Buchhandel in Hinsicht auf Menschenwohl. Glaubensbekenntnis eines Kunst- und Buchhändlers«. Ebenso treten die Künstler, die in Frankfurt vom Rat Goethe und Graf Thoranc be schäftigt waren, uns in ihren Werken und als Menschen näher. Unter den Bildern vom Goethehause in Frank furt befindet sich ein Quartblatt mit der Ansicht des Hofes, nach der Natur gezeichnet von Rösel. Von diesem ist noch ein anderes Kupfer vorhanden: »Das alte St. Nicolaitor in Breslau« — wir lernen ihn als Künstler näher kennen. Zwei Briefe zeigen uns weiter den Menschen überhaupt, und endlich erfahren wir von seinen Beziehungen zu Goethe selbst aus einem Briefe an Riemer, der am 28. August 1829 geschrieben ist und so Anlaß hat, seine Begeisterung für den Dichter deutlich kundzutun. Ja, auch ein Brief über Rösel, und eben über jenes Blatt, das den Anlaß zur ganzen Kollektion gegeben hat, ist beigefügt: aus der Feder Ferdinand Grimms, eines Bruders der Sprachforscher, der am 18. Juni 1823 schreibt: »Von Rabe sehen sie bald etwas edirt: ein kleines Plätzchen, Hof, Brunnen usw. von Goethes elterlichem Haus zu Frankfurt, das Prof. Rösel jüngst treu ausfaßte und Goethen, dem sich schöne Erinnerungen daran knüpfen sollen, zum Geschenk bestimmt hat«. Der Katalog beginnt mit einer Zusammenstellung von Goethe-Bildnissen, wobei in 86 Nummern 76 verschiedene Aufnahmen von Goethes äußerer Erscheinung verzeichnet werden. Dazu kommt noch ein eigenartiges Blatt, Nr. 30S, auch in den bildlichen Beilagen reproduziert: »Opferung dem Schlafe«, Feder- nnd Sepiazeichnung von Johann Sebastian Bach, dem Sohn von Emanuel und Enkel des großen Johann Sebastian Bach, einem Freunde Ösers. Die Beschreibung, wie die meisten doch wohl aus der Feder von Heinrich Lempertz, lautet: »Landschaftlicher Garten park (in Weimar?), rechts Jüngling, eine Dame (Wilhelmine Öser) führend, die einen Kranz auf ein Steinmonument niederlegt; links Gartenpavillon (Rotunde), auf dessen Treppe vor der verschlossenen Türe ein Herr und zwei Damen er müdet ruhen. Der Graf rechts soll Graf Keminy (Behrisch?) sein, der links Ruhende ist Goethe neben Friederike Öser und deren Freundin (Kätchen Schönkopf?).« Das Blatt trägt den Stempel C. Gottl. Gcysers, des späteren Gatten von Wilhelmine Öser. Wieviel von der mitgeteilten Tradition auf diesen früheren Besitzer zurückgeht, ist nicht recht klar; jedenfalls hat sie aber alle Eigentümlichkeiten von Familien legenden, sodatz man an einen ursprünglichen Kern (Dar stellung der Schwestern Öser) zunächst die bekannte, aber heterogene Tatsache von Goethes Freundschaft mit Friederike ungegliedert haben mag, und endlich wird man auch die Leipziger Geliebte, Kätchen Schönkopf, dazngesellt haben,
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