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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.02.1922
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- 1922-02-06
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- 06.02.1922
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Sdrjeavlatt f. d. Dtschn. vuchhand«!. Redaktioneller Teil. 31, 8, Februar 1S2L, dumpfen Arbeitsräumen, Kommt hier noch dazu Las Bewußl- sein der Unsicherheit der wirtschaftlichen Lage (wie es früher häufig der Fall war), der großen sozialen Gegensätze, der Hei matlosigkeit, der ungenügenden Wohnungsverhältntsse usw,, so ist es klar, daß im Arbeiterleben durch die Unzusriedenheit (ob berechtigt oder unberechtigt, bleibt hier gleich) immer eine geistige Anspannung, ein Streben nach wirtschaftlicher und sozia ler Verbesserung, ein reger Sinn für politische Betätigung vor handen sein wird. Was die freie Zeit betrifft, so kommen für den Bauer hauptsächlich die Wintermonale in Betracht, Kein Berus hat eine so natürliche, ausgedehnte arbeitsleichtere Zeit wie der Bauer, der freilich in anderen Monaten sich über Gebühr an- strcngen muß. Die schönen Wintermonate, wie viele lassen sie yingehen ohne jeden geistigen Gewinn! — Ich kenne aber auch Bauern, die wirtschaftlich (in ihrem Musterbetrieb), genossen schaftlich und politisch viel tätig sind — die haben tatsächlich wenig Zeit, abgesehen von Zeitungen, Bücher zu lesen, 4, Auf dem Land kein geschäftlicher Wettbe werb! Zwar treiben alle so ziemlich das Gleiche, aber keiner steht dem andern im Wege, Jeder kann verkaufen; der Nutzen des einen ist nicht der Schaden des andern. Daher auch wenig selbsttätiges Vorwärtsschreiten im Wirtschaftlichen, Immer mußte gedrängt, angespornt werden; immer wurden Preise aus gesetzt, Zuschüsse gegeben, — Im städtischen Gewerbe, wie muß man hier stets lauern auf günstiges Einkäufen, auf das Heran ziehen neuer Kunden usw,! Stillstand ist hier Rückschritt, 5. Für die Dienenden aus dem Lande und für die nachgeborenen Kinder der Bauern gibt es wenig Möglich keit der Selb ständig m achung, kein Aufsteigen, Wenn ich meinen jungen Leuten in Aussicht stellen könnte, daß sie mit 25 Jahren sich ein kleines Gut erwerben, heiraten könnten — was wäre das für ein Antrieb zum Lernen, zum Sparen, zu sitt licher Selbstbeherrschung! Es ist noch immer wie 1858, wo ge sagt wurde: »Machen Sie die Tore der Hölle aus und zeigen Pie de» Leuten ein kleines Besitztum und den Erlaubnisschein zum Heiraten, so rennen sie in dichten Scharen hinein,« — Aber immer dienen, immer in Abhängigkeit! Der Aufstieg, soweit davon die Rede sein kann, vollzieht sich nach dem Alter und dem Tarif, nicht nach dem größeren Fleiß und der größeren Ge schicklichkeit, — Ein Mensch ohne lockendes Ziel wird nie seine ganz? Kraft ausnützen, nie bereit sein zu großen Opfern, K, Beim eigentlichen Bauernstand spürt man keine Lebensnotl Während die Frau in der Stadt sich während des Krieges stundenlang anstellen mußte, während sie immer noch in Sorge ist, wie sie das zum Leben Notwendige für die Familie bei immer steigenden Preisen herbeischafsen kann, ist auf dem Lande alles da, was man zum täglichen Leben braucht. Aus dieser Lebenssattheit heraus kommt dem Bauern leicht die überaus falsche Meinung: er brauche niemanden. In der Stadt ist man immer aus andere angewiesen, man mutz mit ihnen Zusammenarbeiten, Der Bauer genügt, wie er glaubt, sich selbst; er hat alles; zu ihm müssen sie kommen, die Hungerleider, die Fretter; und sie sind auch gekommen. Das mutz man vollständig ausdenken und aussühlen, die ses Selbstbewußtsein, diesen Stolz — dann wird man den Bauern in etwas verstehen. Er ist lebenssatt; er hat keinen Hunger im körperlichen Sinn, das macht ihn auch satt im geistigen. D - - ^ 77?^ «M> »Herr, laß mich hungem dann und wann, Satt sein macht stumpf und träge, Und schick mir Feinde, Mann um Mann, Kampf hält die Kräfte rege!« (G, Falke.) Man kann hier cinwenden, der Bauer habe auch zu kämpfen und zu ringen. Ja, aber anders als der Städter, der Arbeiter: Dieser ringt mit widrigen Zuständen, die zum guten Teil die Menschen begründet haben, die er also viel fach verbessern, ändern kann durch seine Anstrengungen, durch Zusammenhalte»; der Bauer ringt mit den Widrigkeiten der! Natur, gegen die er sich wohl etwas sichern kann tschlechte Wil lst rerung, Vieykrankyeiten usw,), die er aber nicht von Grund aus anders machen kann; darum heißt es, sich bescheiden. Der Ar beiter känipst und drängt nach vorwärts und aufwärts, der Bauer, wie es jetzt ist, höchstens um den Bestand, 7. Aus dem Lande haben wir keine solche kr äste- sammelnde Vereinigung, wie sie in der Ge- werkschaflsbewegung liegt. Das ist Wohl mit eine Folge des vorhergehenden Punktes. — In fest zusammengeschlos senen Verbänden, Gewetkschaften, Parteien werden den Mitglie dern die inneren Absichten und Triebe bewußt, gewinnen Gestalt und Macht durch die Menge, während der Einzelne nichts ist, »Man muß nur einmal beobachten, von welchem Hochgefühl auch der gedrückteste Proletarier ersüllt ist, wenn er an einer Massen versammlung oder einem Umzug teilnimmt; welche Geldopser auch der schlechtestbezahlte Arbeiter für seine Parteiprcsse und Gewerkschaftskasse bringt. Die sittlichen Grundsätze und geistigen Interessen der Arbeiterschaft sind auf dem Boden der Klassen gemeinschaft erwachsen«, sagt Oskar Planck (»Das Bildungsideal der Volkshochschule«), — Die Gcnossenschasten, die für die Zu kunft des Bauernstandes unendlich viel bedeuten, sinden immer noch nicht, wie das Vereinswesen, das rechte Verständnis und die erforderliche Mitarbeit. 8, Kurz sei noch hingewiesen auf die Verschiedenheit des Lebens in Stadt und Land: In der Stadt ist das tägliche Leben selbst eine Schule mit reichlichem Anschau ungsunterricht bei jedem Gang über die Straße, mit einem ge wissen Bildungszwang, mit einer Unmenge von Bildungsmit teln und Bildungsmöglichkeiten; — auf dem Lande herrscht in dieser Beziehung Ode; da ist nichts los, umsomehr, als das Familienleben gegen früher so arm an geistbtldender und herz erquickender Überlieferung und Unterhaltung geworden ist. Ich fasse zusammen: in der Stadt die vielen Menschen, die Eile, die Hast, die Pünktlichkeit, die ständige Sorge, Hunger, Un zusriedenheit, Vorwärtsdrängen, Wettbewerb, immer Neues — daher auch reges geistiges Leben; nur darf man nicht verschwei gen, daß viele, viele sich begnügen mit Befriedigung der Neu gierde, mit der Erregung, die das Kino, der ganz minderwertige Roman usw, bieten — das hat mit Bildung im höheren Sinn nichts zu tun. Aus dem Land die wenigen Menschen, immer das Gleiche, die Arbeit nach dem Gang der Natur, der sich nicht beschleunigen läßt, Ruhe, Sattheit — das Leben geht hier einen ganz anderen Gang, Ist es da ein Wunder, wenn da wenig geistiges Le be n zu finden ist, dafür oft eine argeLässigkeit, Gleich gültigkeit, Interesselosigkeit? Schuld daran sind zum größten Teil die Verhältnisse, zum wenigsten — um milde zu urteilen — der Bauer selbst. Aber manche der Zustände lägen doch in seiner Hand, Da könnte er bessern und muß er bessern. Wenn man es vereinigen könnte: das Beharrende im Bauernlcben mit einem gewissen Vorwärtsstreben! Ich meine das so, wie Jeremias Gotthels im »Bauecnspiegel« sich aus spricht: »Der Mangel an Rührsamkeit und Selbstbestimmung, das Stehenbleiben aus dem Punkte, auf dem man zu stehen ge kommen, dann aber auch die Klugheit, Anschlägigkeit, Ausdauer auf diesem Punkt, der ein Grundton im Charakter des Berner- Volkes ist, kann in einem Volk, dessen Glieder geistig geläutert und gekräftigt werden, der Grundpfeiler eines soliden Glückes werden.« Wie kann man nun trotz der meist nicht zu beseitigenden Hindernisse das geistige Leben auf dem Lande kräftigen? Man beginne bei der Jugend — an den Alteren ist nichts mehr zu bessern, da lasse mau alle Hoffnung fahren — und gehe von der Berufskunde aus. Das ist die Grund lage aller Bildung, da ist der Mensch am leichtesten zu packen und weiterzuführen. Es ist zu trachten, möglichst viele Bauern jungen und Bauernmädels in landwirtschaftliche Schulen und in Haushaltungsschulen zu bringen. Die müssen wir dann weitcr- führen! Was wäre Wohl viel damit geholfen, wenn wir dir jungen Bauern zu Gewinmmenschen, zu guten Rechnern und Wirtschaftern machen und dabei das Geistige, Sittliche bei ihrer Bildung vernachlässigen würden! — Neulich hat jemand einem Bauern geraten, er solle doch seinen Jungen in die landwirt«
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