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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.09.1930
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- 1930-09-11
- Erscheinungsdatum
- 11.09.1930
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6S48 X- 211, 11. September 1930. Fertige Deutscher Gr» um^tal San Franziska, 15. August. (Sonderbericht der „Welt am Sonntag".) Im nächsten halben Jahr wird die Welt einen Prozeh erleben, wie es noch niemals einen gegeben hat. Um Millionenver mögen ist prozessiert worden, um Riesenfabriken, um Landgüter, die so groh waren wieBayern, und je nach dem Ausgang sind Prozeh führer in die Reihen der hundert reichsten Leute der Welt gerückt oder im Abgrund tiefsten Elends versunken. Aber dieser Prozeß ist viel größer, viel gigantischer! Niemals hat er seinesgleichen gehabt! Er geht um das ganze Land Kalifornien mit all seinen Gold gruben, Bergwerken, Städten. Er geht um den Besitz des Landes, das von keinem Staate Amerikas an Fruchtbarkeit und Reichtum übertroffen wird. Und er geht um den Besitz aller Städte mit der Riesenstadt San Franziska an der Spitze. Der Prozeß wird von den Erben eines abenteuerlichen Deutschen geführt, der im Jahre 1831 als erster Farmer in den Urwald im Westen Amerikas so weit vorstieß, bis er in der Gegend des heutigen San Franziska das Meer erreichte. Dem es als erstem Europäer gelang, festen Fuß zu fassen, sich anzusiedeln, zu kolonisieren, Aus wanderer als seine Hilfskräfte heranzuholen und das Weizen- und Fruchtland Kalifornien dem Urwald abzuringen. Der Schweizer Schriftsteller Blaise Lcndrarshatin seinem Roman „Gold" die Geschichte dieses Mannes geschrieben. *> Bor einigen Monaten nun ist Blaise Lendrars hier an gekommen, um das Schlußkapitel seines Romans der Wirklichkeit abzutrotzen. Er hat den Prozeß um Kalifornien für die Erben wieder aus genommen, dessen Endurteil der Gründer Kaliforniens bis zu seinem Tode nicht bestätigt bekam und dessen Erbfolge am 17. Juni 1930 verjährt wäre ohne das tatkräftige Eingreifen Blaise Cendrars. Sein Roman „Gold" gibt die ganze Borgeschichte des Prozesses. Er ist eigentlich nichts als eine schlichte, sorgfältig zusammengetragene B e schreibung des Lebcns des Gründers Kaliforniens, der interessante Roman Johann August Suters! Der Deutsche Johann August Suter wurde 1807 zu Kandern in Baden geboren, verlebte aber seine Jugend in Kilchberg bei Basel, wo sein Vater als angesehener Papierfabrikant ansässig geworden war. Ein unverbesserlicher Taugenichts, der selbst vor Diebstählen nicht zurückschreckte, sah sich Johann August Suter schließlich unter Hinterlassung einer Familie gezwungen, nach Amerika zu flüchten. Er wurde Bauernfänger, Taschendieb, Stallknecht, Hufschmied, Zahnarzt, Tierausstopfer, Wanderprediger, Borer, Damenschneider. Aber nirgends findet er Ruhe, denn er ist besessen, ist behert von dem geheimnisvollen Land im Westen, aus dem noch kein Weißer zurückgekommen ist, der sich hineinwagte: der Sumpf oder die Indianer haben alle umgebracht. Und eines Tages macht sich Johann August Suter aus, um quer durch ganz Amerika — von Neuyork !m Nordosten zum Südwesten —- nach Kalifornien zu gehen — und hier beginnt Suter mit eiserner Willensanspannung unermüdlich zu arbeiten. Er nimmt fast das ganze Land Kalifornien vom Meeresstrand bis zu Len Gebirgen in Besitz und leistet unter Heranziehung von Kanakern von der Insel Hono lulu eine heute noch geradezu bewunderungswürdige Pionierarbeit. Tausende Ouadratmeilen des vollkommen ver wahrlosten Landes beugen sich dem Pflug, und Suter wird in wenigen Jahren ein reicher Mann, vielleicht der erste Multi - Millionär Amerikas. Der Staat M e r i k o, zu dem dortmals noch Kalifornien gehört, vor allem dankbar für den militärischen Schutz, den Suter aus seinen Arbeitern zusammenstellt, bestätigt ihm seinen Besitz, der fast keine Grenzen kannte. Als der Krieg zwischen Meriko und den Bereinigten Staaten ausbricht, stellt sich Suter trotzdem auf die Seite Amerikas und erleichtert so den Bereinigten Staaten die nominelle Besitzergreifung Kaliforniens. Um dieses Verdienstes willen wird Suter von den Siegern und neuen Herren des Landes sein unermeßliches Eigentum neuerdings bestätigt. Aber da findet ein Zimmermann Suters, James W. Marshall aus New Jersey, im Januar des Jahres 1848 beim Bau der Dampf mühle einen gelben Metallklumpen. Er weiß zunächst nicht, was das ist und zeigt es seinem Herrn. Es erweist sich als reines Gold! Als erstes Gold, das in Kalifornien gefunden wird! Und mit dieser Entdeckung ist der völlige Ruin Johann August Suters unentrinnbar geworden! Börsenblatt s. b.Dtschn.Buchhandel. 6549 schaftsprozeß vmiienr cr hat zwar noch keine klare Vorstellung von dem ungeheuren smaß des Elends, das ihm aus diesem gelben Klumpen droht, c doch eine dumpfe, dunkle Empfindung. Allen seinen Dertrau- die er notgedrungen in das Geheimnis der Entdeckung einwei- muß, nimmt er einen feierlichen Schwur ab, zu schweigen, ^r es hilft nichts. Vas Gerücht von dem Goldfund verbreitet sich mit rasender Eile! ln wenigen Tagen sind alle Arbeiter Suters in die Goldfelder flohen, und schon nach etlichen Monaten stürzt sich die erste Horde von Abenteurern und Verbrechern über das Land Kalifornien zerwühlt und zerhackt es, jedes Eigentum mißachtend. Die !ze Welt speit den Auswurf der Menschheit über Suters Land »formen aus. Machtlos steht Suter diesem wüsten Treiben enüber, und seine Felder und Kulturen verfallen, seine Mühlen, Gewerke und Gerbereien werden zum Unterschlupf eines rohen indels. Polizei- und Militärtruppen, die, auf Bitten Suters von Vereinigten Staaten abgeschickt, kommen, um Suter wieder einem Grund und Boden zu verhelfen, sind in wenigen Stunden ebenfalls dem Goldfieber verfallen, sten die Gewehre und Waffen weg und vertauschen sie wie in r Besessenheit mit Schaufel und Hacke. Suter sieht sich ge angen, das Feld zu räumen und sucht seine Zuflucht in einem amen Landhäuschen. Iber wenn er auch schon ein Greis ist, — Suter ist nicht der nn, den Kampf aufzugeben! Er bereitet einen Prozeß gegen die seinigten Staaten vor. Und nichts Geringeres will er erreichen, oie Rückgabe seines Eigentums, Schadenersatz für die lorenen Ernten und dieHälftevomWertallesGol- , das auf seinem Gebiete gefunden wird. Er läßt sei- ältesten Sohn Rechtskunde studieren. Er soll für ihn den Pro stühren. Der Suter-Prozeß Igt ganz Amerika in Aufregung, denn es ist ein Prozeß gegen »21 Einzelpersonen und gegen die Regierungen von Kalifor - n, Washington und Meriko. Allein die Regierung von lhington wird im Jahre 1854 auf 850 Millionen Mark verklagt. : ist eine unvorstellbar riesenhafte Summe für diese Zeit. Suter set einen unbeeinflußbaren obersten Richter und gewinnt den Prozeß. Aber die Regierung in Washington zögert immer wieder, das Ur teil zu bestätigen. Sie weiß, daß Suter !m Recht ist, aber sie ist machtlos gegen die Bevölkerung in Kalifornien, die sich den gewalt sam angeeigneten Besitz nicht mehr entreißen läßt. Und sie kann Suter nicht abfinden. Denn die Summe, die nötig wäre, ist so groß, daß ihre Auszahlung den Bankerott der Bereinigten Staaten herbeiführen würde. Man schleppt die Sache hinaus. Am 17. Juni 1880 stirbt Suter als Bettler im furchtbarsten Elend, 77 Jahre alt, auf der Treppe des Kapitols, in das er, durch die Aufregungen zum idiotischen Greis geworden, Tag für Tag hineinging, sein Urteil bestätigen zu lassen. Der älteste Sohn hat sich aus Verzweiflung in einer Spelunke erschossen, ein zweiter ist in Kalifornien ermordet worden, der dritte ist nach Europa geflüchtet, seine Tochter war verschollen. Die Frage der Erbfolge steht heute noch offen. Das Urteil ver jährte am 17. Juni 1930. Aber vor Ablauf des letzten Termins ist die Forderung der Erben wieder angemeldet worden. Der Schrift steller Blaise Lendrars hat sich zum Anwalt aller Suterschen Erben gemacht. Er hat bereits an 20 Erbberechtigte um sich gesammelt. Erste juristische Kapazitäten Amerikas, die er als Gutachter befragte, sind alle nur der einen Ansicht: Laß der Prozeß so gut wie gewonnen, daß die Ansprüche der Erben unanfechtbar seien. Es ist natürlich völlig ausgeschlossen, daß sich die Vereinigten Staaten von Amerika dazu entschließen könnten, größere Lände reien in Kalifornien den Erben Suters auszuhändigen, aber die Möglichkeit, jaWahrscheinlichkeit besteht immerhin, daß sich die Ber einigten Staaten durch eine gewaltige Summe von den Ansprüchen der Erben loskausen. Blaise Cendrars wird vor allem den urkund lichen Nachweis über die seinerzeitige Besitzbestätigung Sutersdurch die Vereinigten Staaten erbringen. Die Rechtslage ist juristisch durchaus eindeutig. Es sollen schon Bergleichsvorschläge gemacht worden sein, darüber zu verhandeln, daß die Regierung der Bereinigten Staaten den Erben Suters «ine einmalige Abfindungssumme von mehreren Milliarden Dollar zahlen solle. Wie wir erfahren, sollen die Erben diesen Vorschlag zunächst als unzureichend abgelehnt haben.
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