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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.03.1922
- Strukturtyp
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- 1922-03-25
- Erscheinungsdatum
- 25.03.1922
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- Deutsch
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«edaktioneller Teil. 72. 22. März 1222. Voller Trübnis über dieses bedauernswerte Schicksal des Buchhandels schlief ich ein und hatte einen wunderbaren Traum. Mir träumte, daß eines schönen Tages in Leipzig unter dem Vorsitz unseres unermüdlichen vr. M. wir alle, die Unentwegten von beiden Fakultäten, die Vertreter der 1001 neugegründeten Arbeitsgemeinschaften und auch die nun schon in ihre Atome wieder zerfallenen Kulturellen im lieben, von Kompromiß-Bazil len verseuchten Lokal recht friedlich beisammen saßen. Wir hatten nämlich beschlossen, uns einmal nicht zu streiten, weder über Sor- timenter-Teuerungszuschläge noch über Kurialabstimmung, und wie die schönen Dinge sonst alle heißen. Wir hatten auch beschlossen, nicht viel zu reden, sondern wir wollten eine Tat tun. Mir träumte, wir wären im Himmel des Buchhandels, so schön und friedlich war unsere Stimmung. Da sagte einer: wir wollen doch einmal sehen, ob wir unsere wirtschaftlichen Nöte nicht alle auf einmal beseitigen könnten, wir Verleger, wir Sortimenter, wir Kommissionäre und wes Stammes wir alle sind. Da wollte schon ein anderer aufspringen und in längerer Rede begründen, daß dies einfach unmöglich sei. Aber mit Energie schnitt ihm unser Vorsitzender das Wort ab und sagte: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Seid einig, einig, einig! Das war eine erfreu lich kurze Rede und doch so inhaltsschwer, daß wir alle sie uns recht zu Herzen nahmen. Darauf sagte ein Projektemacher: Kön nen wir im Buchhandel nicht zur Goldwährung zurückkehren und unsere Preise, die Ladenpreise und die Nettopreise einfach, wie es vor dem Kriege so schön war, wieder in Goldmarkpreisen fest- setzen? Dann könnte uns doch eigentlich der Swinegel Geld entwertung gar nichts mehr anhaben. Wir sahen uns alle ganz verdutzt an, ob solcher völlig aus dem Rahmen der übrigen Wirt schaft herausfallender Gedanken. Da sprach ein Verleger: Das ginge schon mit einigem guten Willen zu machen, für unsere alten Bestände wissen wir ja die seligen Goldmarkpreise noch, auch sind sie in unserer Bibliographie bis 1818 ganz sauber registriert. Für die seit 1918 hergestellten Bücher müßte sowieso schon einmal eine einheitliche Preisregulierung geschaffen werden, denn sie stehen in unserer Bibliographie mit Preisen, die schon längst keine Vergleichszahlen mehr bedeuten. Je nach dem Alter der Produk tion haben wir Verleger inzwischen die buntscheckigsten Teuerungs zuschläge eingeführt oder in der verschiedensten Art ziffernmäßig unsere Preise erhöht. Was hat uns das schon für Arbeit und Kosten an neuen Verlagskatalogen und Inseraten verursacht! Diese kostspielige Preisschweinerei — Entschuldigung, ich träumte ja nur — sollte längst schon beseitigt werden. Wir projizieren einsach einmal alle diese im verschiedensten Stadium der Geld entwertung entstandenen Preise auf einheitliche Friedens-Gold- markpreise. Das ist zwar eine furchtbare Arbeit, aber wenn wir sie alle einmal, wenigstens für unsere gangbaren Werke, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt einmütig leisten, so kann das gerade noch zur rechten Zeit geschehen, damit die Goldmarkpreise in dem neuen Mehrjahrsband unserer Bibliographie von 1920 ab meinet halben in Klammer neben den doch schon längst wieder überhol ten Papiermarkpreisen angegeben werden. Da kam der Geist des Oberbibliographen aus der Deutschen Bücherei angeflogen, ihm sträubten sich alle Haare, aber er verschwand wieder. Der Ver leger ließ sich durch diese Geislerscheinung nicht irre machen und fuhr fort: Denken Sie, meine Herren, was wir in Zukunft alle an Kosten ersparen werden, wenn wir nicht weiter, der leider unauf haltbaren Geldentwertung zögernd folgend, immer wieder neue Preise auch für die älteren Artikel festsetzen, neue Kataloge drucken und neue Inserate bezahlen müssen. Was werden auch unsere Sortimenter-Kollegen ersparen, wenn sie nicht dauernd mehr auf den Leitern herumsteigen müssen, sondern sich lieber dem Vertrieb unserer Werke widmen können! Bei den Neuerschei nungen machen wir es natürlich genau so. Wir projizieren ein fach unsere jeweilig schwankenden Papiermarkherstellungspreise aus Goldmarkpreise und setzen nach alten soliden Kalkulations regeln dann unsere Goldmarknetto- und Goldmarkladenpreife fest. Da meldete sich ein Gegner des Gedankens zum Wort und wollte in langer Rede begründen, daß ein solches Projektions verfahren einfach unmöglich sei. Aber wieder schnitt ihm unser Weiser Vorsitzender das Wort ab und sagte, daß wir heute nur über die großen wirtschaftspolitischen Ziele sprechen und es ruhig Z78 einer Kommission überlassen wollten, dann technische Richtlinien zur Durchführung der als richtig erkannlen Politik auszustellen. An technischen Schwierigkeiten dürften große Wirtschastsfragen niemals scheitern. Der erfinderische Verleger fuhr beruhigt fort und sagte: Wenn wir erst einmal so weit sind, daß wir im Buch. Handel allgemein wieder bibliographisch leicht erfaßbare, von der Geldentwertung unabhängige, untereinander gleichwertige Gold markpreise haben werden, dann ist unser Spiel schon halb ge wonnen. Dann beraten wir einsach aller Monate, oder aller Vierteljahre, je nachdem, wie sehr uns der Swinegel Geldent- Wertung ärgert, unseren gemeinsamen Teuerungs-Index, mit dem wir unsere einheitlichen Goldmarkpreise, und zwar sowohl die Nettopreise wie die Ladenpreise multiplizieren. Die so gewon nenen jeweiligen Verkaufspreise werden wir Verleger dann alle auch einhalten und schützen wie unsere alten Goldmark-Laden- Prcise. Für uns Verleger ist die Sache furchtbar einsach, wir fakturieren den Sortimentern in Goldmark und multiplizieren aus jeder Faktur mit dem vereinbarten Teuerungs-Index, woraus unsere Papiermarkforderung entsteht. Bei der Festsetzung dieses jeweiligen Teuerungs-Jndex durch eine Kommission erfahrener Verleger und Sortimenter aus allen Branchen und Gegenden werden wir nun aber recht klug Vorgehen und den Swinegel Geldentwertung unsererseits nun tüchtig ärgern. Denn wir wer den unseren gemeinsamen, für den ganzen Buchhandel gleichen und verbindlichen jeweiligen Teuerungs-Jndex nun natürlich nur so hoch festsetzen, daß wir die Kaufkraft des Publikums berück sichtigen und unsere schönen Umsätze nicht verlieren. Diese Gefahr scheint ja, wie aus den Wcihnachtsberichten hervorging, schließ lich gar nicht so groß zu sein, wie wir Verleger immer fürchten. Allerdings werden wir vielleicht etwas an Umsätzen einbiitzen. Das schadet aber nichts, denn jetzt sind diese Umsätze nicht gesund, sondern höchst ungesund, denn wir können mit dem Gelderlös ja nicht einmal unsere Ersatzauflagen bestreiten. Wenn wir so sort- fahren, gehen wir alle an Kapitalschwund zugrunde. Es ist ebenso leicht wie dumm, große Umsätze nur deshalb zu machen, um durch sie nur um so schneller das, ach, so nötige Betriebskapital zu verlieren. Da erhob sich ein Unentwegter und führte aus: Lieber Kol lege, Ihre Vorschläge mögen gut sein oder nicht, primnpiis odsta. Ich lasse mir unter keinen Umständen mein Recht aus Festsetzung des Ladenpreises irgendwie verkümmern, und nun gleich gar nicht von irgendwelcher buchhändlerischen Organisation, mag es nun eine Kommission oder der Verlegervsrein oder der Börsen verein sein. Namentlich dem letzteren mutz endlich einmal gründ lich die Sucht ausgetrieben werden, immer wieder zu versuchen, die Freiheit des einzelnen zu beschränken. Nun wurde aber der Vorsitzende kolossal energisch und sagte: Wenn Sie das Recht behalten, die Goldmarkpreise selbst zu bestimmen, wenn Sie wei- ter den vom Buchhandel gemeinsam festgesetzten Teuerungs-Jndex kennen, so haben Sie doch nach Adam Riese den von Ihnen ge wünschten Einfluß aus den wirklichen Verkaufspreis. Sie kön nen den Goldmarkpreis so gestalten, daß sich aus der Multipli kation mit dem Teuerungs-Jndex derjenige Verkaufspreis ergibt, den Sie wünschen. (Über den kleinen Mangel an Logik, daß dem Verleger infolge der Veränderlichkeit des Teuerungs-Jndex dieses Recht doch in gewissem Maße beschnitten würde, rutschte der Vor sitzende mit der einem tüchtigen Vorsitzenden in heiklen Fällen stets zur Verfügung stehenden Eleganz hinweg.) Der peinliche Vorfall wurde glücklicherweise dadurch unter- krochen, daß der Geist O. S. plötzlich hereinplatzte und ganz ent setzt rief: Was wird denn dann aus meiner Valutaordnung und meinen lieben großen und kleinen Schiebern in und um Deutsch- land herum? Da war man sich aber einig, daß man sich darüber heute nicht die Köpfe zerbrechen wollte, und taktvoll schwebte O. S. wieder zum Lokal heraus. Da erhob sich ein krasser Opti mist und fragte: Ja, meine Herren, was wird denn nun, wenn die Geldentwertung plötzlich einmal aufhört und wir wieder stabile Verhältnisse bekommen? Eigentlich wollte der Vorsitzende diesen Mann wegen Verspottung der deutschen Finanzen von der Sitzung ausschließen, aber er bezähmte seinen Groll und stellte fest, daß in diesem Falle der Teuerungs-Jndex dann eben eine längere Zeit stabil bleiben und daß der ganze Buchhandel dann
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