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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.08.1899
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1899-08-09
- Erscheinungsdatum
- 09.08.1899
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- Deutsch
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183, 9. August 18SS. Nichtamtlicher Teil. 5667 trifft, so ist der Prüfungsausschuß naturgemäß auf die Unter stützung des Elternpublikums und des Buchhandels angewiesen. Es wäre außerordentlich förderlich, wenn er die Tageszeitungen für seine Bestrebungen gewönne und diese ihm die in der Weihnachtszeit üblichen Besprechungen der Jugendschriften übertrügen. Erfolgreicher aber wäre es noch, wenn die deutschen Jugendschriftenausschüsse, ähnlich dem Vorschläge oon Die Moldauer (Jugendfchriftenwarte Nr. 6) sich bemühten, die Mitarbeit weiterer Kreise außerhalb der Lehrerschaft zu ge winnen. Wir müssen von der Meinung zurückkommen, die Jugenderziehung sei ausschließlich unsere, der Lehrer, Domäne. Wir haben unser Mandat oon der Familie und nur in Fühlung und Gemeinschaft mit ihr werden wir es erfolgreich ausüben können. Wohl wird dabei der Lehrer viel bieten, viel geben können, aber auch viel empfangen zu seinem und der Er ziehung Besten. Wenn ich hoffen darf, für die vorstehende Forderung der Zustimmung des Ausschusses gewiß zu sein, so wohl kaum, wenn ich weiter behaupte, daß der Erfolg seiner Thätigkeit wesentlich bedingt ist von dem Verhalten der Buchhändler. Herr von Börstel sagt: »Der Buchhändler ist in erster Linie Kaufmann. Er muß seinem buchhändlerischen Gewissen folgen Die wirtschaftlichen Mächte sind stärker als sein vielleicht guter Wille.» Ich stehe nicht an, es ausdrücklich auszusprechen, daß nach meiner Meinung die Gegnerschaft des ehrenwerten Buchhandels für das gute Gelingen der ganzen Sache verhängnisvoll werden kann. Man sage nicht, wir haben eine Verständigung versucht. Der Versuch wurde erst dann unternommen, nachdem die Buchhändler, gereizt durch die Art, in welcher der Ausschuß seinen Ansichten Geltung zu verschaffen suchte, den Angriff aufnahmen. Daß sie sich aber in ihrer Berufsehre angegriffen suhlen konnten und mußten, wird man bei ruhiger lleber- legung zugeben. Wenn auch nicht von den Buchhändlern bestritten werden wird, daß sie auch kaufmännisch interessiert und bestimmt sind, so wehren sie sich doch mit Recht gegen den Vorwurf, in erster Linie oder nur Kaufmann zu sein, was doch bedeuten soll, sich in ihrem Urteil nur durch die Größe des Prosits bestimmen zu lassen. Der organisierte Buchhandel lman rechne ja nicht jene Geschäfte hierher, die sich kühn Papier- und Buchhandlung auf ihr Firmenschild malen lassen und dann außer den 25 -^-Büchern und Rcclam allenfalls noch ein Kochbuch vorrätig haben), der organisierte Buchhandel, sage ich, ist sich der idealen Bedeutung seines Berufes in den meisten seiner Vertreter voll bewußt und bringt ihr oft genug seine Opfer, wie manches litterarische, aber nichts weniger als kaufmännische Unternehmen beweist. Wir Lehrer sind in Bezug auf unsere Standesehre außer ordentlich empfindlich; dann wollen wir sie aber auch bei andern respektieren. Es wäre zudem schon im Interesse der Sache gethan, wenn der Ausschuß die »wirtschaftlichen Mächte» mit in Betracht zöge; denn ohne Frage sind die Ausstellungen, die der Hamburger Buchhändlerverein in seinem Organe an dem Verzeichnis in Bezug auf den Preis übt (unter 136 Nummern kosten 38 mehr als 3 ^!) in Rück sicht auf die Verhältnisse der meisten Eltern und zwar nicht bloß der Volksschulkinder nur zu berechtigt. In letzter Linie entscheidend sind jedoch die Grundsätze, nach denen der Ausschuß seine Auswahl trifft. Will er er warten (einige Helfer verlangen es sogar von Kindern und Buchhändlern), daß die Eltern sich nur nach dem Ver zeichnisse richten, dann muß er nach Grundsätzen arbeiten, die der Zustimmung aller Beteiligten, also auch der Eltern sicher sind. Daß dies nicht der Fall ist, beweist die Denkschrift und der Umstand, daß eine so angesehene, nach großen Gesichtspunkten arbeitende, urteilsfähige und einflußreiche Korporation wie die Patriotische Gesellschaft sich durch die Herausgabe derselben zu ihrem Inhalt bekannt hat (die, wie ich höre, von hiesigen Lehrern (Akademikern) verfaßt ist!) Die Diskussion in der Gesellschaft Hai es gezeigi und per sönliche Aussprachen bestätigen es mir, daß auch ein Teil der Lehrerschaft nicht mit allen Anschauungen des Aus schusses llbereinstimmt. Wenn der Antrag Paulsen an genommen wurde, so muß dabei in Rechnung gesetzt werden, daß eine große Zahl der Mitglieder durch die Stellung eines Vertrauensvotums überrascht ward. Eigentümlich aber be rührt es, daß sowohl die Versammlungsberichte, als auch die Jugcndschriftenwarte die Leitsätze des Referenten bringen, ohne zu erwähnen, daß dieser sie selbst zurückzog. Wie kommt denn das?? In den Thesen faßte der Prüfungsausschuß die Ein wendungen der Denkschrift zusammen, seine Auffassung be gründend. Mit der erstem »Die künstlerische Genußfähig keit ist nicht das Vorrecht einer höheren Schulbildung« wendet er sich gegen die Forderung der Denkschrift, »daß bei der Auswahl der Jugendlektüre neben den Alters- auch die Bildungsunterschiedc berücksichtigt werden sollen», und sucht nachzuweisen, daß 1. sofern der Stoff in Frage kommt, derselbe ebenso oft in den Lebensverhältnissen der Volksschüler als in denen der höheren Schulen seine Apperzeptionshilfen findet; 2. der Kindesnatur allgemein die Möglichkeit der Er ziehung zum Kunstgenuß (»Das eigentliche Wesen des Kunstwerks aber ist die Form») zuzusprechen ist. Ohne weiteres wird jeder, auch die Verfasser der Denk schrift, zugeben, daß die Möglichkeit der Erziehung zum Kunstgenuß, psychologisch angesehen, nicht abhängt von dem Stande der Eltern. Absprechen kann inan die Anlage eben nur psychopathisch Minderwertigen. Die Kindesuatur wird in ihrem Wesen nicht bedingt durch den Stand der Eltern oder die Schulgattung, und ich bedaure, daß die Verfasser der Denkschrift an dieser Stelle sich zu einem Angriff auf die Forderung der allgemeinen Volksschule verleiten ließen, während sie doch selbst zugeben, daß »die Jugend zu einer naiven Freude ain Schönen erzogen werden könne und solle». Wie aber? Herr von Börstel citiert selbst Sullys Wort: »Die systematische Ausbildung wird bei einem von Natur aus phautastcarmen Kinde in der Entwickelung einer feinen Gabe der Phantasie niemals vollen Erfolg haben; dieselbe kann jedoch die Gabe wesentlich verbessern und sogar bis zur Höhe einer ziemlich guten Fähigkeit nach irgend einer besonderen Richtung erheben.» Dieser gute Kenner der Kindesnatur meint also, daß die Anlage, sage ich künstlerische Genußfähigkeit, relativ sehr verschieden ist, ohne Frage bei den Kindern höherer wie niederer Schulen. Hat nicht auch Wolgast in der Diskussion wie in feiner Arbeit es aus gesprochen, daß sehr viele Menschen, auch sehr viele Lehrer, kein künstlerisches Empfinden besäßen? Vielleicht wäre das zu erklären durch mangelhafte ästhetische Erziehung. Ohne Frage wird darin aus den Seminaren viel versäumt. Wir müssen aber in Anrechnung bringen, daß die Seminarbildung als Ganzes, so unzureichend sie immer sein mag, unsere geistige Entwickelung außerordentlich gefördert hat; wird doch allgemein zugestanden, daß sie in einem guten Teile der Lehrerschaft trotz der oft mäßigen Vorbildung eine hoch- entwickelte geistige Regsamkeit und Lust an wissenschaftlicher Arbeit erweckt hat. Sollte das nicht auch der ästhetischen Ausbildung zu gute gekommen sein? Wahrlich, die Erziehung allein ist nicht schuld. Was bei so vielen Lehrern, trotz ihrer Ausbildung nicht erreicht ward, wie soll das in der Volks schule erreicht werden? Es muß mit Wolgast eingestanden werden, daß das künstlerische Empfinden graduell sehr ver schieden ist. Wenn ich Wolgast entgegenhielt, die Konsequenz sei jenes Paradoxon »Die Kunst ist Kaviar für das Volk» 754*
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