Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.11.1933
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1933-11-09
- Erscheinungsdatum
- 09.11.1933
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19331109
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-193311097
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19331109
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1933
- Monat1933-11
- Tag1933-11-09
- Monat1933-11
- Jahr1933
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
X- 261, 9. November 1933. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. Dtschn Buchhandel. Sprung liberging zum »Darstellcn«, zum Ritzen von Umrissen in Höhlenwände und Felsenmauern, da geschah dies in einfach ster Wiedergabe, wie die berühmten Felsengrotten von Altamira beweisen, mit Darstellungen von Tierbildern, Behausungen, Bil dern von der Jagd, aus dem Familien- und Arbeitsleben auf den Feldern, aus Kampf zu Wasser und zu Lande. Es war die erste Regung des menschlichen Geistes, das bewußt Geschaute auch be wußt wiederzugeben und der Mit- und Nachwelt zu erhalten. In der Stunde, da ein Mensch begann, mit vollem Bewußt sein durch primitive Bilder seinen Stammesgenossen etwas mit zuteilen, wurde der Bildbericht geboren und damit die Schrift und letzten Endes eine der wichtig sten Außerungsmöglichkeiten unserer gesamten Kultur. Eine neue Epoche dämmerte herauf, deren Gipfel leistung die Vervielfältigung der Buchstaben durch Guten berg war: die Herstellung der ersten Druckerpresse. Ohne sie wäre die uns bekannte kulturelle Entwicklung des Menschen geschlechtes überhaupt nicht denkbar. Hand in Hand mit der Ver breitung von Wissen und Nachrichten, von Druckschriften und Buchwerten ging naturgemäß die Steigerung der künst- lerischen Ansprüche des Volkes, der Holzschnitt wurde zur Kunst. Das erste illustrierte Werk, das auf der Buchdruckerpresse hergestcllt wurde, ist das von Pfister 1461 gedruckte »Bonersche Fabelbuch«. Namen deutscher Meister tauchen auf: Wolgemut, Pleydenwurff und Albrecht Dürer, Hans Holbein der Jüngere, Lukas Cranach und viele andere. Das menschliche Auge wurde im Verlauf der Technisierung immer verwöhnter; was früher eine Ausnahme war: die Illu stration — jetzt wurde sie zum Bedürfnis. Einen großen Auf schwung nahm die Entwicklung — Jahrhunderte später — durch Adolf Menzel, der sich für die Wiedergabe seiner Bilder zu Kuglers »Geschichte Friedrichs des Großen« eine Reihe von Holz schneidekünstlern heranbildete. Doch währte es immerhin noch Jahrzehnte, ehe, aus dem Vvlksverlangen geboren, sich die An fänge einer bebilderten Presse, der illustrierten Zeitschrift, ent wickelten. In diese Phase des Kunstempfindens und bewußten Kunst- wollens greift die Erfindung der lichtempfindlichen Platte ganz revolutionär ein. Schon 1727 hatte ein Deutscher, der Arzt I. H. Schulze in Halle, die Lichtempfindlichkeit der Silbersalze dazu benutzt, in Schablonen geschnittene Schriftzüge durch Sonnenbestrahlung zu reproduzieren: aber er kam dann nicht weiter, da es ihm nicht gelang, die so erzielten Kopien haltbar, das heißt lichtsest zu machen. Erst Daguerres Erfindung im Jahre 1839 der jodierten Silberplatten mit Quecksilberentwicklung schenkte der Welt das, was wir heute, ins Feinste gesteigert in der Kamera, im Photo vor uns sehen. Die Zeit des künstlerischen Sehens war an gebrochen. Durch die Photographie, die uns fernste Gescheh nisse im Bild nahebrachte, die uns zu Augenzeugen machte selbst solcher Ereignisse, die auf der anderen Seite der Erdkugel ab rollten, gewann unser Leben eine Bereicherung, wie sie unseren Vorvätern unvorstellbar gewesen wäre. Heute ist es uns eine Selbstverständlichkeit, von den Dingen um uns und in der Ferne, sei es am Aequator oder in den Eiswüsten der Pole, nicht nur durch das Wort, sondern auch durch das photographische Bild Kenntnis zu erhalten. Man darf ruhig behaupten, daß der moderne Mensch vielfach auf jede Schilderung verzichten würde, wenn er dafür eine bildliche Darstellung eintauschen könnte. Wir hören gewiß mit Vergnügen den Vortrag eines Forschers, aber darüber besteht wohl nicht der geringste Zweifel, daß erst das Auge uns den rechten Genuß verschafft: das photographische Bild ist erst die notarielle Beurkundung dessen, was wir hören oder lediglich mittels der Druckerschwärze in uns aufnehmen. Wir glauben an die Objektivität der Kamera und sind skeptisch gegen das, was uns durch das Gehör oder durch Lettern vermittelt wird. Wir stehen an der Schwelle einer Zeit, die an uns durch die Glaubensbereitschaft ungewöhnliche Ansprüche stellt. Der Mensch unserer Tage hat begonnen — und vor allem der in vierzehn grausamen Jahren millionenfach auf allen Gebieten be trogene Deutsche — mißtrauisch zu werden gegen Nachrichten und Behauptungen, die ihm nur durch das Ohr oder das Medium der Lettern zugeleitet werden. Er will selber sehen, und er hat bei dem hohen Stand der Photokunst und illustrierten Presse auch 852 ein Recht darauf. Er kann verlangen, daß man ihm, den man mit Wort und Schrift jahrelang irreführte, bis er plötzlich vor dem Abgrund stand, heutzutage schwarz auf weiß — das heißt im Photo — beweist, daß eine neue Zeit heraufgestiegen ist und wirklich alle Herzen gewonnen hat. Hier wird unser modernes künstliches Auge, die Kamera, zum Schwurzeugen für die neue Zeit. All jenen, die die herz- erhebenden Tage nicht selber miterleben durften — den 1. Mai, den Tag der nationalen Arbeit, den Tag von Tannenberg und am Niederwalddenkmal, die Tage von Nürnberg und das Ernte dankfest an den Ufern der Weser — steht heute — durch die Hoch flut von Bildveröffentlichungen in Zeitungen, Zeitschriften und Büchern — der Aufbruch der Nation vor dem geistigen Auge. Das Erlebnis des einzelnen ist zu einem Volkserlebnis gewor den, und das nur durch die Kamera. Aber nicht nur für unsere eigenen Volksgenossen hat die Kamera diese Bilddokumente eines unbeirrbaren, neuen deutschen Werdens geschaffen — ebenso unvergleichlich ist die Wirkung auf das skeptische Ausland. Man hat es draußen nicht wahrhaben wollen, daß sich unser Volk wie ein Mann hinter seinen Führer stellte; man hat — gewöhnt an die Spiegelfechtereien des ver flossenen Systems — an Irreführung der Weltöffentlichkeit oder an brutale Gewalt geglaubt. Heute werden auch dem mißtrauisch sten Ausländer, sofern er nicht bösen Willens ist, durch die Kamera die Augen geöffnet. Man kann Potemkinsche Dörfer auf bauen, aber niemals lassen sich begeisterte Menschenmassen er finden, die in unübersehbarer Weite Kopf an Kopf stehen, den Schwurarm zum deutschen Gruß erhoben. So erfüllt gerade das Photo in diesen Tagen eine hohe Mis sion, an der jeder Deutsche nntwirken sollte, der im Besitz einer Kamera ist. Das deutsche Volk marschiert als erstes in der Tech nik; auch die deutsche Kleinkamera hat sich durch ihre ungewöhn lichen Vorzüge die ganze kultivierte Welt erobert; in allen Erd teilen wird mit ihr von Wissenschaftlern und Forschern, Vergnü- gung/Zreisenden und Gelehrten photographiert. Die technischen Voraussetzungen sind also gegeben, um mit Erfo lg die gesamte Photokunst und Phototechnik aufzurufen zu einem nationalen Werk, der Schaffung einer Arbeitsfront auf dem weiten, volkswirtschaftlich und politisch ungeheuer wichtigen Gelnet der Lichtbildnerei. Wir sind uns dessen gewiß, daß von die ser Ausstellung neue starke Anregungen ins deutsche Volk flik ßen, technischer, künstlerischer wie auch geschäftlicher Art. Auf dieser Schau finden sich die führenden Fach- und Ama- terirverbände mit den Spitzenorganisationen der Druck- und Re produktionstechnik, die Vertreter der Photoindustrie und des P'hotohandels. Alle verwandten Berufe und Industrien zeigen zrim ersten Male in einem außerordentlichen Umsang ihre Lei stungen. Diese Ausstellung bietet ein umfassendes Bild von der u ngeheuren wirtschaftlichen Reichweite, die die Photographie mit il)ren Ausstrahlungen auf die Graphik und den Druck für unser Tlaterland besitzt. Der heutige Tag steht also auch insofern unter dem Zeichen der nationalen Aufbauarbeit für einen großen Kreis von Volks genossen, der sich bei seinen fließenden Grenzen kaum erfassen läßt; denn wer wollte das Millionenheer der Amateurphotogra- ->t,en und somit den unbegrenzten und national wichtigen Bereich >)e r geistigen und seelischen Wiederaufbauarbeit, die von ihnen ge leistet wird, zahlenmäßig erfassen. Die Aussteller — die Amateure, die wissenschaftlichen wie die Berufs- und Pressephotographen, die Papierhersteller wie die Druckereiunternehmer und mit ihnen alle verwandten Berufe — dürfen überzeugt sein, daß sie hier in diesen Ausstellungshallen etwas geschaffen haben, das zu seinem Teil verantwortungsvoll mithilft am deutschen Aufbau und den noch Außen stehenden durch die Kamera zeigt, was die Grundlage allen Fort schritts ist: Ehre, Arbeit und Brot. In diesem Sinne er kläre ich die Ausstellung für eröffnet.« Nach all diesen Worten haben auch wir nur den einen Wunsch, v-eil er der Wunsch des ganzen Volkes ist: »Mögen diese Darstellungen, die erfüllt sind von der Weit em schauung der neuen Zeit, dazu beitragen, diejenigen aufzurütteln, k)i,: diese Zeit noch nicht begriffen haben. Dann wird die Ausstellung th cen Zweck erfüllt haben.« Erich Langenbuche r.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder