Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.12.1898

M 2b 6, 22. Dezember 18S8. Nichtamtlicher Teil. 9807 Trommel gerührt! ?!ns ultra! Stillstand ist Rückschritt! sind fruchtbringende amerikanische Maximen. Die diesjährige Herbstsaison hat einen vielversprechenden Anfang genommen. Wenn auch unser Krieg mit Spanien keinen sonderlich merkbaren Einfluß auf das geschäftliche und öffentliche Leben ausgeübt hat, abgesehen von belanglosen Äußerlichkeiten, so scheint doch jetzt, nach erfolgreicher Be endigung, frischer Unternehmungsgeist das Geschäftsleben zu durchziehen. Vertrauensvoll haben sich die Geschäfte für ein lebhaftes Weihnachtsgeschäft gerüstet. Die Verleger waren während der Sommermonate nicht müßig, und die Sorti menter haben sich mit den vielen interessanten Bücher novitäten wohl versehen. An Werken über unseren letzten Krieg sind nicht so viele erschienen, wie man vielleicht hätte vermuten können. Allerdings ist das Publikum durch die Tagespresse und die illustrierten Zeitschriften mit Kriegs berichten so überfüttert worden, daß die Verleger sich wohl weislich gehütet haben, sich an der Publikation von Büchern darüber die Finger zu verbrennen. Einige Ausnahmen, jedoch unbedeutende, giebt es allerdings, und besonders ist eine Anzahl hübscher Jugendschriften über Episoden aus dem Kriege und über unsere Kriegsheroen erschienen, die jedenfalls viel Absatz finden werden. Ich erwähne hiervon nur: »Rsross ot our vsr vätb 8xaiu. 8)- Olinton Ross« (ill. 1 K 50 Cents); — »ä. gruwsr abosrä tbs Fsukss« (ill. 1 K 50 Cents); — rIVitb vsvs^ »t Llauils. 8^ Tbowss 0. Vivisvr (ill 1 S); — »Tbs 8»ll ok 8sntisgc>. 8/ Tdomss 1. Vivisn« (ill 1 K 50 Cents). Von Werken über die neuen amerikanischen Kolonieen sind zu erwähnen: »Testsräs/s in tbs kbilipplüss. 8^ losspb 8. 8tsvsus« (ill. 1 S 50 Cents); — »Tbs kbilix- Ms Islsuäs. 8x Usao 0. Worosstsrr (ill. 4 K); — »Tv ^wsriosu Oruissr in tbs 8s->t. 8/ äobn 8. 8orä. 8. 8. kl.« (ill. 2 K 50 Cents); — Oomwsroiül Oub». 8^ ^Villism ll. Olarb« (ill. 4 K); — »Tbs 8oston st Hsvsii. Lx Risut. Rnoisb Toun^. II. 8. kl.« (ill. 2 S); — »8svsii's 8tor^. 8^ Lr-Huseu RiliuoLslsoi« (ill. 2 K 50 Cents), ein allerdings zu spät gekommener Appell der Exkönigin an die Amerikaner gegen Annexion, dennoch von Interesse wegen der lebhaften Darstellung der zur Revolution führenden Ereignisse und der Schilderungen von Land und Leuten, speziell am ehemaligen hawaiischen Hofe; — »Llsvsü suä s Rsvolutiou. 67 Llar^ 8. krönt.« (ill. 2 K), die persönlichen Erfahrungen und Eindrücke einer englischen Zeitungskorrespondentin. An hervorragenden Reisewerken, allerdings meist eng lischen Ursprungs, sind dieses Jahr eine ganze Anzahl er schienen, darunter: »In tbs korbiääsn lanä. 8x 8. Lsvsgs lEäor« (2 vols.); — Tbrougb L.sis. 8x 8vsn 8säw.« (2 vols.); — »Obivs in trsnstörmstion. 8^ Lrobibslä 8. Lolqnbonn« (ill. 3 K); — »L. tboussnä äs^s in tbs ^rotio. §. 8. äsokson«; — »Rortbvsrä ovsr tbs great los.« 8^ Uisut. Robert 8. Lear/. 8.8. R.« (2 vols. ill. 6 K 50 Cents.) — Ueber Alaska und die neuen Goldfelder haben wir eine große Anzahl mehr oder weniger zuverlässiger Bücher, meist kurze Handbücher und Führer zum praktischen Gebrauch für den Reisenden. Zwei der besten Bücher von bleibendem Wert wegen der interessanten Schilderungen von Land und Leuten und den natürlichen Hilfsquellen des Landes sind: »Tbs rsinbov's snä: ^Issbs. 8^ ^lics Rslinsr 8snäsrsoo« (ill. 1 S 50 Cents), und »Tbrougb tbs goläüsläs ok Alaska to 8srillg Ltraits. 8^ 8arr^ äs IVioät. 8. R. 8. 8.« (ill. 2 K 50 Cents.) Unbedingt das hervorragendste Werk auf dem dies jährigen Büchermarkt, ein Buch, das in der ganzen Presse auf das eingehendste besprochen und durchweg günstig aus genommen wurde, sind Or. Moritz Büschs Tagebuch-Auf zeichnungen über Bismarck, die in zwei starken Bänden im Verlage von Macmillan L Co. in London und New Jork Fünsundsechztgster Jahrgang. gleichzeitig erschienen sind (Preis 10 H). Es wird diesem Werke, das den Zeitungsberichten zufolge in Deutschland so mißfällig beurteilt wurde, eigentümlicher Weise hier allgemein ein größeres Interesse entgegengebracht und größerer Wert bei gelegt als Bismarcks eigenen Memoiren, die hier unter dem Titel: »Zismsrob, tbs MSN snä tbs statssmsn; bsing tbs rsüsstions snä reminisosnoss ok Otto keines von 8ismsrob« in 2 Bänden zum Preise von 7 K 50 Cents im Verlage von Harper L Brothers erschienen sind. An speziell für den Weihnachtstisch bestimmten illustrier ten Geschenkwerken ist natürlich kein Mangel. Allerdings ist die Zeit der sogenannten Prachtwerke (nach deutschen Be griffen) vorüber — und ich muß hinzufügen: Gottlob! An deren Stelle find luxuriös ausgestattete Bibliotheksausgaben der Klassiker und einzelner populärer Standard-Werke ge treten: Einzelausgaben von guten Romanen (Scott, Thackeray, A. Dumas, Washington Irving rc.) in Groß-Oktavbänden, splendid gebruckt, auf vorzüglichem Papier, mit guten Original- Illustrationen, zum Preise von 2 K bis 3 K pro Band. Einige Ausnahmen giebt es hier auch, und zwar sind dies vor allem Groß-Foliobände von Zeichnungen von Charles Dana Gibson, einen sehr geschickten Zeichner, dessen charakte ristische Darstellungen aus dem amerikanischen Gesellschafts leben ihn überaus beliebt und populär gemacht haben; — ferner von Frederick Remington, dem besten Zeichner von Typen aus dem wilden Westen, wie Cowboys, Indianer rc.; — E. W. Kemble, dessen Negerbilder von unwiderstehlicher Komik, dabei treffender Charakteristik sind, u. a. m. — Ein sehr hübsches soeben erschienenes Geschenkbuch ist »8iss L.msrios« von Alexander Black, eine treffende Darstellung der Ameri kanerin in ihren verschiedenen Neigungen und Lebenslagen in Wort und Bild (gr. 8». Preis 2 K 50 Cents), mit vortreff lichen Illustrationen Nach Photographieen aus dem Leben. Weihnachts- und Neujahrskarten sind hier fast gänzlich in Abgang gekommen; an deren Stelle sind zahllose hübsche kleine Büchlein getreten (booblsts), einzelne beliebte Gedichte oder kurze Essays mit oder ohne Illustrationen oder dekora tiven Buchschmuck, und vor allem Luxus-Kalender, die in den letzten Jahren ganz enormen Aufschwung genommen haben und in mannigfachster Form und Ausstattung und fast un übersehbarer Reichhaltigkeit auf den Markt kommen. Diese sind allerdings meist ausländischen Fabrikats (Raphael Tuck in London, Ernst Nister in Nürnberg, Theo. Ströfer in Nürnberg, Gebrüder Obpacher in München u. a.), jedoch in vielen Fällen ausschließlich für den amerikanischen Markt hergestellt. Zum Schluß noch ein Wort über amerikanische Buch ausstattung. Diese hat in den letzten Jahren einen hohen Grad der Vollkommenheit erreicht und übertrifft die euro päische bei weitem. In Bezug auf wirklich feinen Geschmack und harmonische Gesamtwirkung von Satz, Papier und Ein band können sich nur wenige europäische Bücher mit den besten amerikanischen messen. Unter den Verlagsfirmen, die hierin bahnbrechend gewirkt haben und wirklich Vorzügliches leisten, sind zu nennen: Herbert S. Stone L Co. in Chicago (früher Stone L Kimball), Copeland L Day in Boston, Thomas B. Mosher in Portland, I. B. Lippincott Co. in Philadelphia, Little Brown L Co. in Boston u. a. mehr. Dabei sind diese Bücher durchaus nicht als Pracht- oder Luxusausgaben gedacht, sondern meist belletristische Werke zu den üblichen Preisen von 1 H, 1 K 25 Cents oder 1 K 50 Cents pro Oktav band gebunden. Es dokumentiert sich in der modernen amerikanischen Buchausstattung durchaus nicht etwa eine Nachahmung europäischer Stile, sondern ein selbständiger Gesch-nack, der eine glückliche Vermischung von französischer Eleganz mit deutscher Solidität unter Anwendung der 1304