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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.10.1908
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1908-10-08
- Erscheinungsdatum
- 08.10.1908
- Sprache
- Deutsch
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- Saxonica
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235, 6. Oktober 1908. Künftig erscheinende Bücher. Börsenblatt s. d Dtschn. Buchhandel. 10993 Limmlesdorf, den Lindentanz, ein Vautier der Feder hat sie geschrieben, dann die Mädchen, die frische Annamaig und die herbe Kundel. Wir werden Dorfgenossen, denn wir leben alles mit in Arbeit und in den Freuden der Bauern, unsere Phantasie weigert sich dessen nicht, denn Raithel schildert uns Laus und Dorf, Feld, Wiese und Gärtchen so anschaulich, daß wir vermeinen, an Ort und Stelle zu verweilen. Wie oft ertönte die Klage, daß die Dorfgeschichte ausschließlich im Oberlande, in den Alpen spiele. Nun hat Oberfranken in Raithel seinen Schilderer gefunden; was Melchior Meyer für das Ries, kann er für das Fichtelgebirge bedeuten. Kgl. Wirkt. Rat Leinr. Leher in „Bayerland". Ich möchte keine Ihrer wunderhübschen Szenen missen; ich wüßte schwer zu sagen, welches die hübscheste ist. Mir z V. erscheint „Der Besuch" (Kap. 9) ganz prachtvoll (das Ehegespräch und vor allem das Waldfahrenspiel), aber nicht minder „Die Kirchweih" in Limmlesdorf und Kundeles Wirken in Lettenhos, ferner die Verhandlung in Bayreuth; andere hier halten Fritzens nächtlichen Besuch bei der Kundel für das Meisterstück, kurzum, da sind viele Perlen. And nun zum Schluß noch ein Wort über die Sprache. Die ist nun ganz prächtig. Ich habe mich ordentlich gelabt an den Einzelausdrücken, wie an der ganzen anschaulichen Ausdrucksweise. Inwieweit die ersteren „echt" sind, kann ich leider nicht beurteilen; jedenfalls hat man das Gefühl, sie sind es. Alles in allem: ich bin entzückt von Ihrem Werk, und ich möchte auch glauben, es wird vielen so gehen, und aus den „50" Lesern werden es so viele Tausende werden, jedenfalls wünsche ich's so. /,/ Ihre „Annamaig" habe ich in Bayreuth während der Festspiel Hauptproben zu Ende gelesen. Täglich ging ich an einem ff. Delikatessen-Geschäft von Raithel vorüber, am Luitpoldplatz, nahe der Ludwigsbrücke. Ihr Roman gehört auch zu den ff. Delikatessen ehrlicher Bauernliteratur. /// Ihr Buch, das mich in jeder Zeile an meine fränkische Heimat erinnert (obwohl ich die äußeren Unterschiede zwischen der Bayreuther und unserer Gegend nicht verkenne), hat mir große Freude bereitet. Man findet so selten einen deutschen Roman, den man mit Genuß liest, so daß man mit doppeltem Vergnügen dies kluggeschaute, ernste und doch humoristische Lebensbild auf sich wirken läßt. In einem fränkischen Garten in stiller Musestunde habe ich mich mit Ihrer Gabe beschäftigt, deshalb schreibe ich erst heute meine Eindrücke nieder- Wenn ich über das Feld gehe, glaube ich Annamaig oder Fritz oder Lan zu sehen. Nach den unwahren Gebirgsbauern der Modebücher tut Ihr Buch wirklich wohl. Ich komme erst heute dazu, Ihnen für die freundliche Zusendung Ihres Werkes zu danken und Ihnen zu sagen, daß ich dasselbe in alleweg für gelungen halte. Der Volkston und die Volkscharaktere sind vortrefflich getroffen und gezeichnet. ,// ... so habe ich das Buch erst gelesen . . . mit aller Behaglichkeit und Bedächtigkeit, mit der es gemacht ist, habe ich es ausgekostet. Was nun meine Meinung darüber angeht, so steht es folgendermaßen damit: so lange ich es als Roman las, hatte ich dies und jenes auszusetzen, da schritt mir an manchen Stellen die Handlung nicht schnell genug vorwärts, da schienen mir die Schilderungen zu überwuchern, da wollte mir der Dialog hier und dort ein wenig zu stilisiert vor kommen: nämlich so, daß, was die Leute einander sagen, wohl dem Gehalt nach echt und wahrheitsmäßig ist, nicht aber immer auch so klingt: der Tonfall erschien mir manchmal nicht ganz lebendig. Aber alle diese Bedenken ver- flogen sehr bald, als ich dahinter kam, daß das Buch eigentlich gar nicht so sehr ein Roman ist, als ein kulturelle Schilderung. And da ging mir auch der ganze Reiz des Buches auf: wie liebevoll und mit wie feinem Geschmack Sie die charakteristischen Eigentümlichkeiten des Bauernlebens am Beispiel dieser Geschichte aufgezeigt hatten. Nun ging das Interesse weit hinaus über die Personen der Geschichte, nicht mehr Annamargaret, Fritz, Lan usw. waren die Helden, sondern es war der Bauer selbst. And jede Zeile wurde mir nun kostbar And bei dieser Betrachtungs weise gewannen auch die individuellen Personen; so sehr das Typische bei Ihnen überwiegt, es gibt doch genug charakteristischer Züge, um sie als höchst lebendige Menschen empfinden zu lassen. Soll ich Ihnen noch sagen, wie sehr meine Frau und ich über manche Partien gelacht, und wie wir uns gefreut haben, über die humorvolle und wirklich menschliche Stellung, die Sie zum Tun ihres Menschen einnehmen?! Lebhaft mußte ich an L'Houets Buch : „Psychologie des Bauerntums" denken. Was er als Theoretiker, das geben Sie in schöner Rundung als Künstler. //, In diesen Tagen habe ich alle freien Stunden mit Ihrer „Annamaig" verbracht und meine Helle Freude an ihr ge habt. Ein solches Kulturbild eines deutschen engumschriebenen Bezirks ist in jedem Sinne wertvoll und anziehend, zumal für einen Leser, der wie ich ein liebevolles Interesse an der mundartlichen Färbung der Figuren hat und gern seinen Dialektschatz durch neue Erwerbungen bereichert. Ihrem neuen Werke wüßte ich nur die Romane Ier. Gott- helfs an die Seite zu stellen, so echt und urwüchsig sind alle Züge des Volkscharakters, so aus dem Vollen geschöpft die wirtschaftlichen Alltäglichkeiten des Bauernlebens, so stimmungsvoll alles Landschaftliche. Leider aber teilt Ihr Buch, das auf jeder Seite fesselt und anheimelt, auch die Mängel des Schweizer Dichters — feine übermäßige Breite, die mit dem novellistischen Stoff nicht in einem billigen Verhältnis steht. Auch so freilich bleibt des Äerzerfreuenden genug, daß man eigentlich nicht kritisieren, nur danken sollte. /// > Es ist wieder die gleiche ganz erstaunliche Kenntnis jenes Stückes Leben, die gleiche Anschaulichkeit und Naturfülle, die Körnigkeit eines — möchte ich sagen — naiven Humors, schöne überzeugende und so durchsichtige Gestalten. Ein Gefühl fabelhafter Gesundheit und Natur steigt aus den Seiten auf — es ist Bauerndichtung und Heimatskunst in ihrem allerechtesten Sinn.
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