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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 31.01.1933
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- 1933-01-31
- Erscheinungsdatum
- 31.01.1933
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- Deutsch
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Nr. 26 <N. 11). Leipzig, Dienstag den 3t. Januar 1933. 166. Jahrgang. ÄÄLrptioueller TÄ Lätzt fich das Publikum beraten? Es kommt vor, daß eine Verkaufsberatung überhaupt nicht plotzgreifen kann, in jenen Fällen nämlich, in denen es sich dem Kunden nicht darum handelt, -»irgendein gutes Unterhaltungs buch- zu erwerben, sondern wo es ihm darum gehl, etwa gerade »Das Wunschkind« von Ina Seidel zu kaufen, weil er mehrfach sehr günstige Besprechungen darüber gelesen hat oder weil dieses Buch in Gesprächen seiner Bekannten vielfach eingehend erörtert wurde. In diesem Falle wird den Kunden vielleicht das Urteil des literarisch erfahrenen Buchhändlers wohl auch interessieren, aber es kommt eine den Kauf beeinflussende Beratung des Buch händlers kaum in Bctxacht, weil der Kaufwillc schon auf ein be stimmtes Objekt konzentriert ist und dem Buchhändler nichts anderes mehr obliegt, als diesem Kaufwillen Genüge zu tun. In diesem Falle würde auch (falls das gewünschte Buch nicht am Lager ist) die häufige Redewendung »Darf es nicht etwas anderes sein? Zum Beispiel !« sehr unangebracht wirken und den Käufer abschrecken. Von diesen und wenigen ähnlichen Fällen abgesehen, kommt aber nach meinen Erfahrungen der beratenden Stimme des Sortimenters beim Zustandekommen eines Buchverkaufes nach wie vor eine überragende Bedeutung zu (nebenbei gesagt liegt auch in dem Herrichten einer Auslage durch das Hervor- hcbcu des einen oder anderen Buches eine gewisse Vcrkauss- beratung des Sortimenters). Ich habe sehr viele Kunden, die in den Laden kommen und sagen: »Sie haben mir letzthin ein so schönes Buch empfohlen, bitte geben Sie mir wieder so etwas Hübsches!« Ja, es ist wohl die Mehrzahl der Käufer von Unter- haltungsleltüre, die mit ziemlich unbestimmten Wünschen den Laden betreten und einfach ein Buch kaufen wollen und die selten von einem Schriftsteller oder gar von dem Titel eines Buches allein so angezogen werden, das; sie sich einfach auf Grund einiger vorgelegter Bücher zum Kaufe entschließen. Alle diese Kunden wollen geführt werden und ich setze meinen ganzen Ehrgeiz darein, aus solchen Kunden durch gute Beratung Dauer kunden zu machen. Bei manchem dieser Kunden ist es mir auch schon gelungen, ein wenig erzieherisch, geschmacksbildend zu >vir- ken, obwohl man in dieser Hinsicht sehr vorsichtig zu Werke gehen nruß, um das Vertrauen nicht zu stören. Diese Verkaufsberatung wird Wohl von jedem ernsten Sorti menter betrieben, schon im ureigensten Geschäftsinteresse, weil die Kunden ein sehr feines Gefühl dafür haben, ob man sich Mühe gibt mit ihnen oder ob sie nur als Objekt zum Geldver dienen behandelt werden, gut genug, um eventuell einen fetten Ladenhüter angedreht zu erhalten. Viel schwieriger gestaltet sich schon die Beratung, wenn es sich um wissenschaftliche oder Fachliteratur handelt. Hier das Amt eines Beraters ausüben zu können, setzt sehr viel Erfahrung und ein umfassendes Wissen voraus. Und doch dankt es einem das Publikum sehr, wenn uian ihm wenigstens -die äußeren Merkmale der einzelnen ähn lichen Veröffentlichungen: Verfasser, Mitarbeiter, Umfang, Aus stattung, Erscheinungsjahr, Preis usw. gegenüberstellt, um ihm die Entscheidung zu erleichtern oder ihm Enttäuschungen mög lichst zu ersparen. Die Zahl der Kunden, die eine Beratung des Buchhändlers, einen unaufdringlichen Hinweis auf irgendein Buch (förmlich oder stillschweigend) ablehnen, die nur ihrem eigenen Geschmack oder der Beratung eines unbekannten Dritten folgen, ist äußerst gering, es handelt sich da vielfach um richtige Originale (aller dings nicht immer der sympathischsten Art). Einer meiner liebsten Kunden aber ist ein Ministerialrat a. D., I)r. pkii. et jur. T. X., ein universell hochgebildeter Mann, weitgereist, belesen wie selten jemand, ein Mensch von starker Eigenart, mit besonders ausgeprägtem persönlichen Geschmack. Er kommt häufig in meinen Laden, jedoch fast niemals, ohne sich vorher über den Autor und das Buch, das er kaufen möchte, aus literarischen oder wissenschaftlichen Zeitschriften und Kri tiken gut zu unterrichten. Und gerade dieser Mann, dem noch raten zu können man kaum für möglich halten würde, der kauft nie ein Buch, ohne sich von mir noch weitere Informationen ein zuholen, und wünscht in jedem Falle vorher mein Urteil zu hören. Und oft hat er mir nachträglich versichert, daß er meinem ablehnenden Urteil hätte folgen sollen. Ich halte die auswählende und beratende Funktion des Sortimenters für eine seiner wichtigsten Obliegenheiten und für das, was den Beruf erst über die Sphäre der trivialen Han delsberufe hinaushebt, ihn vergeistigt. Entfiele diese, dann bliebe nur ein »Bücherverkäufer« übrig, aber kein »Buchhänd ler« in dem Sinne, in dem man diese Bezeichnung etwa in Frank reich wie einen Titel verleiht. Und das geistige und kulturelle Leben unseres Volkes würde großen Schaden erleiden. Und trotz sogenannter Buchgemeinschaften und ähn licher Einrichtungen weiß das Publikum auch heute noch zum allergrößten Teil den beratenden Buchhändler zu schätzen. Man muß nur beobachten, wieviele Leute mit einem gewissen Stolz von »ihrem» Buchhändler sprechen. Der Buchhändler, zu dem man mit den Eltern die ersten Schulbücher kaufen ging, bei dem man mit der Mutter die ersten Märchenbücher auswählen durfte, bei dem man sich in billigen Reclam-Hestchen eine erste kleine Bücherei zusammenkaufte, der bleibt einem — vorausgesetzt, daß man in derselben Stadt bleibt — auch ein gerne gehörter Berater, wenn man sich später Bücher kauft. Es ist oft geradezu rührend, mit welcher Anhänglichkeit alte Leute, wenn sie in ihre Heimatstadt zu Besuch kommen, »ihren« Buchhändler besuchen. »Fa, hier habe ich bei Ihrem Vater als Gymnasiast immer meine Bücher gekauft!« Und ein Glanz erscheint in den Augen, der nicht nur die goldene Ju gendzeit widerspiegelt, sondern der besonders auch der Erinne rung an das geistige Erwachen gilt, den ersten tastenden Schritten in das Wunderreich der Dichtung, bei denen ihn der Buch händler führte. F. B. Vertrauenskrise? Die Frage des Verlages Engelhorn (s. Nr. 6/1933 und Nr. 282/ 1932) mußte einmal gestellt werden. Ein klares Bild ist allerdings aus dem Ergebnis nicht zu gewinnen, denn der Prozentsatz der Ant-- Worten ist zu klein. Fmmerhin lassen sich bedeutsame Schlüsse ziehen. Für den Sortimenter ist besonders die dritte Frage interessant, die lautete: »Oder kaufen Sie mehr auf den Nat des Buchhändlers?« Nicht weniger als 80 v. H. verneinen diese Fra-ge, der Verlag schreibt sogar, ein großer Teil antwortete mit einem schroffen »Nie«. Dieses Resultat ist nun nicht zu übersehen, es fordert zur Auseinander setzung ans. Es ist anzunchmen und menschlich verständlich, daß das »Nie« bei manchem nicht der Überzeugung, sondern der Eitelkeit entsprun gen ist. Es ist aber auch anzunehmen, daß der größte Teil der Beantworter dieser Frage der literatnrknndigcn Pnblikumsschicht an gehört, die vielleicht anch beruflich mit dein Bnch in Kontakt steht, sodaß ihr eine selbständige Beurteilung möglich ist. Wenn nnn in diesem Zusammenhang von einer Vertrauenskrise zwischen Publikum 73
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