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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.11.1929
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1929-11-23
- Erscheinungsdatum
- 23.11.1929
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- Deutsch
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X« 27l, 23. November 1929. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d.Dtschn. Buchhandel. und Zeitschriftcn-Gesellschaft m. b. H., sodann um die Vereini gung der Bremer Lesezirkel, die beide sowohl eine Entlastung des ortsansässigen Buchhandels wie auch eine Verstärkung der gemeinsamen Interessen zeitigten. Die Nachkriegszeit aber stellte dann wieder ganz besondere neue Anforderungen an die Leitung des Vereins und dankbar ist auch hierbei die rastlose Arbeit des Vorsitzenden anzucrkenncn. Immer stand er in erster Linie, wenn es galt, den Wünschen des Sortiments Geltung zu ver schaffen. Was aber dem Namen des bremischen Buchhandels ganz be sonderen Klang weit über die Mauern der Stadt, fa selbst unse res Vaterlandes hinaus gegeben hat, ist eine ureigenste Ange legenheit der Persönlichkeit Wilhelm Hermanns, geboren aus dem Überfluß feines warmen, menschlich mitfühlenden Herzens: die Gründung der B u ch h ä nd l e r - S te r b e ka s se, die heute in ganz Deutschland und auch bei den deutschen Buchhändlern im Auslande festen Fuß gefaßt hat. Sic übcrivand nicht nur die Geldentwertungszcit, sondern sie verfügt heute schon wieder über Rücklagen von etwa RM. 120 000.—. Hier ist natürlich auch der Name des Herrn Otto in Delmenhorst zu nennen, der feine Kräfte für die gute Sache zur Verfügung stellte. Neben dieser Einrichtung steht dann die andere Gründung Wilhelm Her manns: die Untcrstützun-gskasfe der Bremer Buchhändler, deren Vermögen durch die Entwertung zwar restlos geschwunden war, die aber heute ebenfalls schon wieder über einen Grundstock ver fügt und in den letzte» Jahren manch dringende Not gelindert hat. Mein Gästebuch. Allerlei Erinnerungen von Oskar Hcllmann, Glogan. Dem viel-geplagten Sortimenter droht leicht die Gefahr, im Wust der täglichen Kleinarbeit sich zu verlieren. Eine reichliche Dosis Optimismus und Idealismus lvar uns schon von jeher nötig im Kampfe mit den Tücken -des Alltages. Aber ich habe es immer wieder als die Lichtseite unseres Berufes empfunden und als die beste Paimzee, daß er uns täglich einlädt, in »das Reich des Schönen zu flüchten und mit den Geistesgrößen aller Zeiten und Völker Zwiesprache zu halten. Dieser geistige Verkehr — soweit ihn die karg bemessene Zeit-des Sortimenters zuläßt — Hat mir, wie einst Antaeus die Berührung mit der Erde, immer wieder neue Kraft und Frische gegeben. Der Beruf des Buchhändlers vermittelt aber auch viele per sönliche Beziehungen zu bedeutenden Vertretern geistiger und künstlerischer Kultur — selbst in der Kleinstadt. Denn in den letzten Jahren ist es mehr und mehr in Übung gekommen, daß nicht nur Sänger, Musiker, Vortragskünstler und Gelehrte auf Vortragsreisen gehen, sondern auch Dichter von Ruf, die früher solche Veranstaltungen für sich ablehntcn. Zu denen, die heute noch eine unüberwindliche Abneigung vor dem Vortragstischc haben, gehört Hermann Hesse, der schwäbische Dichter, der bekanntlich eine Zeit lang auch dem Buchhandel angehört hat. In feinem lieben Büchlein »Die Nürnberger Reise» weiß er gar kurzweilig -davon zu plaudern: »Für einen Schriftsteller, einen stillen, wenig reisenden Dorfbewohner und Studierzimmcr- menschen, ist der Gedanke, daß er am zwölften des übernächsten Monats unweigerlich in dieser oder jener Stadt vorzulesen habe, unter Umständen grauenhaft. Wie leicht kann man um diese Zeit gerade krank sein! Wie leicht kann es sein, daß gerade dann günstige Arbeitszeiten sind, daß die gute Stunde da ist, auf die man oft so lange vergeblich wartet — und dann soll man, mitten in der besten Arbeit, für Tage alles weglegcn, soll Koffer packen, Fahrpläne studieren, soll reisen, in fremden Städten in Hotel- bcttdn schlafen und vor fremden Menschen seine Gedichte vor lesen, Gedichte, zu denen man im Augenblick vielleicht gar kein Verhältnis mehr hat, die einem erledigt und dumm Vorkommen! Und so hat der Dichter es oft recht widerlich zu büßen, wenn er durch Eitelkeit, Gewinnsucht »der Reiselust sich zu einer Vor lesung hat verlocken lassen». 1228 Trotz solcher, gewiß nicht von "der Hand zu Iveisender Er wägungen ist aber die Zahl der Dichter, die gern selbst aus ihren Werken vorlesen, doch recht erheblich. Wie die Rhapsoden des Altertums, wie die Fahrenden Sänger des Mittelalters ziehen sie nun, wenn der Winter -naht, hinaus ins Land, um selbst auS ihren Werken vorzutragen, lind solche Abende wirten befruch tend auf das geistige Leben namentlich der kleinen Städte: Dichter, die dort bisher vielen nur -dem Namen nach bekannt waren, stehen Plötzlich im Mittelpunkt des Interesses, ihre Werke werden gekauft — der Backfisch bittet sich -dazu das Autogramm des Dichters aus -—, und ein eindrucksvoller Vortragsabend wirkt noch lange Zeit nach. Vom Podium aus betrachtet der Dichter sein Publikum; ehr fürchtig schaut die Menge hinauf zu dem dort oben einsam Thro nenden. Wer -der Buchhändler, der «den Abend veranstaltet, hat den -Vorzug, -dem Dichter näher zu treten und ivird für die ge habte Sorge und Mühe meist reich belohnt. Ich habe es nur als ganz seltene Ausnahme kennengclernt, daß ein Dichter oder Künstler unnahbar war; die große Mehrzahl ist erfreut, wenn man -ihnen nach dem Konzert oder Vortrag noch ein — oder mehrere Stündchen widmet. So sagte Hermann Mucker- m a n n, -der Biologe, mir einst bei solcher Gelegenheit, wie wohltuend er -es empfände, nach -seinem Vorträge nicht einsam im tristen Hotelzimmer sitzen zu müssen. Und ich selbst verdanke solchem Beisammensein beim Glase Wein im kleinsten, ausge wählten Kreise viele schöne und anregende Stunden. In der Nachkriegszeit war es ein paar Winter hindurch üblich, daß die auswärtigen Gäste neben dein Honorar freie Wohnung und Verpflegung erhielten. Da war cs am einfachsten und am billigsten, das Gaststübchen ständig bereit zu halten; und die Mehrarbeit, die der Hausfrau erwuchs, wurde reichlich aus gewogen. Denn nun hatte man erst rechte Muße, sich menschlich näherzutreten und kennen zu lernen. -Schließlich wurde -der flüchtige -Besuch -dauernd festgehalten — im Gästebuch. »Gar oft in m-itternächt'gcr Stunde Saß ich in angeregter Runde Nach -dem Konzert an Hellmanus Tisch. Und ist ein jeder still beglückt, Dann — wird -das Gästebuch gezückt! Und was da siedelt und klaviert, Und mit Gesang die Luft verziert, Muß — einer in -des andern Tapfen — Um Mitternacht noch Geist verzapfen. Ich blättere in meinem Buche und sehe manche lieben Schat ten auftauchen. Eine lange Reihe wohlbekannter Gestalten zieht in der Erinnerung -an mir vorüber. In weiter Ferne sehe ich die kleine, behäbige Figur von Otto Ernst, angetan mit einem ordenbesäten Frack, den -der Dichter nach -der Vorlesung noch durch mehrere Lokale führte, die Blicke der staunenden Gäste auf sich lenkend. Ans dein kurzen Beisammensein entspann sich ein literarischer Briefwechsel, der jahrelang anhielt. — PaulKeller, der so oft schon in Glogau und auch bei mir weilte, vermisse ich noch im Gästebuch; mein lebhaftes Interesse hatten schon die ersten Arbeiten des jungen Breslauer Lehrers erweckt, -der oft den dämmrigen Buchladen auf der Naschmarktseite betrat, in -dem -ich meine ganze zehn jährige Gehilsenzeit verbracht habe. — Dagegen ist Kellers schle sischer Landsmann und ehemaliger Berufskollege Hermann Stehr mehrfach im Gästebuch vertreten. Besonders gern ge denke ich der glanzvollen Feier -seines sechzigsten Geburtstages in unserem festlichen »Weißen Saale», bei der das Pozniak-Trio mitwirkte und -des Dichters Lieblingskompositionen -spielte. Ein geistvoller Vorspruch von Elisabet Goethe, von der heimischen Dichterin selbst vorgetragen, leitete sein von Mozart zu Stehr hinüber. Und -dann kam zu Haus die anregende Nachfeier, bei der I w a n v. I es c n s k y, der Cellist des Trios, »H. Stehr bei schönen Damen» mit dem Zeichenstift festhielt —, wie cs bald darauf in der Schlesischen Theater- und Musikwoche zu sehen war. Selbst der Manager des Abends mußte sich's gefallen
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