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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.08.1933
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- 1933-08-01
- Erscheinungsdatum
- 01.08.1933
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sh-? 176, 1. August 1933. Redaktioneller Teil. Börsenblatt s. d. DtschnBuchhandel. Titel des Romans erschienen wäre, dies günstig auf den Absatz des Buches eingewirlt und ihm auch neue Filmabschlüsse ge bracht haben würde; wegen dieser in Aussicht stehenden Vorteile habe er sich mit einem geringeren Honorar begnügt. Die Film firma wandte ein, ihr sei das Recht zur Titeländerung eingeräumt worden und es bestehe überdies ein Handelsbrauch, daß die Film hersteller generell berechtigt seien, bei der Verfilmung eines Ro mans den Titel zu'ändern, wenn nicht ausdrücklich die Beibehal tung des Romantitels für den Film ausbedungen sei. Letzteres — den Handelsbrauch — bestätigte der Sachverständige C. und das KG. wies die Klage des Romanverfassers ab. Ich bin von der Richtigkeit dieses Urteils keineswegs überzeugt und halte die Frage für wichtig genug, ihr einige Ausführungen zu widmen. Zweifellos hat der Verfasser sich die Frage nicht vorher über legt und ist vermutlich durch die Titeländerung überrascht wor den. Denn er hatte bezüglich der Änderungen des Romans im Film mit dem Erwerber des Versilmungsrechts ausgemacht, daß der »Grundcharakter des Buches gewahrt werden müsse, wobei jene Umarbeitungen, die sich aus den zwangsläufigen Gesetzen der Filmhandlung und ihren optischen Zusammenhängen ergeben, ge stattet werden. Soweit sich in diesem Zusammenhänge die Ein fügung neuer Figuren oder die Weglassung der im Roman vor kommenden Gestalten als notwendig erweist, soll es unbenommen bleiben, solche Veränderungen vorzunehmen, worunter jedoch das Milieu des Werkes nicht leiden darf». Wer diese Vereinbarung genau prüft, muß in ihr das er kennen, was ich in meinen Arbeiten als Änderung des Ausdrucks mittels gegenüber Änderung der Formgebung bezeichnet habe. Elfteres sollte der Filmfirma erlaubt sein, letzteres nicht. Daß zu diesen »notwendigen«, durch das filmische Ausdrucksmittcl beding ten Änderungen die Änderung des Titels gehört, wird man nicht behaupten können. Gegenüber solcher Vertragsbestimmung kann cs daher aus »Handelsgcbrauch» nicht ankommen; der Verfasser hat durch jene Beschränkung der Änderungsbefugnis von vorn herein deutlich gemacht, daß eine Titeländcrung nicht im Sinne der Vereinbarung lag. Das Landgericht hatte also m. E. richtiger geurteilt als das Kammergsnchl, und es kann dem KG. nicht üei- gestimmt werden, wenn es sagt, der Autor müsse von vornherein damit rechnen und es liege sogar in der Regel in seinem Inter esse, dem Film einen reklamemäßig möglichst anziehungskräftigen Titel, ohne Rücksicht auf oen Titel seines Romans, zu geben. Das trifft bei Verfilmungen von Romanen keineswegs zu, das Inter esse und die Erwartung des Autors und des Buchhändlers liegt weit mehr aus der B e i b eh altun g des Romantitels. „Bor Ihren Büchern haben wir Angst"! oder »Umschalten müssen Sie, meine Herren--. Von Verlagsbuchhändler W. Maus -Braunschweig. Ich sage es gleich hier, mit dem Sofortprogramm haben meine Ausführungen nichts zu tun, auch nicht mit der Denkschrift des Herrn Jäh, noch mit den Ausführungen von Herrn Nitschmann dagegen. Und auch das möchte und muß ich hier gleich recht deut lich sagen: ich schreibe hier keine Reklame für mich und meine Bücher. Es geht mir um etwas mehr. Sehen wir zu: »Gleichschalten-- ist ein Begriff geworden, der in aller Mund ist. Auch im Buchhandel ist alles gleichgeschaltet worden und es ist recht so. Wenn damit nur alle die Schwierigkeiten schon behoben wären! Mir scheint aber, es muß nicht nur gleichgeschaltet, son dern weithin regelrecht umgeschaltet werden, ich meine nicht äußerlich, sondern innerlich. Was ich mit meinen Worten sagen will? Ein paar Erinne rungen mögen es deutlich machen. Ich war damals noch Lehrling. Ein Mann betritt den Laden. Ich hin zu ihm. »Dies ist doch die fromme Buchhandlung?-- Als ich den Mann ob dieser Frage groß ansehe, meint er, vergnüglich lächelnd: »Ach, ich möchte ein hübsches Neues Testament und war deswegen bei der Buchhandlung um die Ecke. Die hatten aber nichts und da hat man mir gesagt: Gehen Sie deswegen lieber zu dem ,frommen' Kollegen gegenüber der Kirche«. Als Zwischenbemerkung sei gesagt: Das ist keine Geschichte -lögenhaft to verteilen«. Das war vor vierzig Jahren. Und später? Es ist erst ein paar Jahre her. Wegen des Tages des Buches war in Hannover eine Kreisvereinsvertretersitzung gewesen, die ich geleitet hatte. Dann saßen wir zusammen, zwei Verleger und ein großer Sortimenter. Der sagte mir ein paar freundliche Worte. In der mir angeborenen Deutlichkeit antwortete ich ihm: »Lieber Herr Kollege, das ist ja sehr freundlich von Ihnen, was Sie mir da sagen, aber, seien Sie nicht böse, wenn ich es offen sage, es wäre noch schöner, bekäme mir auch noch besser, wenn Sie meine Bü cher stärker verkauften, ich bilde mir ein, damit kann man sich sehen lassen.« Interessant war die Antwort: »Ja, lieber Herr Kollege, da muß ich Ihnen ganz offen sagen, vorJhrenBüchernhaben wir A n g st!« Verwundert blicke ich meinen Nachbar an. »Angst, ich ver stehe nicht?« »Ja, Angst, sie könnten fromm sein!« Das also war die Einstellung des Buchhandels zu dem Buche, »das fromm sein könnte«. Sie meinen, ich übertreibe? Ich rede wie der Blinde von der Farbe? Ach nein, diese Dinge kenne ich wirklich genau und vor drei Tagen noch hat mir ein Bremer Kol lege bestätigt: »Ja, es ist so, wir haben Angst vor Büchern, von denen wir annehmen, sie könnten fromm sein«. Heißt es da nicht wirklich: Umschalten und nochmals um schalten? Die Zeiten sind andere geworden weithin, aber, ich irre mich schwerlich, die Abneigung vor den Büchern, die fromm sein könn ten, ist geblieben. Und dabei liegt für jeden Sehenden zu Tage, daß uns nicht eine äußere Änderung allein helfen kann. Kein Ge ringerer als der Führer Adolf Hitler und manche seiner nächsten Mitarbeiter haben es oft genug betont, es gilt eine völlige Umwandlung von innen heraus. Man kann mit Be geisterung »Hell Hitler!« rufen und mit aller Inbrunst das Horst- Wessel-Lied singen, kann mit Nachdruck gegen die Juden und gegen die Schande einer vergangenen Zeit Wettern und doch eine helllose Angst haben vor einer inneren Entscheidung, und dann hat man auch die Angst vor den Büchern, die christliche Haltung haben, die fromm sein könnten. Ich meine damit nicht Predigt- und Gebet bücher, sondern alle die, die die Verleger meines besonderen Kreises verlegen. Merkwürdig, vor Büchern, vor denen i ch Angst haben könnte, hat der Buchhändler, namentlich der »moderne« keine Angst. Ich erinnere mich noch gut der Zeit, wo die ständige Rede des Buch handels war: Nur keine Kriegsbücher! Ein Buch vom deutschen Heldentum zu verlegen, war doch zu einer Zeit beinahe Selbst mord. Aber, siehe da, jenes Buch vom russischen Gefangenen, das ein österreichischer Jude schrieb, es war wahrhaftig keine Harm losigkeit, rannte von Auflage zu Auflage. Das deutsche Sorti ment half ihm eifrig dazu. Es war eine nationale und völkische Instinktlosigkeit ersten Ranges. Schamrot mußte ein alter deut scher Feldsoldat werden. Und es war auch eine wichtige Sache für einen großen Teil des deutschen Buchhandels, als jenes Buch von dem Mäd chen erschien, das nichts anderes war als ein kleines Hürchen, und daß das sich einen Pelz stehlen mußte, das gehörte dazu. Und das war so wichtig, so ungeheuer wichtig, eine Kulturtat, daß das Buch zu den viel gelesenen der Zeit wurde. Aber ich will gerecht sein und zugeben, daß der Buchhandel da vielleicht eine Entschuldigung hat. War es doch ein evange lischer Jugcndpsarrer und Liccntiat, der so von allen guten Gei stern verlassen war, daß er einen großen Lobesbrief über das Buch an die Verfasserin schrieb und den konnte man dann, groß ausge macht, im Börsenblatt lesen. Zwar gibt man im Buchhandel sonst nicht viel aus das, was ein Pfarrer sagt, aber hier hat es tatsächlich Menschen gegeben, die daraufhin das Buch bestellten und es dann angelesen mit einem kräftigen: Pfui Teufel! in das Feuer warfen. Soll ich so weitermachen? Lassen wir es, es war eine von allen guten deutschen Geistern verlassene Zeit. Wird das nun wirklich anders werden? /
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