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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.01.1911
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1911-01-26
- Erscheinungsdatum
- 26.01.1911
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- Deutsch
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1086 BbrMblaU f, t>. Dtschn. Buchhandei. Nichtamtlicher Teil. ^ 21, 26. Januar 1911. Aus dem Buchgewerbehause in Leipzig. Ausstellung alter Bucheinbände. Das Fehlen guter und alter Bucheinbände im Besitz stände des Deutschen Buchgewerbemuseums bildete von jeher einen empfindlichen Mangel der im übrigen so reichhaltigen Sammlungen, denn die alten Drucke, die sich in der Klemmschen Sammlung befinden und die in den Räumen des Deutschen Buchgewerbehauses aufbewahrt werden, tragen höchst geschmacklose, modernisierte Einbände. Dem ehemaligen Besitzer Heinrich Klemm hatte wohl das richtige Verständnis dafür gefehlt, daß das äußere Gewand eines Buches dem Charakter seines Inhalts nach Möglichkeit zu entsprechen habe, oder er legte in seinem Sammeleifer für die ersten Erzeugnisse der Druckkunst diesem Umstand keinerlei Be deutung bei. Eine solche Disharmonie will uns heute höchst bedenklich erscheinen. — Um nun dem Mangel an guten alten Stücken wenigstens in etwas zu begegnen, veranstaltet das deutsche Buchgewerbemuseum wiederum eine Ausstellung alter Bucheinbände, deren Besichtigung nicht nur für die jenigen, die dem Gewerbe angehören oder nahe stehen, höchst lehrreich, sondern für jeden Gebildeten von weit gehendem Interesse sein dürste. Es handelt sich um die Sammlung des Bücherlieb habers vr. msä. Karl Becher aus Karlsbad, die, mit ein gehender Sachkenntnis zusammengetragen, eine Fülle von seltenen und kostbaren Stücken in sich schließt. Dem Be schauer soll ein künstlerischer Genuß vermittelt werden, der ihn bei der Betrachtung des Buches gewissermaßen auf dessen Inhalt vorbereitet. Das eben ist die Grundbedingung jedweder Einbandkunst, und wir glauben, das dargebotene Material entspricht diesem Zweck vollauf und bietet auch für den modernen Einbandkünstler mancherlei Anregung. In chronologischer Reihenfolge wird hier die Entwicklung des Bucheinbands, seiner Technik und seiner Schmuckformen gezeigt, beginnend mit den frühesten Erzeugnissen des deutschen Massen- und Verlegerbandes, wie ihn die Erfindung der Buchdruckerkunst durch die unendlich beschleunigte Herstellung von Druckwerken unmittelbar im Gefolge gehabt hat. Es sind zunächst schlichte Einbände: Holztafeln, später leichtere Pappen, überzogen mit Schweins- oder Kalbleder, die das Grundmaterial eines jeden Bucheinbandes bilden. Die Vorder- und Rückseite des Einbands ist bedeckt mit orna mentalen oder figürlichen Darstellungen; letztere nehmen in der Regel das Mittelfeld der Fläche ein und zeigen das Bildnis irgend eines berühmten Herrschers oder Gelehrten; auch Darstellungen der Marienverehrung finden sich ziem lich häufig, umschlossen von einer Randbordüre, die sich aus Arabesken oder verkleinerten Wiederholungen des Mittelbildes und ähnlichem zusammensetzt. Um solche Blind pressungen zu erzielen, bediente man sich der verschiedensten Preß-Werkzeuge, zunächst des Streicheisens, das nach ge höriger Erwärmung dazu diente, in das angefeuchtete Leder gerade Rahmenlinien zu ziehen. Alsdann benutzte man kleine Handstempel, die man in mühsamer Wiederholung dem Lederüberzug einpreßte. Später kam die sogenannte Rolle hinzu, ein Instrument, dessen man sich bisweilen heute noch bedient und das gestattet, mit einem Zuge ein ganzes Orna- mentband über die Fläche zu ziehen. Durch einen Holzgriff wird diese Metallrolle, in der sich das fortgesetzt wieder kehrende Ornamentband eines Schmuckstreifens eingeschnitten findet, in rotierende Bewegung gesetzt. Zu diesen Hilfs mitteln der Technik der Blindpressung gesellte sich später der Plattenstempel, der die ganze Einbandfläche bedeckte. Die Wirkung dieser schlichten Ornamente, die ohne Farben ein gedruckt waren und die sich nur durch ihren dunkleren Glanz vom Hintergründe abhoben, war eine wohltuend ruhige. Für den deutschen Bucheinband ist diese Blindpressung lange typisch geblieben, wie wir an den ausgestellten Stücken wahr nehmen können. Mit dem sechzehnten Jahrhundert beginnt Italien auf dem Gebiete der Einbandkunst in den Vordergrund zu treten, um dem Abendlande die Anregungen des Orients, die orientalisch-sarazenische Kunst, zu vermitteln. Der orientalische Buchbinder legte bei der Ausschmückung einen Hauptton auf.zjdie Mitte und vier Nebentöne in die Ecken und preßte mit Plattenstempeln, gearbeitet aus harter Kamelhaut, ein reiches Goldmuster in das Leder, in dem er das blindgedruckte Muster mit Eiweispulver einstäubte und das darüber gelegte Goldblatt mit feinen Rollen oder Handstempeln fest einpreßte. Das überschüssige Gold wurde dann durch Abbürsten entfernt. Die reiche Phantasie des Orientalen neigt auch hier leicht zur Übertreibung, und sie ist für eine gewisse Art von Buchverzierung unserer Tage lange vorbildlich gewesen. Einige der entzückenden, echt orien talischen Schmuckformen, die unter dem Namen Mauresken bekannt sind und die aus phantasievoll verschlungenen Linien, Blüten und Blättern gebildet sind, werden noch heute gern zum Dekor der Buchdecken verwendet. Zu denen, die an der Verbreitung dieser orientalischen Kunst einen wesentlichen Anteil gehabt haben, gehört zweifellos der geniale Buchhändler und Verleger Venedigs: Aldus Manutius, aus dessen Werkstatt diese Bechersche Sammlung besonders schöne Exemplare enthält, und mit ihm im Bunde der große Bücherliebhaber und Gelehrte, der König von Ungarn Matthias Corvinus 1458—1490 (vgl. hierüber meine Be sprechung im Börsenblatt Nr. 220, Jahrg. 1910). Fort gesetzt und auf ihren Höhepunkt geführt wurden diese künstlerischen Bestrebungen durch Jean Grolier und Tommaso Maioli. Ersterer starb 1565 in Paris, nachdem er lange Jahre als Schatzmeister des französischen Heeres unter Franz I. in Italien gelebt hatte; von letzterem sind leider keine sicheren Tatsachen seines Lebens auf uns gekommen, und nur das eine wissen wir, daß beide in einer und der selben Werkstätte haben arbeiten lassen. Was die Vorgenannten zur Förderung der Buchbinde kunst in Italien bzw. Frankreich gewesen, das war der aus Zwickau gebürtige Buchbinder des Kurfürsten August von Sachsen (1553—1586) Jacob Krause für sein deutsches Vaterland. Auch von diesem enthält die Sammlung eine reiche Zahl der geschmackvollsten Arbeiten. Um alle Einzelheiten zu erwähnen, fehlt es hier naturgemäß am nötigen Raum, aus dem Vorhergesagten aber geht hervor, wie groß die Reichhaltigkeit der ausgestellten Stücke ist. Außer den erwähnten deutschen, französischen und orienta lischen Bucheinbänden sind es besonders noch die englischen Arbeiten, die unsere Aufmerksamkeit verdienen, sowie die wundervollen persischen Einbände des siebzehnten und acht zehnten Jahrhunderts, die gemalten Bauernbände, sowie die mit großer Kunstfertigkeit gestickten seidenen Einbände itali enischen Ursprungs. An den Wänden der Ausstellungsräume hängt eine An zahl von photographischen Aufnahmen, farbigen Repro duktionen wertvoller Bucheinbände nebst Titelausschnitten und Initialen aus Büchern aus den Zeiten des fünfzehnten bis siebzehnten Jahrhunderts, die mit der Sammlung des Freiherrn von Weißenbach in den Besitz des Deutschen Buchgewerbe-Museums übergegangen sind. Mestern.
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