Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.10.1923
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- 1923-10-02
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- 02.10.1923
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
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,v 23V, 2. Oktober 1923. Redaktioneller Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. tz941 Jede Abteilung und jede kleinste Ecke der sieben großen Säle haben eine besondere, ich möchte sagen liebevolle Behandlung genossen/ und ich möchte hoffen, daß hier überall das deutsche Buch in di.' ^ nötige Atmosphäre gerückt ist.. . Eine harte (wir hatten drei Wochen zur Verfügung) . . eine harte und doch überaus anziehende Arbeit, die allen Teilnehmern lange im Andenken bleiben wird. Denn unsere Arbeit gesellte sich der Arbeit zu, die deutsche r- seits getan. In jedem Buch, auch dem kleinsten und anspruchslosesten, fühlte sich die Wärme und das Hinreißende der gewaltigen getanen Arbeit, der ungeheuren Energie, der unwandelbaren Wissens- stürke und ungebrochenen Arbeitssreudigkeit . . . Der großartige Rhythmus eines großen Volkes! Und das ununte r b röche n; so von anno 14 an, alle die Jahre hindurch, bis zum heutigen Tag . . . Dies H i n a n f k l i m m e n vom Buch zum wirklichen Schöpfer desselben, nicht zum Titelverfasser, sondern zur schöpferischen Ge samtheit des Volkes . . . möge allen Besuchern der Aus stellung beschicken sein. Dann hat die Ausstellung des deutschen Buches in russi schen Landen wahrlich ihre Aufgabe erfüllt. Danach erhielt das Wort der Vertreter der Deutschen Botschaft, Herr 0 o n R a d o w i tz. Er ging davon aus, daß wahre freundliche Beziehungen zwischen zwei Völkern, wenn sie längere Zeiten hin durch dauern sollen, nicht nur auf materieller Grundlage aufgebaut sein können. Für eine große Zukunft seien vielmehr innere, geistige Beziehungen unentbehrlich. Rußland und Deutschland seien zwei auseinander angewiesene Nachbarn. Die materiellen Voraussetzungen für eine Annäherung seien im weitesten Umfange vorhanden. Auch hier aber sei mehr nötig für eine lebendige Ver bindung. Die deutsche Regierung habe an der Aufrechterhaltung geistiger, kultureller Beziehungen zu Rußland das größte Interesse. Auch russischer und deutscher Geist seien auf vielen Gebieten eng benachbart. Anknüpfend an den von Prof. Jegorow gebrauchten Ausdruck vom »Nachbarbuch«, einer glücklichen Formulierung, gab .Herr von Radowitz der Hoffnung Ausdruck, daß gerade dieses »Nachbarbuch« der gegenseitigen Annäherung dienen werde. In diesem Sinne begrüßte die deutsche Regierung die Deutsche Aus stellung von ganzem Herzen und dankte namentlich dem Volkskom missar für Volksbildung, Lunatscharski, für die dem Unternehmen gewidmete Unterstützung. Gleichen Dank wisse die deutsche Regie rung auch der Kniga und dem Börsenverein der Deutschen Buch händler, die an dem Zustandekommen der Ausstellung gleichmäßig sich beteiligt und erfreulich für ihr Gelingen zusammen gewirkt hätten. Er wünschte nicht nur der Ausstellung als solcher Erfolg, sondern vor allem auch der ihr zugrunde liegenden Idee der An näherung beider Völker. Nunmehr erhielt der Geschästsführende Direktor der Kniga, Lapirow-Skoblo, das Wort zu folgenden Ausführungen: Unser eben erwählter Ehrenpräsident, Genosse Lenin, sandte am 5jährigen Jubiläum der Oktober-Revolution der Zeitung »Prawda« eineu sehr kurzen, aber außerordentlich tiefsinnigen Glückwunsch: ». . . daß wir in der nächsten halben Dekade auf friedlichem Wege nicht weniger erreichen, als wir uns bis jetzt mit Waffen erobert haben!« Auf diesem Wege friedlicher Eroberung und wirtschaftlicher Entwick lung Sowjet-Nußlands sollen als treue Verbündete Wissenschaft und Technik herangezogen werden. Es ist nicht Zufall allein, daß die neue halbe Dekade der Sowjet-Republik nach der treffenden Äußerung eines unserer Gelehrten durch eine wissenschaftliche »Butterwoche« eilige- leitet worden ist. Es war das eine Reihe von Feierlichkeiten gelegent lich der Eröffnung mehrerer wichtiger Lehranstalten. Die neue halbe Dekade wurde von Sowjet-Rußland auch durch die Eröffnung der Land wirtschaftlichen Ausstellung eingeleitet. Die Bücherausstellung ist somit nur als ein weiterer Schritt auf diesem Wege, den der Verband der Republik betreten hat, zu betrachten. Auch sie soll zur Verbindung der Landwirtschaft mit Technik und Wissenschaft beitragen, ivie dies im Namen der Negierung bei Eröffnung der Landwirtschaftlichen Aus stellung Genosse Nykow betont hat. Es ist auch nicht Zufall allein, daß die Gesellschaft Kniga als eine der ersten in Rußland gegründeten gemischten Gesellschaften aufgetreten ist. Sic ist der Reihe nach die zweite oder dritte, welche ihre Tätigkeit in Rußland begonnen hat. Durch ein gutes Buch werden am besten die neuesten Errungenschaften verbreitet. Es ist daher natürlich, daß die neugegründete Kniga haupt sächlich den Zweck verfolgt, dasjenige zu verbreiten, was im Ausland während der Kriegs- und Revolutionszeiten erschienen ist. Luna- tscharsk! hat ganz richtig die wichtige Nolle geschildert, welche in unse rem Leben die deutsche Kultur von jeher gespielt hat. Wenn diese Ge- Börseublatt f. den Deutschrn Buchhandel. VO. Iahraaoa. danken in Bezug auf unsere gemeinschaftliche Kultur ganz richtig sind, so soll dies hinsichtlich der deutschen Technik und Wissenschaft noch be sonders betont werden. Die russische Technik ist als Schwester und Schülerin der deutschen Technik zu betrachten. Deutschland hat den Beweis geliefert, daß man die größten Errungenschaften unter den schwersten politischen und wirtschaftlichen Bedingungen erzielen kann, und diese Errungenschaften finden ihren Niederschlag in der deutschen Literatur. Vieles, sehr vieles soll auf den russischen Boden verpflanzt werden. Diese Feierlichkeit zur Eröffnung der Buchausstcllung ist so mit auch ein Tag, der die russische Technik und die russische Wirtschaft aufs engste angeht. Uber die Entstehungsgeschichte und Organisation der Buchausstellung ist kurz folgendes zu sagen: Nach Gründung un serer Gesellschaft Kniga mußten wir bald feststellen, daß die Literatur, welche im Ausland, hauptsächlich in Deutschland, während der Kriegs jahre erschienen war, vom Markte mehr und mehr zu verschwinden begann. Durch die schwere Notlage im heutigen Deutschland war der Neudruck vieler Auflagen ausgeschlossen. Allein durch eine Ausstellung war es möglich, ein richtiges Bild über die Literatur zu gewinnen, nachdem die deutschen Verleger nur teilweise ihre Bücherbestände' zu gänglich machen wollten. Zwei parallel gerichtete Bestrebungen haben sich dabei zu demselben Zweck vereinigt: unser Wunsch, eine solche Ausstellung durchzuführen und ein nicht minder freundliches Entgegen kommen von deutscher Seite. Schon bei Beginn der ersten Vorverhand lungen hatten mehrere deutsche Bücherverleger ähnliche Wünsche an unsere deutsche Handelsvertretung in Deutschland gerichtet. Der Wneschtorg hatte sämtliche einlaufenöen Briefe und Korrespondenzen der Gesellschaft Kniga wcitergegeben. Unsere ersten Verhandlungen haben dann in Berlin im vorigen Jahre zur Zeit der Leipziger Messe stattgesuudeu. An diesen Verhandlungen haben unter der Leitung des russischen Handelsvertreters in Deutschland, Stomoniakow, die Ver treter der Kniga teilgenommen unter Mitwirkung eines Vertreters des Volkskommissariats für Volksbildung. Die Unterhandlungen nahmen einen sehr günstigen Verlauf und wir waren in der Lage, an unsere höheren Behörden einen bestimmten Plan und ein festes Pro gramm für die Organisation dieser Ausstellung weiterzuleiten. Die An gelegenheit wurde zum Ziel gebracht und die Statuten wurden vom Kommissariat für Außenhandel am 28. Februar d. I. bestätigt. Die Gesellschaft Kniga hat auf Grund der abschließenden Verhandlungen den Vertrag mit dem Ausschuß des Börsenvereius der Deutschen Buch händler, Gesellschaft für Auslandsbuchhandel, am 7. Mai unterzeichnet. Die Aufgabe war nun, aus dem großen vorhandenen Büchervorrat die richtigen Werke auszuwählen und für diesen Zweck eine sachverständige Kommission zu organisieren. Die letztere wurde unter dem Vorsitz des früheren Petersburger Professors Braun unter Mitwirkung deutscher Sachverständiger geschaffen. Die Arbeit ging sehr flott vorwärts. Im Verlauf eines Monats war die Auswahl der Bücher für die Ausstel lung getroffen. Die weiteren Arbeiten gingen hier in Moskau von statten und wurden von der Gesellschaft Kniga oder, wie sic neuer dings heißt »Meschdunarodnaja Kniga« mit ihrer Organisation durch- geführt. Es wurde eine Ausstellnugsdirektion geschaffen, bestehend aus Professor Jegorow, dem zweiten Direktor des Rumjanzew-Museums als Vorsitzenden, N. F. Janitskij von dem Bücherzentralamt als stellv. Vorsitzenden und N. F. Goreliu, ebenfalls vom Numjanzew-Museum (zugleich Übersetzer Spenglers) als Mitarbeiter. Die künstlerischen Ausgaben wurden dem Maler Annenkow übertragen, der sich seines Auftrags glänzend entledigt hat. Tie Aufstellung der Bücher wurde unter Mitwirkung des ältesten russischen Bibliographen Toropow (Leiter der russischen Abteilung auf der Leipziger Bugra 1914) voll zogen. Sämtliche Arbeiten wurden so rasch durchgesührt, daß die Aus stellung zum festgesetzten Termin eröffnet werden konnte. Das Histo rische Museum hat freundlich seine Räume angeboten, die mit dem ganzen Charakter der Ausstellung aufs beste harmouiereu. In sehr- kurzer Zeit — die Bücher sind erst Ende Juli hier eingetroffeu — war die Ausstellung fertig. Nach Angabe von Professor Jegorow enthält sic rund 30 900 Bände. Schöne Literatur und Belletristik sind nicht vertreten. Allsgestellt sind nur diejenigen Fächer, welche in dieser Zeit intensivster wirtschaftlicher Entwicklung des Landes das größte Interesse für die Sowjet-Negierung haben. Es sind vertreten: Tech nik, Landwirtschaft, Medizin, reine Wissenschaft, und dann ganz beson ders Bücher über Sozialismus und Kommunismus. Diese Abteilung ist indessen noch nicht ganz fertig, die letzten Bücher sind eben erst ein getroffen. Die Ausstellungsgegenstände sind nicht nach Verlegern ge ordnet, wie es meist auf deutschen Ausstellungen geschieht, das Mate rial wurde aber systematisch sehr sorgfältig bearbeitet. Außerdem steht auf der Ausstellung eine gut geordnete Kartothek zur Verfügung, die jedem Sachverständigen das Auffinden eines gewünschten Buches er- j leichtert. Es ist selbstverständlich, daß die Ausstellung auch manche ' Schwächen hat. Wir bitten daher um Nachsicht, zumal da die Schwächen durch triftige Gründe zu erklären sind. Infolge der jetzigen wirt schaftlichen Lage Deutschlands war es absolut unmöglich, manche 932
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