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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.11.1929
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- 1929-11-14
- Erscheinungsdatum
- 14.11.1929
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264, 14. November 1929. Redaktioneller Teil. B-rl-nil-tt I.d.TIIchn.Buchhand-l. Wie in Amerika alles schematisiert ist, ist es auch der Per lagsbetrieb. Im allgemeinen sind auch bei den kleinsten Unter nehmungen folgende Abteilungen zu finden: der Lektor (Editor), der Leiter der Hcrstellungsabteilung (Manufacture), der Sales Manager, der Publicity Man und der Treasurer, dem die Aus zahlungen, Inkasso und die ganze Buchführung unterstellt sind. Bei den größeren Häusern gibt es ferner einen eigenen Mann, der das gute Verhältnis zu den Verfassern, den literarischen Kreisen und der Presse pflogt und der bei geselligen Zusammen künften und Diners die Firma vertritt. Selbstredend haben diese größeren Häuser auch je nach der Art ihrer Veröffentlichun gen eigene Abteilungen, wie z. B. Jugendschristen, Schul bücher usw. Ohne Übertreibung muß die Lage der amerikanischen Ver leger als äußerst schwierig bezeichnet werden. Das Verhalten des riesigen Lesepublikums dem Bücherkauf gegenüber ist vom Verhalten des europäischen Publikums dermaßen verschieden, wie es sich der europäische Verleger kaum vorstellen kann. Der' Kauf und das Lesen eines Buches ist bei uns natürliches Be dürfnis, wogegen dies in Amerika als eine mehr oder minder angenehme oder unangenehme Pflicht empfunden wird, der man sich bloß aus Prestigerücksichtcn unterwirft, oder um es dem Europäer gleich zu tun; ansonsten ist cs aber einfacher und prak tischer, sich in eine öffentliche Bibliothek cinschreiben zu lassen, von wo man mühe- und kostenfrei ein jedes beliebige Buch nach Hause nehmen kann. Oder aber, was noch einfacher ist, man kauft sich sein tägliches Lesefutter in der Form eines der hun derterlei Magazine, die zu 5, 10 oder 15 Cents zu haben sind. Dies tut auch so ziemlich ein jeder Amerikaner. Nur so ist es verständlich, daß der Durchschnittscrfolg eines Buches in Amerika, ich betone: der Erfolg, zwischen 20—30 000 Exemplaren schwankt und cs jährlich nur etwa 3—4 Bücher sind, die einen Absatz bis zu 200 000 Exemplaren erreichen. Auslagen von 100 000 Exemplaren gehören schon zu den großen Erfolgen. Um aber diese Auflagen zu erreichen, muß für jedes einzelne Werk eine eigene Reklame gemacht werden, deren Kosten sehr oft die Herstellungskosten überschreiten. Darin ist der Grund zu suchen, warum das Herausgeben oder Nicht-Herausgeben eines Werkes in Amerika ein viel größeres Problem ist und mehr Um sicht erfordert als bei uns in Europa. Die herrschende Auffassung geht dahin, daß es verfrüht ist, für ein Buch Propaganda zu machen, solange nicht die Kritik ihre günstige Meinung geäußert hat und es damit fcststeht, ob das Buch Aussichten auf Erfolg hat. Hier muß bemerkt werden, daß im Leben, Erfolg oder Miß erfolg eines Buches die Kritik nirgends eine annähernd solch' entscheidende Rolle spielt wie in Amerika. Stellt die Kritik von einem Buche fest, daß es gut ist, so ist der Erfolg zwar noch nicht sicher, stellt sie aber fest, es sei schlecht, so ist der Mißerfolg unver meidlich, schon deshalb, weil der Verleger dann nicht einmal versucht, das Buch zu verkaufen. Sein Schicksal ist entschieden. Es gerät in die Hände der kleinen Antiauare in Downtown, wo es zu 50 und 75 Cents, d. h. zu einem Fünftel des Ladenpreises feilgehalten wird. Bei den großen Erfolgen spielen in Amerika die Buch klubs die entscheidende Rolle. Allen voran steht der ooob ok tbsI4ontbOIub. Anfangs schien mir seine Rolle ganz unbe greiflich. In Europa wäre es ganz undenkbar, daß eine intellek tuelle Gruppe, bestehend aus 85—70 000 Personen, die Auswahl ihrer Lektüre einem Ausschuß von fünf Mitgliedern anvertraut und sich dem Beschluß dieses Ausschusses ohne Debatte oder Widerspruch unterwirft. Es kann ohne Übertreibung behauptet werden, daß ohne den üoob ok tks bloutb Lind oder die ihm an Bedeutung allein nahekommende biterarx Ouilck ein richtiger Bucherfolg undenkbar ist. Ausgangspunkt dieser Klubs ist die Annahme, der Ameri kaner sei derartig beschäftigt, daß es ihm an Zeit gebricht, aus der Unzahl neu erscheinender Bücher diejenigen herauszusuchen, die ihn wirklich interessieren und die solchen Wert besitzen, daß sie einem jeden Leser vertraut sein müssen. Um diese Auswahl 4202 richtig zu treffen, ist es eben nötig, eine eigens sich mit dieser Auswahl befassende Gesellschaft zu gründen, an deren Spitze die fünf bedeutendsten literarischen Kritiker Amerikas stehen. Die meisten Verleger reichen die bei ihnen erscheinenden Werke noch in Korrekturbogen bei diesem Ausschuß ein. Das Ganze hat den Schein eines literarischen Wettbewerbes, wobei das beste Buch dann damit belohnt wird, daß es durch den Klub an seine wohl organisierte Masse von 65—70 000 Mitgliedern zum Ladenpreis verkauft wird. Dies bedeutet jedoch für das Buch, dessen Ver leger und Verfasser nicht bloß den Verkauf von 65—70 000 Exemplaren, sondern die Wahl bietet dem Verleger die Möglich keit zu einer Propaganda, die meistens den Absatz von etwa 150 000 Exemplaren innerhalb eines halben Jahres gewähr leistet. Es finden unerhörte Anstrengungen seitens der Verleger statt, um die Leitung des Bücherabsatzes aus den Händen der lite rarischen Klubs, deren Anzahl sich heute auf etwa 100 beläuft, in ihre Hände zu bekommen. Nachdem aber ein großer Teil der Verlagsanstalten nach 1920 entstanden ist und die Zahl der Ver leger in den letzten acht Jahren sich versechsfachte, konnte der Buchhandel und die Buchpropaganda mit dieser rapiden Ent wickelung nicht Schritt halten. Die Absatzmöglichkeiten nehmen zwar von Jahr zu Jahr zu, die große Menge der Bücher hat aber noch nicht die nötigen Wege zum Publikum gesunden. Jedenfalls st ehtderBücherabsatzinauffallen- dem Mißverhältnis zu der Zahl, der Kaufkraft und dem geistigen Niveau des amerikanischen Publikums. Das Problem besteht eben darin, die Erzeugung einer großangelegten Verlagstätigkeit einem 100 Millionen- Volk zugänglich zu machen. In Anbetracht der hochentwickelten Organisationsfähigkeit des amerikanischen Geschäftslebens kann die Lösung dieses Problems nur eine Frage der Zeit sein. Buchhandlungen im europäischen Sinne gibt es, von eini gen Ausnahmen abgesehen, sehr wenig. Die Verleger vertreiben ihre Ware teils durch sogenannte Mail Order-Häuser (die etwa den deutschen Bersandbuchhandlungen gleichkommen), teils durch Warenhäuser oder etliche Tausend Drug Stores und nur zu sehr geringem Teil durch richtige Buchhandlungen. Ein jeder Verleger unterhält eine bedeutende Organisation von Agen ten zum Besuch der Wiederverkäufer. Die Bücherpropaganda verfügt übrigens in Amerika über drei Hilfsorganisationen, wie sie in diesem Maßstabe kaum ein anderes Land besitzt. Die erste ist di« Public Library. Die öffentlichen Bibliotheken verbreiten in Millionen von Exemplaren Flug schriften, Bücherlisten und sonstiges zum Lesen anregendes Material. Die andere Organisation ist die öffentliche Er ziehung. Das amerikanische Publikum steht auch nach der Schulentlassung mit den verschiedensten Unterrichtsanstaltcn in Verbindung und besucht fleißig nach der Tagesarbeit Spezialkurse und Ferienkurse. Insgesamt rechnet man für sämtliche Unterrichts anstalten mit etwa 40 000 000 Schülern, das bedeutet 40?L der Gesamtbevölkerung, eine Zahl, die selbst in Deutschland Achtung einflößen muß. Alle Kurse, Vorträge usw. verbreiten sorgfältig zusammengestellte Bücherlisten, die zum weiteren Lesen anrcgen. Die dritte Organisation ist die Presse. Die Bücherpropa ganda der Presse muß in Europa bei den Verlegern Neid er regen. Die großen Blätter veröffentlichen an jedem Sonntag eine eigene Book Review-Beilage, die z. B. in den NewHorkTimes48 Seiten von großem Format ausmacht und ausgezeichnete Besprechungen, eine systematisch geordnete Bibliographie der Wochenproduktion und selbstredend Anzeigen enthält. Auch fremden Literaturen wird ausgiebiger Raum ge widmet, nicht nur den großen Literaturen, wie z. B. der deut schen, sondern auch den kleineren, wie z. B. der ungarischen. Auf diese Weise sind wöchentlich viele Millionen Exemplare von be deutenden Zeitschriften für die Bücherkultur des Publikums tätig. Es wäre unbegreiflich, wenn eine solche Propaganda ohne Erfolg bliebe.
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