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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 31.05.1927
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- 1927-05-31
- Erscheinungsdatum
- 31.05.1927
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X° 125, 31. Mai 1927. Redaktlioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. lehnt, jenen Schutz als Urheberrechts ähnlichen in der Berner Konvention zu regeln, was mich mehr freut, als wenn die »Ver mittlung« angenommen worden wäre, da so meiner grundsätz lichen Warnung, was ich in solchem Ausmaße gar nicht zu hoffen gewagt hatte, weit mehr entsprochen wurde, vr. Hoffmann also gibt nur feine und vr. Smoschewers sowie vr. Cahn-Speyers Ansicht wieder (letzterer ist Vertreter des Verbandes der konzer tierenden Künstler) und keineswegs die herrschende Meinung. Daß aber sehr wesentliche Gesichtspunkte gegen ein Urheberrecht der nachfchaffenden Künstler sprechen, dafür darf ich einige Dar legungen aus meinem oben genannten Aufsatz in Gew.Rsch. u. UrhR. (wo die wissenschaftliche Begründung dafür sehr eingehend gegeben wird) hier auszugsweise mitteilen. Man kann sich sehr Wohl auf den Standpunkt stellen, daß es ein Urheberrecht für den reproduzierenden Künstler nach dem deutschen Gesetz grundsätzlich nicht gibt und daß die Bestimmung in ß 2 Abs. 2 UG. sehr eng auszulegen ist. Ich weiß auch von Vertretern der Interessen nachschasfender Künstler, daß sie nicht verlangen, die Art und Manier des Schauspielers T. dürfe von Niemandem »plagiiert« (nachgemacht) werden, oder die Vortrags art und Auffassung eines Kapellmeisters sollte bis 30 Jahre nach seinem Tode so geschützt sein, daß sie von anderen Kapellmeistern nicht wiederzugeben versucht werden dürfe. Aber manche mein ten doch, dem reproduzierenden Künstler müsse ein Urheberrecht in gewissem Maße zugesprochen werden, und sie 'verwiesen auf sein geistig-gewerbliches Schaffen in der Art eines Bearbeiters. Hier zu ist zu sagen: Wenn Pallenberg als Bühnenkünstler und Spre cher nur eine gewisse Unterlage durch den Verfasser des Stückes braucht, um einen Menschen mit sprudelndem Dialog und Charak ter auf die Bühne zu stellen, so tritt freilich die Abhängigkeit von dem Werk fast völlig zurück, und er wird als Nachschaffender teil weise zum Schaffenden — Improvisationen sind ja wie Festlegun gen schutzfähig —; aber bei der Darstellung durch den die Rolle nur richtig spielenden Schauspieler kann von urheberrechtlicher Eigenart der Schöpfung meiner Ansicht nach nicht gesprochen werden. Die Grade der Abhängigkeit sind -verschieden nicht nur infolge der Eigenheiten und der Schaffenskraft der nachschaf- senden Künstler, sondern auch infolge der Eigenart der schaf fenden Dichter oder Tondichter. Diese schreiben deutlicher oder undeutlicher ihre Ideen nieder, gestalten klarer oder weniger klar, haben die Wirkung ganz zu Ende durchdacht oder nur Anregungen hingeworfen. Schafft der Ausübende wirklich etwas Neues dazu, so mag man dies als kleine Eigenschöpfung bewerten. Aber im allgemeinen gibt der reproduzierende Künstler, der keine Eigenmächtigkeiten begeht, nur das wieder, was vorhanden i st; Eigenmächtigkeiten, die sich als Änderungen darstcllen, darf er auch als Bearbeiter nicht an dem geschützten Original begehen, sondern nur den Inhalt und Sinn herausholen und wiedergeben; bei ungeschützten liegt dies anders. Der Schöpfer (Dichter, Kom ponist) hat (immanent) alles das geschaffen, was aus dem Werke normaliter zu machen ist; selbst wenn er es nicht besonders vorgeschrieben hat, steht das alles, was an folgerichtiger Entwicklung aus seinem Werk zu machen ist, implicite in seiner Niederschrift der Schöpfung selbst, denn vor seinem geistigen Auge stand (zum mindesten als Wunsch) die vollendete, letzte Tiefen herausholende Wiedergabe, und es ist kein Widerspruch gegen dieses immanente Wesen des Kunstwerks, daß es trotzdem verschieden aufgefaßt werden kann, denn alle Auffassungen sind Kreisungen um das Werk, ohne welches alle diese Übungen nicht möglich wären. Marwitz sagt sehr richtig: »Je vollendeter der ausübende Künstler ein Werk wiedergibt, um so mehr wird er Interpret des Vorhandenen, um so weniger wird er Schöpfer des Neuen sein«. Ich persönlich stehe einer solchen Auffassung, ohne doch deren Ausnahmen und Einschränkungen zu verkennen, sehr nahe und halte die Auffassung der nachschaffenden Künstler, daß sie erst aus dem »Torso« des Geifteswerks ein Reales machen, für unberechtigt und verkehrt. Ja, wenn man sich zu Äußerungen verstieg, das Kunstwerk (Dichtung, Tondichtung) sei noch gar nicht vorhanden, ehe es der ausübende Künstler laut werden lasse, so steht das mit dem Grundsatz des Urheberrechts als dem Schutze 674 einer wirklichen r« ineorporsüs (eines Geistesguts) in Wider spruch (man denke an Beethoven, der ohne Gehör seine späteren Werke schuf und sie als existent erlebte, oder an den Musiker, der Partituren mit Genuß zu lesen-vermag!). Das Werk ist ja nicht nur deshalb Geistesgut, weil es geistig wirkt, sondern ebenso oder noch mehr deshalb, weil es geistig geschaffen ist. Die künstlerische Leistung des Nachschaffenden schafft Geistes - W e r t e, aber nicht Geistes-Werke! Das macht den urheberrecht lichen Unterschied aus. Wir dürfen zwar die M ö g l i ch ke i t des urheberrecht- lich-en Schutzes einer künstlerischen (nachschaffenden) Leistung annehmen, jedoch selbstverständlich mit dieser Einschrän kung, daß sie eine eigentümliche Schöpfung sein muß und insoweit über die Abhängigkeit vom Original hinausgeht. Sollten solche eigentümlichen Schöpfungen beim nachschaffenden, aufführendcn, Vortragenden Künstler in Betracht kommen, so wer den sie selbstverständlich geschützt wie Originale; aber das hat dann eben mit der eigentlichen Wiedergabe, die man ebenfalls als »Bearbeitung« bezeichnet, nichts zu tun. Schwierig ist dabei noch die weitere Frage, ob die künstlerisch- nachschaffende Leistung schon dann als eigentümliche Schöpfung zu werten ist, wenn sie nachschaffend künstlerisch selbstän - d i g ist, oder erst dann, wenn sie gegenüber dem schöpferischen Originalwerk inhaltlich selbständig ist; — denn das ist zweierlei. Wenn Furtwängler eine Symphonie so aufführt, daß man sie neu zu erleben glaubt, so ist daran nicht die Anzahl der Sekunden einer Fermate, die metronommätzig genaue Einhaltung des einmal festgelegten Tempos, das Gelingen eines Crescendo oder dergleichen schuld, sondern die Erkennung des Gei stes der Auffassung, der aus der Zusammenfassung jener Einzelheiten spricht. Hat nun ein anderer Kapellmeister sich dies beim Anhören notiert und versucht es nachzuahmen, nachdem er den Geist der Auffassung Furtwänglers erfaßt hat, so wird dies ein Wiedererkennen der Leistung ermöglichen, auch wenn gewisse Abweichungen vorliegen; denn wir verstehen den Künstler doch nicht lediglich daran, wie er räuspert und wie er spuckt, sondern an seinem Geist. Aber das alles bleibt stets nur eine künstle risch, keine inhaltlich selbständige Leistung. Bekanntlich tritt bei »zweiten Besetzungen« sehr häufig der Fall ein, daß der Ersatzkünstler die Rolle dem ersten, der sie kreiert hat, möglichst getreulich nachzuspielen, ihn zu »kopieren« versucht, und darin hat noch niemand etwas Unerlaubtes gesehen. Ein Urheberrecht im echten Sinne des Wortes und des Gesetzes müssen wir also (wissenschaftlich und praktisch) für den bloß repro duzierenden (nachschaffenden) Künstler ablehnen; das hindert aber nicht, daß man ihn gegen Wettbewerbshandlungen, die ihn schädigen oder ausnutzsn — so gegen ungenehmigte Vervielfältigung seiner Leistung im Film, auf der Grammophonplatte, durch Rundfunk —, schützt. Es ist die mit Recht herrschende Ansicht, daß dies ge schehen müsse; aber dadurch braucht die Lehre vom Urheberrecht nicht verwässert oder beeinträchtigt zu werden. Und dies hat keineswegs nur theoretische Bedeutung, sondern würde unabseh bare Folgen haben können, nämlich jedem Reproduzenten, der künstlerisch in seiner Technik (Vortrag, Übertragung) selbständig schafft — man denke -etwa an Übertragung eines Gemäldes auf Holzschnitt oder auf den Stein —, -ein Urheberrecht -an dem Werk zu geben. Denn wo 'ist die Grenze zwischen Kunst und Nichtkunst, wieweit müßte das Kunstgewerbe (das ja der Kunst urheberrecht lich gleichgestellt ist) hin-eingezogen werden? Solche Fragen wür den dann verwirrend auftreten, wenn man leichtherzig die Gren zen des Urheberrechts verwischen ließe, nur um die reproduzieren den Künstler gegen gewisse Vervielfältigungen ihrer Arbeit, die durch mechanische Wiedergabe geschehen, zu schützen. Daher erscheinen die im Berliner Urheberrechtsausschuß gefaßten Beschlüsse, daß solcher Schutz außerhalb des Urheber rechts zu erfolgen habe, nur allzu berechtigt und entsprechen mithin nicht dem, was aus vr. Hoffmanns Ausführungen sich ergeben würde.
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