10940 Börsenblatt s. ö. Dtschn. Buchhandel. Künftig erscheinende Bücher. 234, 7. Oktober 1S08. T Im Laufe des Oktober erscheint in meinem Verlag: Der Roman eines Strolches Aus den hinterlassenen Papieren eines Arztes Eine physiologische und psychologische Studie von Alfons Helmer 24 Bogen brosch. M. 4.—, in Originaleinband M. 5.— »ES war mir ein lebhaftes Herzensbedürfnis", schrieb Franz AlsonK Helmer selbst Uber den Inhalt diese« Romans an mich, seinen Verleger, „einmal meine Gefühle für arme ledige Mütter aus dem Tiroler Bauernvolke in einer Erzählung von mir zu äußern. Oft und oft, wenn ich als Hirte, als Bauernknecht, als Handwerker oder auf meinen Wanderungen durch Tirol als soge nannter Vagabund unter dem Tiroler Bauernvolke gelebt hatte, mußte ich ein Fcauenelend mit ansehen, das mich bis zu Tränen rührte, — zu Tränen des Mitleids und des tiefen Erbarmens mit den armen ledigen Bauerndirnen, die Mütter geworden und dann von säst allen Menschen, auch von den Vätern ihrer Kinder, aus verschiedenen menschlichen Gemeinheiten verlassen worden waren. Ein sogenannter Strolch war er geworden, weil ihn die große industrielle Krise vom Jahre 1W1 äußerlich zu einem Strolche gemacht hatte. Er hatte viel sich selbst gelernt, und wenn man ihm nicht ein Unrecht antat, so war er fast grenzenlos gut mütig. Tat ihm aber jemand unrecht, so konnte er zornig werden, sehr zornig Deswegen erwürgte er auch einmal im Jähzorne einen Polizisten, der ihn brutal behandelt hatte. Ich erinnere mich noch heute sehr gut des Gezeters der Leute und ihrer Zeitungen, die sich für moralisch und für anständig halten, über das menschliche Scheusal, das eine Stütze der staatlichen Ordnung ermordet hatte. ÄS ^ Uud doch hatte dieses „menschliche Scheusal", wie die Leute den Polizistenmörder nannten, in Zeiten der Güte ein mensch liches Gefühl in sich, das mich in verehrungsvolle Bewunderung desselben versetzte, und das vielen, vielen Menschen vorbildlich sein könnte. Ich beschloß deswegen, diesen Roman von dem sogenannten Strolch, der ein Mörder geworden war. erzählen zu lassen. Ich versuchte, mich in die Lage des Strolches versetzend, so zu erzählen, wie ein Mensch mit einfacher Tiroler Nolksschulbildung (denn mit einer solchen war der sogenannte Strorch ausgerüstet) erzählen kann. Ich versuchte zu erzählen wie einer, der aus seinem Herzen schreibt, stilistisch noch ungeübt ist und zuweilen, im Bestreben, interessanter zu erscheinen, die große Sprache der Klassiker nachzuahmen versucht ; ich erzählte wie einer, der aus moralischen Gründen großartig schreiben will und noch nicht weiß, daß die Vorzüge einer großen Sprache nicht allein in der Grammatik und Betonung, sondern vor allem in der Moral ihres Erzeugers wurzeln: daß die Sprache nur deutlich wird, wie Ruskin sagt, wenn der Sprecher wahrhaftig sein will, klar, wenn er mit Wohlwollen und dem Wunsche spricht, verstanden zu werden. Ich schrieb den Roman in der Sprache deS Strolches, weil ich in ihr die Gefühle dieses Mannes am besten und urwüchsigsten ausdrücken konnte." Um Sie für das Erstlingswerk von Franz Alfons Helmer von vornherein zu interessieren, setze ich diese Worte voran. Sie lesen hieraus, daß Sie es mit einem Talent zu tun haben, das es verdient, gefördert zu werden. Alle Käufer von Maxim Gorki, jeder Liebhaber von Volksrorrranen, Frauenrechtlerinnen, jeder überhaupt, der sich mit sozialen Zeitfragen beschäftigt, hat Interesse für diesen guten Bolksroman. Das Werk erscheint in bester Ausstattung und liefere ich zur Einführung bar je 1 brosch. u. geb. Probe. Exemplar mit 50A Rabatt. Alle weitere« Exemplare mit 30 A in Rechnung, 33'/sA bar. Partien zu 11/10! Behufs besonderer Propaganda bitte ich Sie, sich freundlichst mit mir in direkte Verbindung zu setzen. Prospekte gratis! Mit der Bitte um gütige Verwendung hochachtungsvoll Köstritz und Leipzig, Oktober 1908.