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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.01.1907
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1907-01-23
- Erscheinungsdatum
- 23.01.1907
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- Deutsch
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9(8 Nichtamtlicher Teil. ^ IS, 28. Januar 1907. griechischen Mythus in der Kunst, des Mythus auf der Bühne, des Mythus in der Dichtung erliegt; wie jeder der Götter lehre, der Göttermischung, der Götterverwechslung und der Götterübertragung der alten Völker neugierig folgt; wie jeden die griechische Sonne durchglüht, die niemals mehr in solchem Strahlenglanze sich über die Welt ergoß. Und auch nach Rom hat es uns alle gezogen, nach der Stadt der sieben Hügel, von denen jeder eine Säule der Welt gewesen, in bas Reich, das die Kunst der Gesetzgebung lehrte, wo noch inmitten eines heidnischen Pantheismus Lactantius den Monotheismus der Urvölker behauptete. Bedenklich ver nehmen wir Len Vorschlag, das Griechische in die Kammer der Gelehrten, zu den Sprachen andrer alten Völker zu ver bannen, am Ende gar zu den Lauten und Zeichen manches noch lebenden Stammes, obwohl sie kaum den Namen einet Sprache verdienen. Härtel hat seine Stimme gegen diese Breschelegung in den Bau menschlicher Zivilisation mit der ganzen Energie er hoben, die ihm eigen war, wenn es um große Dinge ging; er fuhr wie ein Löwe auf. Auch dafür sind wir ihm dankbar. »Wenn schon über uns das griechische und römische Wesen so viel vermag, wie mutzte erst die Wirkung auf große Geister sein, die sich diesem Wesen ganz ergaben! Wie starke Fesseln schlug es um sie. Und welche Schätze haben sie uns aus dieser Gefangen schaft zurückgebracht und wie kehren sie immer wieder dahin, um abermals reichbeladen und triumphierend zu uns zu kommen und uns zu melden, daß noch immer Juwelen auszugraben bleiben. Härtel war ein solcher gar dienstwilliger Bote, und selbst in seinen mannigfachen spätem Lebensstellungen, die mit seinen Beruss- studien nichts oder nur wenig zu tun hatten, tauchte er zu seiner Lust und zum Segen der Wissenschaft immer wieder darin unter und holte Edelsteine vom Grunds herauf. Den Wert seiner Leistungen vermag jedoch, wie gesagt, nur die Gemeinde seiner Fachgenossen zu schätzen; ich weiche scheu selbst vor der Aufgaoe zurück, bloß die Namen seiner Werke zu nennen, obwohl sie in den letzten Tagen oft genug zu lesen waren. -Deshalb hüte ich mich auch, von seiner ganz besonders her vorragenden Anteilnahme an dem Tdegaurus iivgus.8 latinas zu reden und sogar von seinen mir schon im genauen Detail bekannten Bemühungen um die Zustandebringung der Ver einigung der Akademien der Wissenschaften, die als die Krönung aller wissenschaftlichen Organisation eine unvergleich liche Einheitlichkeit und Erleichterung jeder Art von Forschung herbeijühren wird, will ich nicht sprechen, denn dieses Verdienst Härtels zu preisen, ist unsre Akademie der Wissenschaften, vor allem aber die Vereinigung selbst, die derzeit ihren Sitz in Wien hat, berufen. »Nun läge noch ein Gebiet offen, auf welchem mir allerdings eine gewisse Kompetenz des Urteils zustünde; ich halte jedoch an mich und nenne nur vier Namen: Graf Leo Thun, Leopold von Hasner, Karl von Stremayr, Wilhelm von Härtel. »Jetzt aber will ich mit aller Wärme, die mir zu Gebote steht, vom Menschen Härtel zu Ihnen sprechen. Er verdient es — darum vor allem, weil er immer jung und der größten Be geisterung für alles Schöne und Erhabene fähig blieb. Was sage ich »fähig blieb- — der Enthusiasmus durchströmte ihn, er schwelgte darin. Ging einer je mit einem Nein von Härtels Tür, der ihn zu einem hohen Zweck anrief? Hat einer dafür jemals an sein Wort oder an seine Feder — er war beider gründ lich Herr — vergebens appelliert? Nicht einmal an seine Tasche, die kleine Gelehrtentasche. Mit seinen Söhnen lebte Härtel als Kamerad, er fühlte sich jung, wie sie. es sind. Im Kreise seiner Freunde war er der fröhlichste, jugendlichste. Hatte er jemand etwas Gutes zu berichten, so machte es ihm nicht weniger Freude als dem Empfänger. Selbst Trostesworten lieh er die erquickende Form des Gewinnenden. Widerfuhr ihm selbst etwas Angenehmes, so zuckle jeder seiner Muskeln befriedigt mit. Wandert« er in das Freie oder zog er in die Berge oder an das Meer, so gab er sich mit wahrer jugendlicher Herzenslust der Natur gefangen; selten, daß er ohne Blumen von der Wiese oder aus dem Walde, ohne Muscheln vom Strande heimkehrte. Er sah die Jugend gern in ihrem Spiele, beim Tanze; hätte er gedurft, so hätte er auch mit getanzt; mitgespielt hat er oft genug. -Und doch war Härtel ein tiefernster Mann. Welche Gewissen haftigkeit, welche Genauigkeit in allem, was er verstand; welche Behutsamkeit angesichts einer Materie, die ihm nicht geläufig war! Der Irrtum zählt doch eigentlich zum eisernen Besitzstand der Gelehrten und ist den Größten und Besten nicht erspart geblieben. Härtel wich ihm um so vorsichtiger aus, je näher er ihn seinem Wissensgebiets liegen sah. Und noch aus einem andern Grunde: Härtel liebte die Wahrheit über alles. Von ihr wich er nicht um Haares breite, dazu konnte ihn keine Notlage, kein Vorteil, kein Amt, kein Freund bewegen. Das war vielleicht die eigent lichste Größe von Härtels sittlicher Erscheinung, so hart hat ihn sein wissenschaftlicher Beruf gehämmert. Dem Boden des nördlichsten Mähren entsprossen, dort, wo die starken Männer wachsen, war an Härtel alles von strotzender Kraft: Ge sinnung und Wille, Anschauung und Empfindung. Im Besitze eines unerschöpflichen Reichtums an Gedanken, trat er wohlgemut an die Ereignisse heran, ein jedes bot ihm einen lockenden Ge sichtspunkt. So blieb er, der Gelehrte der angeblich trockensten Disziplin, die nur im Staube der Jahrtausende atmet, stets mitten in der rauschenden Flut der Gegenwart, führend oder auch nur als vergnügter Mitschwimmer auf den lebendigen Wogen. Seine Werkstatt hatte eben zwei Türen; indes die eine den langen, dunklen Gang der Vergangenheit verhüllte, führte die andre zu uns, zur Mitwelt und ihrer Art, und es muß den Kultur historiker, der ein jeder Philolog ist, nicht selten gereizt haben, uns und unsre Art mit dem verschollenen Maße zu messen. Wie er das verstand, hätten Sie auch heute erkennen sollen. -Muß ich noch ansühren, daß er ein verläßlicher Freund, ein großherziger Helfer, ein Mann fester, niemals schwankender Über zeugung war und stets das edelste Ebenmaß der Gesinnung zu bewahren wußte? Oder daß er unermüdlich in F.ech und Tat kraft gewesen? Nein, ich wandere nicht weiter, denn je mehr ich mich in das Wesen Härtels vertiefe, um so gewaltsamer zieht es mich zu dem innersten Kern dieses bedeutenden Menschen und großen Gelehrten zurück, zur heiteren Grundlage seines Naturells. Und ich kann nicht anders, ich finde die Er klärung nur, wenn ich an Härtels heiße Liebe zu den klassischen Völkern des Altertums denke. Sehen Sie nur ihre Feste — wie mußten sie die Menschen erfreuen! Erfreut und be glückt hat Wilhelm von Härtel die allumfassende Schönheit Griechenlands: der Wohllaut der Verse der Sappho, die tragische Übelmacht des Eurypides, der warme jonische Dialekt des Herodot, berauscht und gefessellt haben ihn die Scharen derer, die den späten Jahrhunderten fast schon selbst wie die Heroen des Homer, wie oie myihischen Götter erscheinen: begeistert, hingerissen hat ihn das herrliche Rom und seine Kunst zu regieren. Dieses Feuer ist nie erloschen, die befreiende Fröhlichkeit, die Zuversicht der Jugend sind nie von Härtel geschwunden. »Nun schied er von uns, und indem ich seiner gedenke, zittern mir Medeens Worte durch die Brust: --O sieh! In Schmerz und Jammer wenn ich bin, Dent' ich noch osl der schönen Frühlingszeit, Und warme Lüste weh'n mir d'raus herüber!-- »Die Sonne, die über dem Leben Wilhelm von Härtels geleuchtet, glänzt auch über seinem Grabe — die Sonne Griechenlands.« — Die Rede Sr. Exzellenz des Herrn Or. von Kocrber machte auf alle Anwesenden tiefen Eindruck. (nach: Wiener Ztg.) Gestorben: am 17. Januar Herr MaxLippold.in Firma Schnuphase'sche Hofbuchhandlung in Altenburg (S.-A.). Der Verstorbene übernahm das Geschäft, dessen Inhaber er bis zu seinem Tode gewesen ist, am 2. Januar 1873. Er hob es durch seine umsichtige und unermüdliche Tätigkeit bald aus dem damals bescheidenen Umsang heraus und entwickelte es zu schöner Blüte, so daß es sich im Buchhandel allgemeinen Vertrauens er freuen konnte. (Red.) Von nahestehender Seite wird uns über ihn geschrieben: Am wohlsten fühlte er sich im Kreise seiner Familie, für die er noch in seiner schweren Krankheit alles tat, was in seinen schwachen Kräften lag. In der Stadt Altenburg erfreute er sich der allgemeinsten Achtung, wovon die starke Beteiligung am Tage der Beerdigung das beste Zeugnis ablegte. — Leicht sei ihm die Erde. ?.
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