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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.08.1899
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1899-08-11
- Erscheinungsdatum
- 11.08.1899
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- Deutsch
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S726 Nichtamtlicher Teil. 185, 11. August 18S9. persou aufgebaut war, mittels der Revision nicht mehr ange- fochte» werden konnte. Die andere, mit eineni Begutachter aus ihrem Berufskreise nicht gehörte Partei mußte und muß heute noch ein solches Urteil ruhig gegen sich gelten lassen, wenn sie auch noch so sehr von dessen Einseitigkeit und Unrichtig keit überzeugt ist und der Grundsatz audiatur st altera pars im Verhältnis zu der durch Sachverständige unterstützten Partei ihr verletzt erscheint. Diese bedenkliche Klippe für eine gesunde und paritä tische Rechtsprechung hat auch der neue Entwurf nicht aus der Welt geschafft. Nach Z 50 des Entwurfes sollen die künftigen Sachverständigenkammern nur dann in Urheberrechtsstreitigkeiten mitsprechen dürfen, wenn sie von den Gerichten dazu ausgefordert werden, oder die streiten den Teile — was noch seltener vorkommt — sich über sie als »Schiedsrichter« einigen. Meist ist das Gegenteil der Fall, d. h. die streitenden Teile einigen sich über be stimmte Personen als Sachverständige nicht, da jeder der streitenden Teile seinerseits als Sachverständigen eine Person dem Gericht in Vorschlag zu bringen pflegt, die die andere Partei nicht will, weil sie ihr nicht völlig einwandfrei er scheint. Soll die im Entwurf vorgeschlagene Einrichtung von Sachverständigenkammern einen praktischen Wert haben, soll ihr Einstuß auf die künftige Rechtsprechung in Ur heberstreitigkeiten nicht nur möglich, sondern gewiß sein, so muß H 889 C.-P.-O. in seiner jetzigen Fassung notwendig eine Abänderung erfahren. Es darf dann nicht mehr wie seither im ausschließlichen Ermessen des der erforder lichen Sachkunde ermangelnden Richters liegen, welche Leuts er zu Sachverständigen in Urheberrechtsprozessen in Ermangelung gütlicher Einigung der Parteien zulassen will, der Richter darf dann nicht mehr nach Willkür die bestehenden Sach verständigenvereine oder einzelne Sachverständige beachten oder gänzlich unbeachtet lassen, und er darf vor allem in Urhebsr- rcchtsprozessen sich nicht auf die Auswahl und Anhörung einer einzigen Privatperson als Sachverständigen beschränken können. Eine solche Begutachtung fördert in 99 von IVO Fällen ein einseitiges Urteil zu Tage, da stets ein Sachver ständiger seinem Berufsstande nach mit Sachkunde immer nur einer der Parteien wird dienen können. Die Thatsache, daß nach den jetzigen Prozeßbestimmungen Fachvereinigungen oder dritte Berufspersonen zu Sachver ständigen von den Gerichten beliebig ausgewählt und zugezogen, aber auch gänzlich unbeachtet und ungestört gelassen werden können, hat denn auch gerade in Urheberrechtsprozessen bislang viel Unheil gestiftet. Es ist leider nur den Wenigsten bekannt und wurde auch hier zu weit führen, wollte man einige von den Fällen, wie sie sich in der Judikatur ab- spielcn, als warnende Beispiele hier vor die Oefsentlichkeit ziehen. Es mag genügen, daraus hinzuweisen, daß gerade in Urhebecrechtsstreitigkeiten es sich vielfach um ganz gewich tige materielle Interessen oder darum handelt, eine wichtige, größere Kreise bewegende prinzipielle Frage von den Ge richten zutreffend gewürdigt und entschieden zu sehen. Bei dem gegenwärtigen Prozeßverfahren ist dies aber fast rein unmöglich, denn das Gericht entscheidet in den meisten Fällen nach freiester Ueberzeugung, die es aber in Ermangelung vollständiger eigener Sachkunde nicht aus sich selbst schöpfen kann, sondern sich auf einem Umweg erst erholen muß und meist dadurch erholt, daß es eben nicht an eine der be stehenden Fachkorporationen als solche sich wendet und um deren Aufschluß ersucht, sondern daß es sich ganz nach Belieben eine dritte Person wählt, die sie über die Streit punkte anhört. Anträge der Gegenpartei, einen weiteren Sachverständigen zu hören, werden in der Regel abgewiesen, Sachverständigenvereine höchst selten von den Gerichten zu korporativer gutachtlicher Thätigkeit angerusen. Nach meiner persönlichen Erfahrung sind aber gerade auf dem Gebiete der litterarischen Berufsthätigkeit wie der Verlagspraxis unsere Richter im allgemeinen noch sehr wenig geschult und sachkundig. Es giebt vielleicht keine Berufs thätigkeit in Deutschland, hinsichtlich der man in Richter- kreiseu noch so sehr im dunkeln tastet, wie gerade die Berufs thätigkeit jener beiden Branchen. Man forsche z.B. einmal nach, wie vielen Richtern der Wirkungskreis eines Redakteur?, eines redaktionellen Mitarbeiters, eines Herausgebers, eines Verlegers, nach allen Seiten wirklich bekannt ist. Darüber, wodurch sich die Genannten in ihrer Berufsthätigkeit und Verantwortlichkeit voneinander unterscheiden, wird man in den seltensten Fällen in allen Fragen ein zutreffendes Urteil zu hören bekommen. Umso mehr erscheint es gerechtfertigt, den Sachverständigen beweis, der ja alle diese und andere weniger bekannteVer- hältnisse dem Richter erst klarftellen soll, in litterarischen und verlagsrechtlichen Prozessen nicht von dessen freiem Er messen abhängig zu machen, die Art seiner Erhebung nicht dem mehr oder minder sachunkundigen Richter voll ständig anheimzugeben. Man vermißt, was den Entwurf eines neuen Urheberrechtsgesetzes betrifft, in dem Z 50 jenes Entwurfes aber auch jeden Versuch, der nach dieser Richtung den beteiligten Jnteressenkreisen eine Aussicht dafür eröffnen könnte, daß künftig dis Art der Erhebung und Zulassung von Sachverständigen als Beweismittel nicht mehr ausschließlich in das persönliche Ermessen des Richters gestellt sei. Man ver mißt diejenige paritätische Behandlung, auf die als Haupt grundsatz im Prozeß jeder der Streitteile unbedingten An spruch hat, namentlich wenn es sich um wichtige, in die Prozeßbehandlung tief einschneidende Fragen handelt, wie z. Bn Soll ein Dritter als Sachverständiger gehört werden? Welche und wieviel Personen sollen über die relevanten streitigen Punkte als Sachverständige gehört werden? Soll bloß eine oder sollen mehrere Privatpersonen oder soll eine korporative Vereinigung gehört werden? Muß, wenn nur eine Person als Sachverständiger gehört wird, die lediglich dem Berussstande der einen Partei angehört, nicht auf An trag der anderen Partei gemäß dem Grundsätze »suäistm- st alters, pars« noch ein zweiter Sachverständiger gehört werden, der dem Berusskreise dieser Partei angehört? Sollen ine Gerichte nicht künftig kraft Gesetzes verpflichtet sein, als Regel die bestehenden »Sachverständigenkammern« an zugehen, wenn sie überhaupt mangels eigener erforderlicher Sachkunde die Erhebung von Sachverständigenbeweis an ordnen ? Diese Fragen möchte ich bei Gelegenheit der Beratung des neuen Urheberrechts-Gesetzentwurfes zur Erwägung anheim stellen; sie sind eingehender Prüfung wert, weil durch die Art, in der die künftigen Sachverständigenkammern in litterarischen und verlagsrechtlichen Streitigkeiten als Mittels organe von den Gerichten herangezogen werden, die prak tische Bedeutung derselben und der Einfluß bestimmt wird, den man sich von ihnen auf die Rechtsprechung verspricht. Ich stehe nicht an, es hier auszusprechen: Unserer Recht sprechung thut in künstlerischen, litterarischen und verlags rechtlichen Prozessen eine direkte Fühlung mit den im Ent wurf vorgesehenen Sachverständigenkammern unbedingt not. Nur durch eine bessere Teilnahme dieser Organe an der Rechtsprechung, als es bisher der Fall war, scheint mir in künstlerischen, litterarischen und verlagsrechtlichen Streitigkeiten die volle und nachhaltige Wirksamkeit der neuen Gesetzes bestimmungen erreichbar. Nur alsdann werden die Entschei dungen in Urheberrechts- und Verlagsprozessen anstatt häufig bloß formales, auch wirkliches materielles Recht schaffen, das von der allgemeinen Meinung und Rechts überzeugung der betreffenden Kreise übereinstimmend accep- tiert werden kann.
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