Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 31.03.1924
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1924-03-31
- Erscheinungsdatum
- 31.03.1924
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19240331
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-192403315
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19240331
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1924
- Monat1924-03
- Tag1924-03-31
- Monat1924-03
- Jahr1924
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
77, 31, März 1924. Redaktioneller Teil. in den entsprechenden fremden Maßen und Längcnverhältnissen gemacht worden waren. Hauptsächlich auf diese Weise war der deutsche Handel zu solcher fabelhaften Blüte gelangt, und nur vereinzelte nationale Exaltados haben sich früher über solches Vorgehen erregt. Jetzt aber fängt es in manchen Kreisen an, all- gemeine Ansicht zu werden, daß derartig« Konzessionen verwerflich sind. Und mit einem Schein von Recht könnte ja gesagt werden, daß das, was Deutschland mit seinem glänzenden Heer, seiner zweitgrößten Marine, seiner kaiserlichen Pracht quasi freiwillig getan hat, heute, wo wir Sklaven geworden und aus der List« der Großmächte gestrichen sind, als Zwang empfunden werden muß, als der nationalen Würde zuwiderlaufend. Und es wird die Frage gestellt (auch in einem Schreiben an mich): »War würden die zwei Millionen, die für uns gelitten haben und gestorben sind, zu einer derartigen Liebedienerei sagen?« Nun, ich habe die Verstorbenen befragt: -Was wollt ihr lieber: Daß wir uns herbeilassen, mit denjenigen, die euch soviel Leid zugefügt haben, in jener Form wieder Handel zu treiben, die allein den Erfolg verbürgt? Oder wollt ihr lieber, daß wir in abweisendem Stolz auf den Export in großem Umfange verzichten? Wollt ihr letzteres, dann ist aber die Folge, daß eure Hinterbliebenen infolge der Arbeitslosigkeit und der Unmöglichkeit, die uns auferlegten Lasten zu tragen, dem Elend, dem Verbrechen und der Unzucht in di« Arme getrieben wer- den. Eindritter Ausweg existiert nicht«. Ich brauche nicht zu sagen, wie di« Antwort gelautet hat. Di« harten Dinge haben eben nicht die Liebenswürdigkeit, aus dem Grunde nicht zu existieren, weil wir ihre Nicht-Existenz wünschen oder ihre Existenz leugnen. Und eine Moral in höherem Sinne ist nicht möglich in einem Volke, bei dem die überwiegende Anzahl der Genossen es sich zehnmal überlegen muß, bevor sie «in Stück Seife kauft, bei dem die Familiengemcinschaft durch Aufnahme fremder Elemente in den Haushalt vergiftet wird, bei dem die Entlohnung nicht aus- reicht, um sich Wäsch« zu kaufen, um sich von ansteckenden oder Ekel erregenden Krankheiten heilen zu lassen, bei dem die Tapeten in Fetzen von den Wänden hängen und die Ballone aus die Straß« fallen. Unter diesen elenden wirtschaftlichen Verhältnissen muß schließlich nicht nur di« Moral, sondern müssen auch alle anderen höheren Gefühle, also gerade.wieder das Nationalbewußtsein, dem zuliebe ja dieses Elend auf uns genommen werden soll, leiden. Man kann meines Erachtens nur ein Ziel vor Augen haben, eben unser« Errettung aus der Schmach. Es mutz in Kauf genommen werden, daß wir und unser« Kinder uns beugen, damit unsere Enk«! wieder stolz sein können; und wenn wir nicht exportieren oder wenn nicht ein Wunder geschieht, auf welches Preußen in feinem Werdegang noch nie gerechnet hat, sobleibtdieKarre im Dreck. Wenn ich nun heut« Bücher nach West-Australien oder nach Punta Arenas verkaufe, also in meinem kleinen Bereich nicht nur meinem Nutzen, sondern dem genannten Ziel« dienen wjll, so muß ich denjenigen, denen ich meine Offerte zusende, di« — im allgrmeinen von keinem Menschen gerne geübte — Tätigkeit des Zählens möglichst erleichtern und nicht erschweren und kann kein Angebot in Goldmark machen aus Gründen, die ich nicht anzu führen brauche, und auch nicht eines in Schweizer oder in irgend einer andern Währung als der in der ganzen Welt wohlbekannten. Ich kann diesen Leuten auch kein Angebot in einer Sprache machen, die sie nicht verstehen, also in der deutschen. Es ist trotz aller Phrasendrescherei Tatsache, daß die Kenntnis unserer Sprache und der Wunsch, sie zu erlernen, in allen Erdteilen zurllckgeht. Wieder brauche ich nicht Gründe dafür anzuführen, möchte aber den akade mischen Kreisen, die sich als Tadler gerieren, erwidern: »Wenn eure Bücher so gut sind, daß sie unersetzlich sind, dann werdet ihr weit «her unsere Gegner zwingen, deutsch zu lernen, als ein Kauf mann sie zu zwingen vermöchte dadurch, daß er seine Handels- katalogc in deutscher Sprache verfaßt«. Um Kataloge angebotcner Bücher, Maschinen oder sonstiger Waren zu verstehen, strengt sich kein Mensch an, eine fremde Sprache zu lesen; solche Kataloge wan dern in den Papierkorb. Und es kommt noch etwas anderes hinzu: ungeheure Absatzgebiete gibt es, in denen sicher der englisch geschrie bene Katalog des — eher billigeren — englischen Antiquars, sehr große Länder (ich erinnere an Südamerika), in denen wieder das Verzeichnis des jetzt so rührig und billig gewordenen französischen Buchhändlers verstanden wird und in denen dieses Verständnis für unser Deutsch kaum vor dem Kriege vorhanden war, sicher aber jetzt fehlt. (Nebenbei bemerkt, würde ich die Herausgabe eines fran zösisch geschriebenen Katalogs durch einen deutschen Buchhändler — abgesehen davon, daß er wenig rentabel wäre — als «inen Ver stoß gegen Las Nationalbewußtsein ansehen.) Will ich nun irach diesen Ländern exportieren, so muß ich überdies auch noch dieser Konkurrenz begegnen. — Ich kann in meinem Fall sagen, Latz, wenn es mir in der Weis«, wie ich hoffe, glückt, ich etwas für das Deutschtum tue, das, wenn es ollen Deutschen möglich wäre, uns in wenigen Jahren aus dem wirtschaftlichen Unglück hcrausbringen würde. Ist das nicht ein Ziel, das wir alle wünschen müssen, und ist dessen Erreichung nicht unendlich wichtiger, als in Volksver sammlungen zu bramarbasieren und die Augen zu schließen vor Verhältnissen, die deshalb nicht anders werden, weil man sie zu sehen vermeidet? Und weiter: Wer von wissenschaftlichen Anti quaren heute nicht exportieren kann, muß zrigrundegehen, nickt nur weil er bei der gesunkenen Kaufkraft des Inlandes auf einen Absatz, der auch nur die Kosten decken würde, nicht rechnen kann, «sondern auch weil er nicht imstande wäre, Bibliotheken zu erwerben, die er wieder von denselben Kreisen kaust, die zum Teil seinen Export und die Weis«, in welcher er ihn bewerkstelligen muß, mit scheelen Augen ansehen. Und dies, trotzdem es diesen Kreisen genau bekannt sein muß, daß die hohen Preise, die sie selbst verlangen, nur bezahlt werden können, weil die Bücher wiederum dem Export dienen. So steht auf der einen Seite die sittliche Entrüstung, auf der andern Seite di« Forderung, selbst Vorteile zu ziehen von dem Vor gehen, das man verdammt, und das aber in keiner andern Weise alz der verdammten durchgeführt werden kann. — Nun, man muß unbekümmert den Weg gehen, den man als richtig erkannt hat, und in diesem Fall« sich sagen: »So sehr ich bedaure, daß unser lieber Deutschland nicht die Geltung hat, die wir so heiß wünschen, so gewiß muß der Kaufmann aus diesem Umstande die Konsequenz ziehen«. Er muß das Opfer bringen — und es ist, nebenbei bemerkt, nicht nur ein ideellez, sondern auch ein materielles, denn jede gute Übersetzung kostet Geld, und jeder fremdsprachlich« Satz noch mehr — und jene Sprache für seine internationalen Werbeschriften wäh len, die ein ungerechtes Schicksal nun einmal, und vorläufig für absehbare Zeiten, zur Weltsprache gemacht hat, auch wenn er di« Sprache derjenigen Völker ist, mit welchen im Kampf Millionen Volksgenossen gesunken sind. Unpatriotisch ist nicht der, welcher dies tut, sondern weit eher jener, der wie die Kommunisten, deren Gebaren er sonst nicht scharf genug verurteilen kann, das Volk statt mit Brot und Fett mit Phrasen und Theorien füttern will. Und jeder erfolgreiche Exporteur nutzt uns mehr als der beste Volks- redner. Bank und BuchhandeI. — Eines der beherzigenswerten Kapitel in dem Buch von Ford, das ja mit Recht der Schlager der Saison ist (siehe di« Weihnachtsbericht«, die im Börsenblatt abgedruckt waren), ist die herbe Kritik, die er an dem System der Bankwesens, das jenseits des Ozeans offenbar dasselbe wie bei uns ist, übt. Immer wieder hebt Ford mutig hervor, wie schäd lich im öffentlichen Interesse und natürlich auch in dem des Betrof fenen ein großer Teil jener Geschäftstätigkeit ist, die sich bloß mit Geld und dessen Verteilung beschäftigt. In Deutschland sind durch die Ereignisse der letzten Monate die Banken Wohl belehrt worden, daß sie den Bogen nicht zu straff spannen dürfen. Jeder, der nicht unbedingt mußte, hatte ja zur Vermeidung der ungeheuer gesteiger- tcn Kosten Bankverbindungen nicht in Anspruch genommen, nicht einmal zur bloßen Vermittlung, geschweige zur Kreditbeschaffung. Wenngleich diese Spesen jetzt ermäßigt worden sind, so sind sie immer noch hoch genug, um für alle Fälle, in denen die Bank irgendwie zu umgehen ist, den Wunsch sehr rege zu machen, sie auszuschalten. Ein kleines Begebnis, kraß und instruktiv, aus meiner letzten Praxis: Ein Gelehrter überiveist mir aus Prag den Betrag von 75.— tschechischen Kronen (- 9,39 M.). Statt ihn mir direkt cinzusenden, was schließlich in einem gewöhnlichen Briefe hätte geschehen können, hat er ungeschickter Weise Len Bank weg vorgezogen. Ich bekam also über die Absendung dieses Betrages erst eine Mitteilung einer Prager Bank; dann aber, wenige Tage später, einen Einschreibebrief einer großen D.-Bank in Berlin, durch welchen ich aufgefordert werde, vor der Auszahlung 2 beiliegende Quittungsformular« mit meiner beglaubigten (!) Unterschrift einpi- bLS
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder