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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.11.1929
- Strukturtyp
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- 1929-11-23
- Erscheinungsdatum
- 23.11.1929
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- Deutsch
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X: 271, 23. November 1929. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. b.Dtschn.Buchhavbel. lasten, nachts nm die zweite Stunde in angeregter Unterhaltung karikiert zu werden. — An Karl Sohle, den liebenswerten Alten, knüpft sich heiteres Erinnern. Mein erster SöhleabeNd fiel nämlich in ldie Hochblüte t»cr Inflation; Honorar in bar wäre schon währendider Heimreise wertlos geworden. Da ver einbarten wir Zahlung in Naturalien, Äie bald des Dichters Koffer füllten. Auch von der Spritztour nach bem benachbarten Fraustadt kamen wir mit Wurst und Schinken beladen heim, und das hiesige Knabenkonvikt lohnte eine Vorlesung mit einem Riesenbeutel Zucker. Schließlich blieb km Koffer kein Platz mehr für den Vortragsanzug. Aber Karl Sohle wußte Rat: zwei Westen, zivei Röcke waren rasch übereinander gezogen, und er heblich ruüdcr als er gekommen war, fuhr der Dichter heim gen Elbflorenz, erfüllt von dem Gedanken: »Wie Wird sich meine Frau freuen!« Es würde zu weit führen, all die freund lichen Erinnerungen aufzuzählen, die sich an die Namen Friedrich Castelle und Ludwig Finckh, an Hans Christoph Kaergel und Franz Herwig, an Josef Plaut, Herbert Neustadt und andere knüpfen. Aber einige Eintragungen ins Gästebuch will ich wenigstens festhalten: «Unser Glück und unser Leid sind unser Werk« schrieb Hermann Stehr :bei seinem ersten Besuche im Jahre 1921. Im Gegensatz dazu sagt Ludwig Finckh fast fatalistisch: »Alles kommt, wie es kommen muß, blind und nicht blind. Nach stummen Gesetzen fließt der Fluß und weht der Wind. Alles erfüllt sich bis zum Schluß . . . - Hans Zuchhold, der überaus feine Lyriker, dessen drei Gedichtbände — »Frau Sehnsucht«, »Vor den Toren der seligen Gärten«, »Drei Kränze« — verlegt zu haben, mir eine FreNde ist, schrieb die schönen, von tiefer Innerlichkeit erfüllten Worte: '»Du mußt die Augen schließen, dann findest du ins Licht.« Kraftvolle Worte spendete Friedrich Castelle, der lebensfrohe, oft und gern gesehene Gast unseres Hauses: »Ein bißchen Freude Das tut so gut! Ein bißchen Sonne im trägen Blut! Daß das Auge glüht Und die Kraft Widder sprüht! « Hans Christoph Kaergel, mit jeder Faser in seiner schlesischen Heimat verwurzelt, schrieb: »Eine Mutter, die uns durch keinen Tod genommen werden kann, bleibt die Heimat«; und ähnlich der Historiker Professor Paul Knötel: »Kunst und Heimat verbinden die Seelen«. Ein anderer Vertreter der Wissenschaft, Geheimrnt Ludwig Heck, der Direktor des Berliner Zoologischen Gartens, trug nach einem fesselnden Vortrage über !die Menschenaffen ein: »Durch meine Affen kam ich hier zu Menschen, die ich in dauernder hochachtungsvoller und dankbarer Er innerung behalten werde«. Zahlreicher als die Dichter, Gelehrten und Vortragskünstler sind die Musiker im Gästebuch vertreten: so die Dirigenten Prof. I. G. Mracze k, Generalmusikdirektor Ed u a rd M ö r i k e, des Dichters Großneffe; dann viele Sterne lder Breslauer, Dresdner und Berliner Oper; ferner Max Auerbach, der fein« Pianist, und der Konzcrtsängcr H a n s H i c l s ch e r, der an zwei Abenden Balladen von Carl Löwe prächtig vortrug; auch der Lauten sänger Robert Kothe und viele andere. Sven Scho lar d e r, :der hier immer gern gesehene alte Troubadour, dessen Abschiedsabend wir eben vergnügt feierten, fehlt leider in meinem Buche. Auch bei lden Musikern kommt mir so manches heitere Er lebnis wieder lebhaft ins Gedächtnis. So denke ich an das erste Konzert 'des Geigenvirtuosen Florizel von Reuter, bei dem es so spät wurde, daß der Künstler im Frack zu Bett ging. Und wie hübsch war cs doch, beim Exkurs nach der Rebcnstadt Grünberg mit dem damals Breslauer Hcldentcnor PaulHoch - heim, als der Wirt des Konzertlokales, gerührt vom Bortrag der Gralserzählung, seinen Dank mit einer Flasche besten Grün- berger Weines abstattete. Ismpi passatl! — Heut erlauben es die wirtschaftlichen Ver hältnisse nur noch im bescheidensten Maße, Konzerte oder Dichter abende zu veranstalten. Jedenfalls ist nicht nichr zu befürchten, daß die Polizei gerufen tverden muß, um den Andrang des Publikums abzuwehren, wie es bei den meisten meiner sechs Abende der Dresdener Philharmonie war. Doch halt — ich ivill die Gegenwart nicht schelten; ich hab's ja erst am Schluß des vorigen Winters erlebt, daß der größte Saal nicht ausreichte ... freilich — auch ein Zeichen der Zeit — beim Jazz auf vier Flügeln. Der Inkunabel-Diebstahl in der Stadt bibliothek Frankfurt a. M. Ein lehrreicher Fall für Antiquare. Von Professor vr. Richard O e h l e r. Wie hier schon kurz mitqeteilt, wurde der Privatgelehrte bzw. Archivar vr. Kogler aus Graz am 11. Oktober wegen fortgesetzten Fnkunabeldiebstahls in der Stadtbibliothek Frankfurt a. M. zu drei Fahren schwerem Kerker verurteilt. Cs interessiert hier nicht, das; Di-. Kogler auf Grund gewichtiger Empfehlungen Zutritt zu den Magazinen der Stadtbibliothek er hielt: ebensowenig die Frage, wie er es fertig gebracht hat, während einer Dauer von etwa 1^ Fahren 222 Inkunabeln und alte Drucke in 137 Bnchbinderbänden, ohne das; es bemerkt wurde, ans der Stadt- bibliothek zu entfernen. Das ist an anderer Stelle ausführlich dar gelegt worden. Hier ist vor allen Dingen die Tatsache interessant, daß vr. Kogler mit fachmännischer Kenntnis und großem Geschick alle Spuren zu verwischen versucht hat, die irgendwie einen Hin weis ans die Herkunft ans der Stadtbibliothek Frankfurt a. M. geben konnten. Seine »Bearbeitung« der Inkunabeln ist für der artig raffinierte, ich möchte sagen, fachmännische Diebstähle typisch und soll daher im einzelnen mitgeteilt werden. An der Stelle, wo Dr. Kogler einen Band heransgenomwen hatte, rückte er die rechts und links stehenden Bände zusammen, sodaß die Lücke wegsiel und nicht anffallen konnte. Nebenbei bemerkt: die Fnkunabeln der Stadtbibliothek stehen nicht in einem Raum für sich, sondern verstreut unter der halben Million Bücher, da, wo sie ihrem Fnhalt nach hingehören. Vv. Kogler hat, wie er bei der Ge richtsverhandlung selbst gestand, an einsamen, versteckten Stellen im Magazin selbst die .Herrichtung der Fnkunabeln für seine Zwecke vorgenommen. So hat er zunächst alle Bibliotheks- oder sonstigen Herkunftsstempel durch Radieren oder mit Hilfe chemischer Mittel beseitigt: desgleichen handschriftliche Eigentumsvermerke oder selbst charakteristische Eintragungen, die ans die Herkunft aus der Stadt bibliothek Hinweisen konnten. Er hat dabei offenbar Blatt für Blatt umgewendet: denn er radierte sogar, soweit sie vorhanden waren, Bleistiftzahlen weg. Mit Vorliebe hat er ferner die Vorsatzblätter entfernt und mit ihnen zumeist ans ihnen vorhandene alte Eigen- tnmsvermerke. Die Bände wurden von ihm abgewaschen und dabei die Etiketten mit den Signaturen abgelöst. Vielfach ließ er schad hafte Einbände reparieren oder gar die Fnkunabeln ganz neu ein binden. Das letztere tat er insonderheit in den Fällen, wenn er Sammelbände von Inkunabeln i» ihre einzelnen Stücke zerlegt hatte, um sie so gesondert zu verkaufen. Es versteht sich, daß bei einer derartig gründlichen Bereinigung der Inkunabeln es für den Ankäufer außerordentlich schwer war, einen Verdacht zu schöpfen, daß sie auf unrechtmäßige Weise erworben seien. Zu bedenken ist dabei auch, daß es sich nm einen anerkannten Gelehrten handelte, der immer den Eindruck eines ernsten mit ansgebreiteter Sach kenntnis ausgerüsteten Forschers machte. Wie kam cs nun unter diesen schwierigen Verhältnissen über haupt zu einer Entdeckung? Sie ist nicht etwa von der Stadtbiblio thek selbst ausgcgangen. Auch das ist wieder begreiflich: denn unter einer halben Million Bände kann das Fehlen von 200 alten Drucken jahrelang verborgen bleiben, wenn sie, wie das ja bei Inkunabeln 1227
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