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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.02.1903
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1903-02-07
- Erscheinungsdatum
- 07.02.1903
- Sprache
- Deutsch
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- Saxonica
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Schade, daß in dem Pamphletlein nun auch einige Vor schläge enthalten sind, die — an anderm Ort und bei andrer Gelegenheit zum Ausdruck gebracht — gewiß von mancher Seite Billigung gefunden haben würden, so aber vollkommen ihre Wirkung verfehlen. Der Leser fühlt sich durch die unerfreulich polemisierende Schreibweise des Verfassers von Anfang an geradezu abgestoßen. So bleibt als Rest nur das Gefühl der Verstimmung, die auch das wenige Gute, das die Schrift aufweist, nicht zur Geltung kommen läßt; wohl aber ist die Schrift so recht geeignet, durch ihre geschickte Mischung von Richtigem und Grundfalschem auf solche, die die Verhältnisse nicht wirklich zu überschauen vermögen, verwirrend und geradezu gefährlich zu wirken. Nichts ist nun sicherlich heute, im goldnen Zeitalter der »Vereinsmeierei«, leichter, als einen Verein oder »Bund« zu gründen. Es finden sich da ja immer ein paar gleichgestimmte Seelen — tro8 kaoinnt oolleglum, wie männiglich bekannt — und der Bund ist fertig über Nacht. So, fürchte ich, wird uns wohl auch der nach Königsberger Rezept gebackene Sortimenterbund leider kaum erspart bleiben. In letzter Stunde aber noch vor der Beihilfe an dieser unglücklichen und s, priori lebensunfähigen Schöpfung zu warnen, das ist der Zweck dieser Zeilen. Der Name Sortimenterbund sollte nicht zu unrecht benutzt, nicht in leichtfertiger Weise von durchaus Unberufenen sicherer Blosstellung preisgegeben werden! Daß eines Tages an das deutsche Sortiment die Not wendigkeit zu engstem Zusammenschluß herantreten kann, das wird niemand weniger bezweifeln als gerade ich, der ich mit dieser Möglichkeit seit Jahren gerechnet habe und der ich auch seinerzeit (September 1900) eine bezügliche Aussprache der Vertreter sämtlicher Kreis- und Ortsvereine in Dresden herbeigeführt habe. Wenn man damals nach reiflichster Er wägung aller betreffs Gründung eines Sortimenterbunds in Frage kommenden Faktoren sich schließlich fast einmütig gegen eine solche Gründung aussprach, so wäre es heute, wo wir doch tatsächlich bereits ein großes Stück vorwärts gekommen sind und uns im allgemeinen doch in einer immerhin weit günstigem Lage als noch vor wenigen Jahren befinden, für den objektiv Urteilenden schlechterdings unverständlich, wenn die damals verneinte Frage jetzt von einer nur einigermaßen beachtlichen Minorität bejaht werden sollte. Eine zu gegen wärtiger Zeit erfolgende Gründung eines Sortimenter bunds würde nichts andres bedeuten, als daß absichtlich zwischen Verlag und Sortiment Zwietracht gesät und dem derzeitigen Börsenvereins-Vorstand Steine in den Weg ge rollt werden sollen. Solange aber im Börsenvereins-Vorstand Männer sitzen, die — wie Albert Brockhaus an der Spitze — ein Herz für das Sortiment und Verständnis für dessen schwierige Lage haben, und die das nicht nur durch leere Worte, sondern durch energische Tätigkeit, durch kraftvolles Vorwärtsschreiten auf dem einmal als richtig erkannten Weg bewiesen haben, — solange insbesondre Börsenvereins- und Verbandsvorstand sich die Hände reichen und unverdrossen dem gemeinsamen Ziel zustreben, — solange schließlich der wichtigste Faktor von allen, die deutsche Verlegerschaft als solche, dem Sortiment wirklich ihren Schutz angedeihen läßt, — solange wird der Sortimenterbund für die Allgemeinheit weder notwendig noch nützlich sein. Darum, mein Herr Anonymus in Königsberg: Hand ab vom Sortimenterbund! Dresden, 3. Februar 1903. Rudolf Heinze. Buchhändler und Kmnanschreiber. Durch Zufall kommt mir eine vor kurzem in Gent bei A. Siffer erschienene Schrift: «Richard Bredenbrücker: Letter kundige Studie door Heinrich Bischofs« in die Hände, auf die ich alle des Holländischen kundigen Buchhändler und Literaturfreunde aufmerksam machen möchte. Handelt sie doch von einem Berufs-Kollegen, der jahrzehnte lang seine Kraft ununterbrochen dem Buchhandel widmete und erst in reifern Jahren (er war bereits 48 Jahre alt, als 1896 sein erstes Werk erschien) zur Feder griff, um sich in kurzer Zeit als ganz bedeuten der Erzähler zu erweisen, der unter den Tiroler Dorfgeschichtcn- schreibern wie Adolf Pichler, Rudolf Greinz und Carl Wolf ent schieden das bedeutendste Talent ist. Das will bei einem Nicht tiroler viel heißen. Man hat Bredenbrücker den Zola der deutschen Dorfgeschichte genannt; das ist aber entschieden eine sehr schiefe Ansicht, die zum Schaden Bredenbrückers arg miß verstanden werden kann. Unzweifelhaft geht Bredenbrücker als Realist sehr weit; aber er ist nur Realist und nicht Naturalist, und die erotische Seite tritt in seinen Schriften ebenso gewählt und rein hervor wie bei irgend einem Dorfgeschichtenschreiber der alten idealistischen Schule. Allerdings nennt Bredenbrücker — von jeder falschen Empfindsamkeit frei — die Dinge beim rechten Namen, ohne in die häßlichen Übertreibungen der Wirklichkeitsschilderer zu ver fallen. Alles, was er erzählt, ist echt uno aus dem wirklichen Volksleben herausgegriffen, dessen verschiedene Seiten er mit er staunlicher Schärfe erfaßt hat und mit erquickendem Humor oder mit ergreifender Tragik schildert, wobei auch der landschaftliche Hintergrund mit großer Anschaulichkeit vor unser Auge tritt. Dabei bedient sich Bredenbrücker der Mundart mit einer Meister schaft, die man selten findet und für die ihm als Norddeutschem noch besondres Lob gebührt. Alles in allem: kräftige, gesunde Kost für den gewöhnlichen Menschen wie für den Gebildeten. Wie denkt man nun in Deutschland über Bredenbrücker? Es ist leicht erklärlich, daß ein Verfasser, der erst vor sechs Jahren sein erstes Werk herausgegeben hat, nicht zu den bekanntesten deutschen Schriftstellern gehören kann. Die Besprechungen, die man in Zeitschriften und Zeitungen zu sehen bekommt — und sie sind nicht wenig zahlreich — lauten beinahe ausschließlich sehr günstig. Seine Bedeutung und seine eigenartige Stellung in der Geschichte der Dorferzählung sind hie und da sehr treffend gekennzeichnet worden. Mit der Tageskritik mag also Bredenbrücker vollständig zufrieden sein. Anders steht es mit der Literaturgeschichte. In seinem aus führlichen Werk: Die deutsche Litteratur des neunzehnten Jahr hunderts erwähnt R. M. Meyer Bredenbrücker gar nicht. Auch in dem ähnlichen Werk von Ad. Bartels ist sein Name nicht zu finden. Und doch führen beide Literarhistoriker manchen aller- neusten Dorfgeschichtenschreiber von geringer Bedeutung wenigstens mit Namen an. In seinem Werk: Der deutsche Roman des neun zehnten Jahrhunderts (3. Ausl. 1898) sagt H. Mielke: Für das Tiroler Dorfleben hat sich Richard Bredenbrücker durch seine streng realistische und doch Humor- und gemütvolle Schilderungsweise als ein neues und rasch geschätztes Talent erwiesen. Das ist der einzige Satz, den man bis jetzt in einem literargeschichtlichen Buch über Breden brücker finoet. Kurz und treffend ist Bredenbrückers Werk damit be zeichnet. Ueber den meisten seiner Erzählungen liegt in der Tat ein; warmer, goldner, ursprünglicher Humor, der den Ernst erhellt, dem Rauhen und Bittern die Schärfe nimmt und, wo es einigermaßen geht, die lachende Seite der Dinge zu finden weiß. Einige Er zählungen Bredenbrückers sind fast ganz humoristisch gehalten, und mit diesen Humoresken können sich aus dem ganzen Gebiet der Dorfgeschichte nur die von Anzengruber messen. Über die Ver-; nachlässigung von seiten der schulmäßigen Literaturgcschicht- chreibung mag sich Bredenbrücker trösten. Sein Platz in der deutschen Literaturgeschichte als des typischen Vertreters der reinen und konsequent realistischen Dorferzählungskunst ist ihm gesichert. Und nun noch einige Worte aus erster Quelle über Richard Bredenbrücker selbst. Geboren am 5. Januar 1848 als das einzige Kind eines preußischen Artilleriemajors in Deutz a. Rh., besuchte Bredenbrücker, als sein Vater den Abschied genommen hatte, die Realschule in Erfurt, widmete sich 1864 dem Buchhandel, den er bei Hugo Neumann in Erfurt erlernte und wo er auch nach beendeter Lehrzeit noch anderthalb Jahre tätig war. Die nächsten Jahre sehen Bredenbrücker in einem Berliner Buch- und Kunst verlag. Anfang der siebziger Jahre trat Bredenbrücker in einen Münchner Kunstverlag ein, dessen Absatzgebiet er durch größre geschäftliche Reisen, die ihn mit dem Sortimentshandel Deutsch lands und des Auslands in Berührung brachten, bedeutend er weiterte. Nachher nahm Bredenbrücker in Berliner, Dresdner und Münchner Häusern leitende Stellungen ein. Während seiner dreißigjährigen buch- und kunsthändlerischer Tätigkeit hat Breden brücker die Freude eines Urlaubs trotz seiner aufreibenden Tätig-
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