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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.05.1927
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- 1927-05-19
- Erscheinungsdatum
- 19.05.1927
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X- 116, 19. Mai 1927. Redaltioneller Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. Dieser Beruf scheint dem jungen Grafen jedoch leine allzugroße Freude bereitet zu haben, denn er verließ denselben im Fahre 1876, nach dem Ableben seines Vaters, um sich der Verwaltung seiner un garischen Besitzungen zu widmen, die ihm jedoch noch Muße lieh, sich den Wissenschaften und seinen bibliophilen Neigungen hintzngcbcn. Die Liebe zu den Büchern, die sich bei ihm schon sehr früh zeigte, scheint ein Erbstück seines Urgroßvaters, des Grasen Anion Georg Apponyi fl781—1817) gewesen zu sein. Tic Bibliothek dieses eifrigen Sammlers, die angeblich mit einem Aufwand« von nahezu einer Million Gulden zusainmengebracht wurde, soll etwa 60 000 Bände umfaßt und große Schätz« an Manuskripten, Inku nabeln, Aldincu und anderen 'kostbaren Drucken des 16. Jahrhunderts enthalten haben. Schon als Knabe waren dem Grafen Alexander Bücher die will kommensten Gescheute, und die größte Freude machte es ihm, seine Ersparnisse in Büchern anzulegen. Ein Kollege seines Vaters, der holländische Gesandte in London, M. van der Weyer, selbst ein begeisterter Bibliophile, der die Vor liebe des Knaben zu den Büchern erkannte, munterte ihn bei jeder Gelegenheit auf, der Bibliophilie treu zu bleiben, führte ihn aus den Bücherauktionen «in, nahm ihn mit zu Quaritch und anderen Londoner Antiquaren. Später fand er noch einen anderen Freund und Gönner, der mit ihm 'die Lust und Liebe zu schönen Büchern teilte. Es war dies der berühmte Staatsmann Graf Gustav Külnoky, der damals au der Londoner österr.-ungar. Botschaft akkreditiert und später Minister des Äußeren war. Er war es auch, der dem jungen, angehenden Bibliophilen den ungemein verständigen und wertvollen Nat gab, sich nicht zu zersplittern, sondern sich für ein Spezialgebiet zu entscheiden. So entstand die außergewöhnlich kostbare und einzigartige Lidlio- tkeea kungarica ^pponzäans. Diesen, seinem väterlichen Freund, Graf KAnoky, hatte er es ferner zu Lanken, daß er im Laufe der Jahre ein gewiegter Kunstkenner wurde, denn er war es, der dem jungen, ungemein wissensdurstigen und lern begierigen Grasen Alexander den Geschmack für die schönen Künste beibrachte. Bei den gemeinsamen Besuchen 'der Londoner Galerien und Museen, besonders der an bewunderungswürdigen Schätzen so liberreichen National Oaller^, war es wieder der seinsinnige Kunst kenner Külnoky, der seinen jungen Freund lehrte, wie Kunstwerke besichtigt und beurteilt werden müssen. Seine Lehren sielen auf fruchtbaren Boden, denn Apponyi erlangte ein ungemein seines Emp finden, einen vortrefflichen Geschmack und ein sicheres und scharfes Urteil. Durch die hervorragenden Stellungen, die Großvater und Vater in London einnahmen, und ganz besonders durch sein überaus ge winnendes Wesen war dem jungen Herrn reichlich Gelegenheit ge boten, mit hervorragenden Staatsmännern und anderen prominenten Persönlichkeiten in Verbindung zu treten. Disraeli, der berühmte Berater und Minister der Königin Victoria, war von den Eigen schaften des Grafen Alexander so entzückt, daß er trotz der Jugend des Letzteren ihn mit seiner Freundschaft auszeichnete. Häufig wurde er zu Gast geladen, und einig« Briefe Disraelis an ihn geben Zeugnis von der überaus wohlwollenden Freundschaft des großen Staatsmannes für den viel jüngeren Grafen. Ans dem Landsitz eines feiner Freunde war es thm vergönnt, noch eine weitere interessante Persönlichkeit 'kennen zu lernen, nämlich Sir Thomas Carlyle, den genialen Schotten, besonders bekannt >als Biograph Friedrichs des Großen, Goethes und Schillers. Der junge Aristokrat war gang hingerissen von diesem Manne, auch in dessen Eigenschaft als Causeur. Während seines weiteren Londoner Aufenthalts hatte er das seltene Glück, in den besten dortigen Kreisen ausgenommen zu werden. U. a. war er allwöchentlich Gast bei Sir Moncton Mill (Vater des jetzigen Lord Crew). Dieser überaus sein gebildete Literat um gab sich mit einer kleinen, aber glänzenden Schar von Dichtern, Schriftstellern und Künstlern, und es galt als ganz besonderer Vor zug, hauptsächlich für einen Fremden, dort eingeladen zu werden. Für die Erweiterung seiner bibliophilen Kenntnisse und sür die Entwicklung seiner Büchersammlnng war sein Pariser Aufenthalt ganz besonders fruchtbar. Er trat 'daselbst in Berührung mit den größten Sammlern und feinsinnigsten Bibliophilen, wie z. B. Baron JürSme Pichon, Ducd'Aumale, Baron James Rothschild, Ambroise Firmin- Didot u. a. Von besonderer Wichtigkeit wurde ihm seine Bekanntschaft mit Emile Picot, Professor an der Lools ckes langues orientales vivantes und Bibliothekar seines Freundes James Rothschild. Dieser gelehrte 634 Forscher und eminente Bibliograph war der erste, der dem Grasen die Idee gab, über seine Hnngarica-iKol'lektion einen »Ostalogu« rai- soovs« zu publizieren. Keiner war fähiger, ihm hierzu die nötigen Anleitungen zu geben, als gerade Picot, der damals selbst schon eine Reihe vorzüglicher bibliographischer Werde veröffentlicht hatte. In dem jungen Sammler entwickelte sich immer mehr der Gedanke, seiner Sammlung durch Vervollständigung und fachmännische Bearbeitung einen erhöhten Wert zu verleihen, denn schon damals trug er sich mit der Idee, sie der ungarischen Nation zu hinterlassen, damit sie den Geschichtsforschern seines Vaterlandes immer zur Verfügung stehe. Wie schon oben erwähnt, gab er im Fahre 1876 die diplo matische Laufbahn auf und zog sich aus sein Landgut nach Lengyel zurück, um ständigen Aufenthalt in Ungarn zu nehmen. Zwei Jahre später verheiratete er sich mit der Gräfin Cstcrhäzy, einer' Dame von ausgezeichneter Bildung und feinsten künstlerischen Talenten, die es namentlich in der Malerei zu ungewöhnlicher Höhe brachte. Die Verwaltung feiner Güter nahm den Grafen nur teil weise in Anspruch, sodaß er sich mehr und mehr seinen wissenschaft lichen Arbeiten widmen 'konnte. Er vernachlässigte aber darum durch aus nicht feine Pflicht als Magnat und Staatsbürger, besuchte mit gewissenhafter Pünktlichkeit die Sitzungen des Oberhauses, ebenso die jenigen der Munizipal-Aussch üsse, nahm überhaupt ungemein lebhaften Anteil an allen wichtigen Angelegenheiten, die sich in Ungarn zu trugen, ohne sich im eigentlichen Sinne des Wortes mit Politik zu beschäftigen. Alles förderte er Mit Feuereifer, was mit Wissenschaft und Kunst Kusainmenhing. So hat er n. a. die in der Nähe Lcngycls liegenden prähistorischen Grabfelder ansbeuten lassen, wobei etiva 12 000 interessante prähistorische Gegenstände zutage gefördert wurden, die er dem Szekszärder Museum gc schenkweise überließ und die in der Gelehrtenwelt berechtigtes Aussehen erregten. Rudolf Virchow schrieb eine eigene Abhandlung unter dem Titel »Exkursion nach Lengyel« hierüber, die sich in den »Verhandlungen der Berliner Anthropologischen Gesellschaft« 1800 abgedruckt findet. Im Verein mit Professor Eugen Abel sammelte Graf Apponyi die Werke der berühmten italienischen Hnmanistin Jsota Nogarola, unter dem Titel: »Isotas klogarolas Verononsis opers quas super- sunt ownis«, Wien und Bnbapeft 1886. Aus Kosten des Grasen wurden sic in prächtiger typographischer Ausstattung in zwei Bänden herausgegeben. Große Verdienste erwarb er sich um die ungarische Geschichts forschung und Diplomatik durch die Herausgabe der Apponyischen Familien-Urkunden (1241—1626), in Budapest 1606 gedruckt. Von seinen kleineren Arbeiten, die in ungarischen wissenschaftlichen Zeit schriften erschienen, seien nur einige erwähnt: »Über Maximilianus Transylvanus« und »Von der Erhebung Pordenone's in den Adel stand«. Sein Hauptwerk, das an die Arbeiten der Humanisten der Hochrenaissance erinnert, ist unstreitig die Beschreibung seiner Hun- garica-Kollektion. Es zeugt von ganz ungewöhnlicher Gelehrsamkeit und Belesenheit und von umfassender Beherrschung dev alten und modernen Sprachen. Jeder Band seiner etwa 3000 Nummern umfassenden Bibliothek wurde vor der Beschreibung mit Akribie durchstudiert. Es folgte nach der Ausführung des Titels die prägnante Angabe des Inhalts, zu weilen mit etlichen kurzen, treffenden Sätzen, häufig jedoch in län geren inhaltsreichen und gelehrten Ausführungen. Man vergegen wärtige sich das Studium und die wissenschaftliche Durcharbeitung von nahezu 100 Inkunabeln, meist mit schwerleserlichen gotischen Typen gedruckt und mit zahlreichen Abkürzungen versehen. Was für ein« Summe von Fleiß, Ausdauer und Wissen gehörte allein dazu. Mit besonderer Liebe behandelte er das Zeitalter der Tüvkenkriege, Türkcn- einsälle und die Türkenbelagerungen von Wien med Budapest. So gestaltete sich diese Riesenarbeit zu einem ausgezeichneten bibliographi schen Hilfsmittel und zu einem Hervorragenden Oucllenwerk für un garische Geschichtsforschung. Nicht unerwähnt bleiben darf die kostbare Sammlung von Holz schnitten' nnd Kupferstichen, die 'der Verewigte im Saufe von Jahr zehnten zusammenbrachte und die gleichfalls dem Ungarischen National- Museum zugeivlesen wurde. Sie enthält in fast lückenlosen Folgen die auf Ungarn bezüglichen Landkarten, Flugblätter, Ansichten von ungarischen Städten, Festun gen, Schlössern, Schlachten, Belagerungen ufw., sowie eine besonders interessante Porträt-Kollektion. Alle diese historischen Stücke, die damals zum Teil die Stelle unserer heutigen Zeitungen einnahmen, werden den Forschern als Ergänzung zur Bücherei höchst willkommen sein.
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