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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.08.1933
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1933-08-24
- Erscheinungsdatum
- 24.08.1933
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- Deutsch
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^ 196, 24. August 1933. Redaktioneller Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn Buchhandel. stand; ein Volk, das den S i n n der Begeisterung in ihr selber sähe, erläge srüher oder später den Forderungen, die der zum Wirken aufrufende Werktag an sie stellen must. Unsere Führer, voran unser Reichskanzler Adolf Hitler, wurden in den letzten Monaten nicht müde, uns den Sinn des Siegesjubels, mit dem das Volk ihre Taten umjauchzte, zu deuten — nicht mitWorten allein, son dern wiederum auch mit Taten: Arbeitsbeschaffung, Kamps gegen die Arbeitslosigkeit, Aufbau der deutschen Arbeits front — es ist nicht von ungefähr, daß das Wort Arbeit in diesem deutschen Staat, ethisch begriffen, zu einem Wort höchster Ehre, praktisch begriffen, geradezu zum Regierungspro gramm selbst geworden ist. Das Arbeitsbekenntnis der nationalen Regierung scheint noch nicht von allen Deutschen so verstanden worden zu sein, wie es allein verstanden werden muß. Das zeigen: die vielerorts im Schwange begriffene Miesmacherei, die kleine Lust zum Kriti sieren, die Sucht, das Ganze des großen Geschehens zu messen an unerfreulichen Einzelerscheinungen, drei Ge fahren, deren Überwindung die Führer des neuen Deutschland meistern werden in der Stunde, die ihren Einsatz dagegen nötig macht — des sind wir gewiß; schöner aber, und nationalsozia listischer — und wem sollte heute noch nicht klar geworden sein, daß das neue Deutschland ein nationalsozialistisches Deutschland geworden ist — wäre es, wenn wir Deutschen mit diesen drei Ge fahren, deren Quellen trübe und undcutsch sind, ausunsselbst Herausfertigwürden. Dazu ist nötig, daß jeder von uns bei sich selbst, in seinem täglichen Arbeitskreis, in seinem Beruf, in seinem Stand und nicht zuletzt bei seinem Stammtisch ansängt. Man hat uns gesagt, Kritik sei erlaubt. Gut — verwechseln wir echte Kritik aber nicht mit sutterneidbedingtcr kleinlicher Zänkerei und Besserwisserei! Und wenn wir den Sinn der von unseren Führern gewollten positiven Kritik begriffen haben, dann erst laßt uns beginnen mit solcher Kritik, denn nichts ist dann selbst verständlicher, als daß wir damit bei uns selbst beginnen müssen. Wir müssen den Mut zur Selbstkritik haben, denn nur Sclbstkritik gibt uns das Recht, strengere Maßstäbe auch an die Erscheinungen um uns her anzulcgen. Wer heute, von seiner eigenen Unfehlbarkeit überzeugt, nicht den Schneid aus bringt, sich selbst einmal gründlich unter die Lupe zu nehmen, es aber bei jeder Bier- und Kasseegelegenheit sür seine Pflicht hält, am Werk Adolf Hitlers und seiner Mitarbeiter Kritik zu üben, der bricht Adolf Hitler das T r c u e v e r s p r e ch e n, das der Kanzler von jedem von uns fordern darf, der versagt ihm die Gefolg schaft, zu der er uns aufgcrufen hat, der sabotiert also die Erfüllung der Riesenaufgaben, vor die die neuen Männer sich ge stellt sehen. Gerade wir geistigen Menschen wollen uns das ins Gewissen schreiben, weil wir den weiteren Weg zum schlichten und in seiner Schlichtheit und Unbcdingtheit großen Glauben des einfachen SA-Mannes an seinen Führer Adolf Hiller haben, und weil uns aus diesem weiteren Wege allenthalben die Versuchung umlauert, daß Verzagtheit, Kleingläubigkeit, Besser- wissertum, Überheblichkeit und Selbst!,bcrzcugtheit uns zu treu losen Saboteuren machen. Was wir damit sür die Zu kunft unseres Volles aufs Spiel setzen, braucht nicht näher um schrieben zu werden. Es war mit uns gar nicht alles so herrlich in Ordnung, wie wir das, wenn wir gegenwärtig da und dort manchmal etwas hart angesaßt werden, mit falscher Beflissenheit zu behaupten bestrebt sind. Auch sür uns Buchhändler gilt das; und weil wir eine neue deutsche Kultur mit ausbauen und uns darum zu vielfachen Verantwortungen bekennen wollen, gilt es sür uns in ganz be sonderem Maße. Gerade wir können in der Kritik gegen uns selb st gar nicht hart genug sein. Manch kritisches Wort ist während der letzten Wochen gegen uns und gegen unsere Arbeit in unserem Fachblatt gefallen. Aber gerade das Echo, das diese Kritik gefunden hat, zeigt, daß die mei sten von uns noch weit entfernt sind von einem wirklichen Ver ständnis der positiven Kritik, die der Kanzler von uns forderte. Wir alle zusamnicn, Verleger und Sortimenter, wollen uns doch als Buchhändler sühlcn. Wie töricht und naiv ist es, wenn jede ernste, redliche Kritik aus unserem doch ein Ganzes bil- «36 denden Berufs st and vom Verleger so verstanden wird, als wollte ihm der Kollege vom Sortiment eins »auswischen-, vom Sortimenter, als lege der Kollege vom Verlag es daraus an, ihm eins »ans Bein zu geben«. Da fühlt sich der Sortimenter als »Prügelknabe« des Verlags, und der Verlag behauptet, das Sortiment -schlase« in einem sort. Wagt ein V e r l a g s Vertreter ein offenes Wort, dann antwortet das Sortiment resigniert und entrüstet: Na türlich ist wieder der Sortimenter der »Hauptschuldige«. Kommt Kritik aus Sortimenter reihen, dann beklagt sich der Vcr - l a g über das geringe Verständnis des Sortiments sür seine doch immer nur sortimenterfreundlichen Maßnahmen usw. — Eine Schlange, die sich immerzu in den Schwanz beißt, ein eireulus vi- tiosus von seltener Lasterhaftigkeit, da nichts, aber auch gar nichts dabei herauskommt. Kritik muß sein, und sie muß bei uns selbst beginnen, und ver dient haben wir sie alle miteinander: darüber sind wir uns hossent- lich klar, und nur der abgekochteste Unsehlbarkeitspapst kann sich davon — allerdings um den Preis der Lächerlichkeit — aus- nehmen. Da also Kritik sein muß, kann sie nicht nur den Ber - I a g, sondern muß sie auch das Sortiment trcssen und umge kehrt. Wo gehobelt wird, da stiegen Späne, und die Empsind- lichkeit alter Jungsein ist unser nicht würdig. Es ist ein kleines Denken, jedes kritische Wort nur so zu nehmen, als ob der andere einen »Schuldigen« suche, einen »Hauptschuldigen«, einen -Prügel knaben» usw. Es muß noch einmal gesagt werden: schuldig sind wir alle, und Kritik haben wir alle verdient, und dasEnt r ü stct - sein und das sich, srei von Schuld und Fehle, in die Brust weisen, und das »wir waren doch schon immer national«, und »wir haben doch immer nur das Beste gewollt» usw. tuts nicht. Erst dann vergeht denen, die zur Kritik an uns nicht berufen sind, die Lust, uns zu kritisieren, wenn wir damit be gonnen haben, uns in aller Ernsthaftigkeit und Aufrichtig keit selbst zu kritisieren. Uber Bord mit diesem unfrucht baren Unfehlbarkeitsdünkel, der uns doch nicht weiter Hilst. Ist es vielleicht angenehm sür uns, von irgendeinem Schreiber in irgendeiner Zeitschrift uns einen »ahnungs- und charakterlosen Buchhandel» schimpfen zu lassen, als uns in unsecm eigenen Fachblatt zu dem, was wir gcsehlt haben, zu bekennen? Es ivurdc uns in den letzten Monaten von hundert Seiten her bescheinigt, daß wir »versagt« hätten. Warum stopfen wir den berufs fremden Kritikern nicht einmal dadurch die Mäuler, daß wir selbst zugeben: Ja, wir haben versagt. Es war so und so, und nun wollen wir alle unsere Kräfte zusammennehmen, damit es anders werde. Sicher sind wir in vielen Fällen unschuldig schuldig ge worden, das ändert nichts am Ergebnis und schafft nicht die Tat sache aus der Welt, daß cs anders werden muß, und daß es nicht dadurch anders wird, daß einer nach dem andern schreit: Haltet den Dieb! Kultusminister R ust sagte: »Die Buchhändler haben sich dem Terror der undeutschen Verlage zu w en i g e n t g e g e n g e st e m m t«. Dieses Wort trifft in der Tat den Kern des Problems, das uns so schwer zu schassen macht. Irgendwer muß doch die Hunderttauscnde und Millionen von Bänden der Werke der Herren Fcuchtwangcr, Wassermann, Hein rich Mann, Klaus Mann, Tucholsky usw. (die zwölf Schlimmsten wurden vor einiger Zeit ja vom deutschen Buchhandel in aller Öffentlichkeit in Acht und Bann getan) ins Publikuni vermit telt haben. Zugegeben, daß viele deutsche Buchhändler diese Pro duktion nicht gewollt haben, aber verkauft haben sie sie doch — und es gab daneben genug Bücher zu verkaufen, die dem Volk der Dichter und Denker Ehre machten. Es sei ferner zugegeben, daß auch die deutsche Presse einen großen Teil der Schuld an diesem Zustand trägt, denn die Linkspresse herrschte, und die Rechts presse ließ den Geist betteln gehen. Dies alles sei zugegeben. Den noch bleibt das °Zu wen i g« des Ministerworts. Gewiß: Tausend Umstände haben zusammengcwirkt: die allgemeine Notlage, die Verwirrung derBegrisse, dieDemoralisierung durch das Novcmbcr- system und anderes mehr. An dem »Z u wenig« kann trotzdem nicht gerüttelt werden. Aller Anfang des Besscrmachens beginnt
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