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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.04.1926
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- 1926-04-24
- Erscheinungsdatum
- 24.04.1926
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SS, 24. April 1926. Redaktioneller Teil. lichen Bedarfs umgeht, die ihn umgeben, auf sein Kulturniveau geschloffen werden kann. Dies trifft nicht zuletzt, ja vielleicht ganz besonders auch auf die Behandlung von Büchern zu. Die uns umgebenden Gebrauchsgegenstände sind keineswegs zum Ver - brauch, sondern lediglich zum G e brauch da. Leider aber erlangt so mancher Gegenstand, und darunter in der Hauptsache Bücher, durch eine lieblose, verbrauchende Behandlungsweise ein un appetitliches, schäbiges Aussehen, oder findet gar ein vorzeitiges Ende. Sehen wir von der ästhetischen Seite ab, die einen schönen Bucheinband für ein gutes Buch für eine ebensolche Selbstver ständlichkeit erachtet wie an einer schönen Frau eine die Erschei nung hebende, geschmackvolle Kleidung, so ergibt eine nüchterne Betrachtung dieser Angelegenheit immer noch die Notwendigkeit der Würdigung des Bucheinbandes an sich, als der unentbehrlichen Gebrauchssorm, ohne die ein Buch ja überhaupt kein Buch, son dern, kaufmännisch gedacht, nur ein Halbfabrikat ist. Selbst wenn man ein gedrucktes Geisteserzeugnis als Fabrikat zu bezeichnen sich in vielen Fällen sträuben muß, so wird doch kein Autor wün schen, seine Bücher ungebunden zu sehen, nicht zuletzt aus dem Grunde, weil der Absatz darunter leiden müßte. Die heute üblichen Herstellungs- und Bertriebssormcn sind denn auch zum größten Teil auf den Begriff des Buches als Ware eingestellt, und es liegt durchaus im Sinne einer gesteigerten Kultur, das Buch als Gegenstand des täglichen Bedarfs nicht nur gelten zu lassen, sondern geradezu zu propagieren. Hieraus ergäbe sich logischer- weisc als Selbstverständlichkeit die Notwendigkeit eines gewissen Verständnisses der Buchhandclsangestelltcn und Verkäufer nicht nur für den Bucheinband, sondern sogar für die verschiede nen Einbandarten, samt den dazu verwendeten Materialien, und hieraus folgend das Gefühl für eine sachgemäße und pflegliche Be handlung von Büchern. Mit welcher Selbstverständlichkeit er wartet man beim Einkauf von Stoff, Kleidern oder sonstigen Gegenständen des täglichen Bedarfs eine fachmännische Beratung durch den Verkäufer! So müßten auch die Angehörigen des Buch handels nicht nur über Literaturkcnntnisse vcrsügcn, sondern be strebt sein, sich gewisse Kenntnisse über Druck- und Einbandtech niken sowohl, wie über Papier und Einbandstoffe zu erwerben. Die Rückwirkung auf die Qualität der Einbände, wie auch auf die Kauflust des Publikums wird nicht ausbleiben, wenn die Ver käufer auch Sachkenntnisse über die Einbandarten entwickeln und die auf diesem Gebiete noch herrschende allgemeine Genügsamkeit somit wirksam zu bekämpfen in der Lage sind. Man denke dabei nicht etwa an die Auswüchse der Inflationszeit, in der von soge nannten »Neureichen» goldstrotzcnde Bücherreihen' nach laufendem Meter gekauft wurden, sondern an gute, zweckentsprechende Ein bandarten, die schon äußerlich die Stimmung schaffen sollen, welche die Lektüre erst zum eigentlichen Genuß macht. Auch heute unter der Ara des billigen Buches machen sich leider wieder sogenannte Prachtausgaben breit, deren goldstrotzende Pracht nur fürs Auge bestimmt und deren Lederrücken aus gespaltenem Leder weniger haltbar als gutes Papier sind. Hiervor gilt es zu warnen. Ist gutes, haltbares Leder für die heutige Kaufkraft zu teuer, so gibt cs genügend hochwertige Leincnstofsc, die ebenso schön und ebenso haltbar sind, dabei aber keine falsche Pracht Vortäuschen. In Verbindung mit der Forderung nach einer sachgemäßeren und pfleglicheren Buchbehandlung seitens der Buchhandelsange- stcllten komme ich auf eine mißliche Eigenschaft vieler Bücher zu sprechen, die sowohl in der heutigen Produktion selbst, wie in der Beschaffenheit der Pappen ihre Ursache hat. Es ist das Ver- ziehenund Krummwerden vielerEinband decke! bei Büchern, die frei auf Äschen und in Auslagen liegen. Be kanntlich bestehen die Deckel eines jeden Buches aus mehr oder weniger starker Pappe. Nun ist außer allem Zweifel, daß die Qualität unserer heutigen Buchbinderpappe sehr stark gesunken ist. Dies hat seine Ursache einmal in dem gegen frühere Jahre schlech teren Rohstoff, sowie in der modernen kurzbemessenen Herstel lungsart von Pappe und Büchern. Den Rohstoff für Buchbinder- Pappe bildet Altpapier. Bestand nun das Papier und somit auch das Altpapier in früheren Jahren vorwiegend aus Hadern, womit cs sehr leicht war, eine schöne, planliegcnde, sich auch bei Tcm- peraturschwankungcn ruhig verhaltende Pappe zu erzeugen, so ist dies heute sehr schwierig geworden, wo Papier und somit auch SIS das Altpapier vorwiegend aus Cellulose und Holzschliff besteht. Dieser Rohstoff ist an sich schon sehr lebendig, und die daraus her- gestellte Pappe reagiert daher sehr lebhaft auf jede Tcmperatur- schwankung. Es kommt noch hinzu, daß die Pappensabriken in früheren Jahren hauptsächlich in der warmen Jahreszeit produ zierten und, weil das natürliche Trocknen billig war, stark auf Lager arbeiteten. Dies hatte wieder den Vorteil, daß die Buch binder stets eine schöne, abgelagerte Sommerware erhielten. Heute ist das wesentlich anders geworden, wo Pappe für tausend Dinge gehxaucht und verarbeitet wird. Das an sich gegen früher in schlechterer Qualität anfallende Altpapier wird in besonderen Sor tieranstalten wieder in vier oder fünf Qualitäten sortiert, von denen so ziemlich die schlechtesten Qualitäten zu Buchbinderpappe verarbeitet werden. Die besseren Sorten dagegen werden zur Herstellung verschiedener Papiersorten, wie Pack- und Tütcnpapier, zu Schuhpappe usw. reserviert. Auf Lager zu arbeiten ist den Pappenfabriken gar nicht möglich, denn entweder blüht die Wirt schaft und man reißt ihnen die Pappen aus den Händen, oder es herrscht, wie jetzt überall, eine Wirtschaftskrise, die ihnen aus Kapitalmangel verbietet, auf Lager zu arbeiten. In beiden Fällen muß also den Anforderungen des Bedarfes in möglichst kurzen Terminen entsprochen werden, und dem kommt auch eine moderne Produktion insofern entgegen, als die Pappen zum Teil auf großen, rationell arbeitenden Maschinen gleich in endloser Bahn hergestellt und in Trockenparticn sofort getrocknet werden, oder bei Herstellung in Einzeltafeln die Trocknung in be sonderen Hcißlust-Trockcnkauälcn erfolgt. Besonders diese mo derne Trockenmethode ist bei dem an sich schon gegen früher leben digeren Rohstoff für Buchbindcrpappcn das Ungeeignetste, waS man sich denken kann, besonders wenn mit Temperaturen ge arbeitet wird, welche die Pappcnsaser, gegenüber einer langsamen und natürlichen Trocknung, verzerrt. Das aus einem Trocken kanal getrocknet herauskommende Trockengut kommt alsdann in einem Zustande heraus, der an eine Gebirgslandschaft erinnert. Eine solche Pappe, die, nachdem sie wieder gefeuchtet und schön plan kalandert wurde, späteren Temperaturschwankungen ausge setzt ist, wird alsdann stets die Form anzunehmen geneigt sein, die sie beim Austritt aus dem Trockcnkanal hatte. Nun kommt ein weiteres ungünstiges Moment hinzu, das aber in der Buchproduktion begründet liegt. Bekanntlich verteilt sich die stärkste Bücherpro duktion auf die Zeit zwischen Oktober und kurz vor Weihnachten und darnach wieder vor Ostern, also in die feuchteste Jahreszeit. Abgesehen davon, daß während dieser Zeit in den meisten Fällen nur Pappen mit künstlicher und beschleunigter Trocknung zur Ver fügung stehen, ergeben Messungen mit dem Hygrometer, daß die angeliefertcn Pappen einen Feuchtigkeitsgehalt zwischen 70 und 90 Grad aufweisen. Hieraus ergeben sich für die Buchbindereien einerseits «ine Menge Verarbeitungsschwierigkeiten, während der Feuchtigkeitsgehalt der fertigen Bücher auf der anderen Seite bei der Ablieferung während dieser Zeit zwischen 60 und 80 Grad schwankt. Diese Bücher kommen nun fast unmittelbar nach der Abliefe rung in geheizte Läden und Kontore, deren Luftfeuchtigkcitsgehalt bei Dampfheizung selten über 40 Grad beträgt. Man kann sich denken, daß dieses Minus auf freiliegende Bücher wirkt wie der Trockenkanal auf die Pappen und die Bücher dabei Formen gn- nehmen, die der Buchbinder mit Pfannkuchen bezeichnet. Soll es möglich sein, den Feuchtigkeitsgehalt fertiger Bücher demjenigen geheizter Lager- und Verkaufsräume anzugleichen, so müßte die Bücherproduktion auf die Sommermonate verlegt werden können, was aber kaum möglich sein dürste. Zum mindesten sollten zu Einbanddecken nur im Sommer gefertigte und natürliche, also luftgctrocknete und abgelagerte Pappen bester Qualität-verwcndet werden. Dies scheitert aber an dem durch die Zahlungswcise der Auftraggeber herrschenden Kapitalmangel der Buchbindereien und Pappenfabrikanten. Von dieser Seite also ist dem übel schlecht beizukommcn, und es bleibt nur die Selbsthilfe der Buchhändler und Bücherkäufcr, di« dahingehend belehrt werden müssen, daß man kein Buch unbeschivert in Räumen liegen lassen darf, deren Luftfeuchtigkeitsgehalt ein Minus gegenüber der gemeinhin in Büchern enthaltenen Feuchtigkeit darstellt.
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