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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 30.05.1927
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- 1927-05-30
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- 30.05.1927
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teil in die kurzen Worte zusammenfassen, daß man über Ratio nalisierung im Buchhandel um so interessanter reden und schrei ben kann, je weniger man durch praktische Erfahrungen belastet ist. Wer selbst in der Praxis steht und die Dinge nüchtern be trachtet, wird sehr rasch zu dem Ergebnis kommen, daß die Ratio- nalisicruugsmöglichkeiten im Verlag außerordentlich eng begrenzt sind. — Was heißt und was bedeutet denn Rationalisierung in der Wirtschaft? Es bedeutet die Beschränkung auf möglichst wenige Typen und die Massenherstellung dieser Typen unter möglichster Ausschaltung der Verlustquellen im Produktions prozeß. Daneben gibt es noch eine andere Form der Rationali sierung, nämlich den Zusammenschluß lebensfähiger Betriebe unter Ausschaltung solcher, die nicht mehr lebensfähig sind. Letzteres ist die Form der Rationalisierung, die wir in den großen Syndi katen, in den Trusten usw. kennen gelernt haben. Die erste Form der Rationalisierung, die Beschränkung auf einige Typen und ihre Massenherstellung, ist schon längst von einzelnen unserer Kol legen ausgeübt worden. — Ullstein hat das schon vor dem Kriege verstanden, lange ehe man mit dem Schlagwort der Rationali sierung um sich -warf, und auch heute gibt es Leute, gibt es große Unternehmungen des graphischen Gewerbes, die genau wissen, wie inan Typenbücher durch Massenherstellung billig erzeugen kann. Aber damit ist dem schöngeistigen Verlag, wie er hier in der Hauptsache vertreten ist, nicht gedient. Die vielen Tausende ein zelner persönlicher Bücher, aus denen sich unser deutsches Schrift tum zusammensetzt, können nicht nach diesem Rezept hergestellt werden, da sie meist nur in einer von vornherein beschränkten Auflage gedruckt werden können. — Die andere Form der Ratio nalisierung: Zusammenschluß der lebensfähigen und Stillegung der nicht lebensfähigen Betriebe möchten wir schon gerne herbei führen, nur ist sie im Buchhandel viel schwieriger als in irgend einem andern Wirtschaftszweig, denn wenn wir heute 10 nicht mehr lebensfähige Verlage stillegen wollten und könnten, so tauch ten im nächsten Augenblick 20 neue wieder auf, die ebensowenig lebensfähig sind wie die ersten, weil zur Eröffnung eines Verlags nicht das geringste Kapital nötig ist. Es bedarf nur einer Idee, und es finden sich die Drucker und Buchbinder, die so lange pum pen, bis sich zeigt, daß die Idee schlecht war. Also im Buchhandel so rationalisieren zu wollen, wie man anderwärts durch Syndi katsbeschluß eine Kali-grube, ein Zementwerk aber eine Papier fabrik stille-gt, ist ein ganz hoffnungsloses Beginnen. Es ist weiter vorgeschlagen worden, der Verlag solle sich zu Produktionsgemeinschaften zusaminenschließen und versuchen, Lurch Sammelaufträge günstigere Lieferungsbedingungen bei seinen Lieferanten zu erzielen. Ja, meine Herren, einen solchen Zusammenschluß haben wir doch schon in der Wirtschaftlichen Ver einigung deutscher Buchhändler zu Leipzig! Ich vermag zwar nicht zu übersehen, wie weit diese Vereinigung in der Lage ist, zum Vorteil ihrer Mitglieder preissenkend oder preisregulierend zu wirken; ich kann mir aber nicht denken, daß ihr Einfluß stark ins Gewicht fällt, da auch einem gemeinsamen Druck auf Senkung der Herstellungskosten natürliche Grenzen gesteckt sind. Wahr scheinlich dürften sich die Bindungen der einzelnen Verleger an eine Produktiousgemeinschaft vielfach unangenehmer und drücken der auswirken, als der kleine Preisvorteil, der vielleicht durch Sammelbestellungen herausgeholt werden kann, wieder gutmachen könnte, denn wir müssen uns doch darüber klar sein, daß auch die Lieferanten des Buchverlags im großen ganzen nicht auf Rosen gebettet sind. Die Buchdrucker und Buchbinder, die heute immor neue Buchreihen herausbringen, tun das zum großen Teil auch nur aus der Not, ihre Betriebe regelmäßiger und lohnender zu beschäftigen als durch Aufträge aus dem Verlag, an denen bei oft großem Kapitalrisiko meist nicht viel zu verdienen ist. Bei den Papierfabriken, die der Buchhandel von den Kriegs jahren her immer noch als Großverdiener anzuschen gewöhnt ist, sicht cs vielleicht noch schlimmer aus. Wenn Sie in den letzten Monaten die Bilanzen der Papierfabriken nachlasen, konnten Sie feststellen, daß von denjenigen Fabriken, die zur Hauptsache Druck papier für den Buch- und Zeitschriftenverlag Herstellen — die für uns also allein in Betracht kommen —, kaum eine einzige anch nur 1 Prozent Dividende verteilt hat; wo Dividenden von 8, 10 oder auch noch mehr Prozent zur Ausschüttung kamen, handelt 14 es sich fast ausnahmslos um Papierfabriken, die Spezialsorten wie Zeitungsdruckpapier, Kunstdruckpapier oder dergleichen an fertigen, für die zurzeit noch große Exportmöglichkeiten bestehen. Weiter konnten noch die Zellstoffabriken gut verdienen, denn auch für die Papierindustrie gilt wie für die meisten andern großen Industrien die Regel: Je näher man dem Rohstoff ist, desto leich ter ist die Möglichkeit der Kartellierung und damit die Ausrecht erhaltung auskömmlicher Preise, je weiter aber die Verarbeitung sortschreitet, desto größer die Konkurrenz und desto schwieriger und geringer die Verdienstmöglichkeiten. Man hat dem Vorstand des Verlegervereins 'den Vorwurf gemacht, er sei nicht genügend aktiv im Zusammenschluß seiner Mitglieder zum Kampf gegen Lieseranten-Verbände oder, um ein praktisches Beispiel aus der jüngsten Zeit zu nennen, zum Kampf gegen die letzte Preiserhöhung der Buchdrucker. Wir haben zwar vor drei Jahren schon diese Frage in der damaligen Hauptver sammlung eingehend durchgesprochen und sind dabei zu dem Er gebnis gekommen, daß der Verlegerverein nach seiner ganzen Ge staltung und Zusammensetzung nicht berufen ist, derartige Ver handlungen und Kämpfe mit den Lieferanten-Verbändcn durch- zufcchten; wir haben uns trotzdem aus das Drängen unserer Mit glieder entschlossen, angesichts der letzten Preiserhöhung der Buch drucker eine Bekanntmachung zu veröffentlichen, wonach der Ver lag eine weitere Erhöhung der iBuchdruckpreise nicht anerkennen könne und den Buchdruckern anheimgeben müsse, die letzten Lohn erhöhungen in ihren eigenen Betrieben wieder hereinzuholen. Wegen dieser Erklärung ist der Vorstand und bin ich persönlich heftig angegriffen worden, aber vielen unserer Mitglieder ging auch dieser Schritt noch nicht weit genug. Sie hatten erwartet, daß der Verlegerverein Verhandlungen mit den Lieferanten-Ver- bänden führen sollte. Dazu möchte ich nun bei dieser Gelegen heit ein kurzes, aber deutliches Wort sagen, damit derartige Ge danken hoffentlich endgültig aus unserer Diskussion verschwinden., Stellen Sie sich einmal vor, -was wohl eingetreten wäre, wennl der Verlögerverein Verhandlungen mit dem Buchdruckervereir über die letzte -Preiserhöhung ausgenommen hätte. Ganz bestimm^ wäre es ihm nicht möglich gewesen, den Buchdruckerverein zr! einem Verzicht auf jede Erhöhung zu veranlassen; man hätte sick? wahrscheinlich auf einer Basis von etwa 3, 4 oder 5 Prozent zu sammenfinden müssen; eine bescheidene Erhöhung wäre in jedem Falle herausgekommen. Tatsächlich hat nun aber ein großer Teil des leistungs- und zahlungsfähigen Verlags jede Preiserhöhung ablehnen können, und er würde es sich sicher auf das entschiedenste verbeten haben, wenn ihm auf einmal vom Vorstand mitgeteilt worden wäre, der Vcrlegerverein habe sich mit dem Buchdrucker verein auf der Basis einer Erhöhung von etwa 3—4 Prozent ge einigt. Es muß also endlich einmal erkannt und offen ausge sprochen werden, daß es nicht Aufgabe des Verlegervereins sein kann, nur die Schwachen und Schwächsten zu schützen, die bis an den Hals ihren Lieferanten gegenüber verschuldet und verpflichtet sind und daher nicht so auftreten können -wie ein Auftraggeber, auf dessen Erhaltung jeder Lieferant Wert legt. Es war also nicht Mangel an Aktivität und Wagemut oder Mangel an Einsicht, sondern einfach die Erkenntnis der tatsächlichen Lage, die uns hier die Hände gebunden hat. Ich habe Ihnen nun in großen Umrissen die reale Seite unserer Lage zu schildern versucht und möchte jetzt mehr zum Irrationalen übergehen. Hier ist in erster Linie das immer rascher sich steigernde Tempo unseres Lebens hervorzuheben, das heute niemand mehr zur Ruhe und zum Genuß eines Erfolges kommen läßt. Auch das ist eine Erscheinung, unter der nicht nur der Buchhandel leidet, die sich vielmehr auch anderwärts geltend macht. Niemand kann mehr auf Erfolgen ausruhen, wie das früher möglich war. Auch den T-extilfabrikanlcn, den Maschinen fabrikanten und andern Industriellen geht es nicht anders. Einen Erfolg, den sie heute haben, müssen sie morgen schon verteidigen, und übermorgen müssen sie wieder etwas Neues bringen, wenn sic leben und vorwärtskommen wollen. Und so ist es auch bei uns. Der -Absatz auch der gangbarsten Bücher hält nur noch einige Monate an, dann geht er in der Regel auf ein geringes Maß zurück, und -wir müssen wieder etwas Neues haben. Wer nicht jedes Vierteljahr einen Schlager hat, ist nach kurzer Zeit selbst
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