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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.09.1924
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- 1924-09-26
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- 26.09.1924
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RedaMllneller Teil. Xr 227, 26, September 1924. Wie ich in den Augustferien einen Schund roman las. Aus den ungcdruckten Erinnerungen eines weitgewanderten und vielgeprüften VuchhandlungSgehilsea (Georg Korczewski). . . . Geschadet haben mir die Jndianergeschichten nicht, auch nicht jene Sorte von Schundliteratur, die man Kolportage-Romane nannte und von denen einer in meine Hände geriet als ich etwa zwölf Jahre alt war. Er war gebunden nn>d als solcher sehr dickleibig. Ich entsinne mich auch genau seines Titels: »Marino Marinelli, der Galeerensklave, oder Die Flucht aus den Bleidächern von Venedig*. Er mar mir von einem Schulfreund als Lesestoff für die großen Ferien besorgt worden. Wie ich den dicken Band an meiner Mutter vorbei bis auf den Bodenraum geschleppt, wo ich ihn dort versteckt, und wie ich es zuwegegebracht habe, ständig in ihm zu lesen, dessen entsinne ich mich nicht mehr, wohl aber des Vorgangs, wie ihn meine Mutter entdeckte. Meine elterliche Wohnung, in der ich meine Jugend bis zu meinem zwanzigsten Lebensjahre verlebt habe und in die ich auch später noch oft besuchsweise zurückgekehrt bin, lag im alten schönen Danzig, nicht weit von der St. Katharinenkirche entfernt, die ein einzig schönes Glockenspiel im Kirchturm hat. Dieser Kirchturm machte gelegentlich seines Brandes im Anfang dieses Jahrhunderts viel von sich reden, besonders als für den Wiederaufbarl und für die Neuein richtung des Glockenspiels iu ganz Deutschland gesammelt wurde. Hinter der Katharinenkirche, zwischen ihr und der nahe vorbeisließenden Ra banne, befindet sich ein ziemlich großer Rasenplatz, der damals von vielen umwohnenden Hausfrauen als Bleiche für ihre Wäsche benutzt wurde; auch von meiner Mutter. Während der oben gedachten großen Ferien wurde ich zweimal mit der Ausgabe betraut, die Wäsche zu beaufsichtigen, d. h. sie von Zeit zu Zeit zu begießen und darauf zu achten, daß der Wind nicht etwa ein trockenes Stück in die Nadaune wehte. Am Ufer der Radaune stauben zwar Weibenbäume und Flieder büsche, aber der Wind war eben zu allem fähig. Hierhin nahm ich meinen »Marino Marinelli« mit, setzte mich, nachdem die Luft rein war, d. h. nachdem meine Mutter die Bleiche verlassen hatte, in den Schatten des Fliederbnschcs und las. Es war herrlich. Ein strahlender Augusthimmel blaute herab, die Sonne schien warm auf die weißen Wäschestücke, zwischen denen grünes Gras hervorquoll, die Vögel zwitscherten in den Sträuchern, das Wasser der Nadaune murmelte, rauschte und gurgelte, und aller halben Stunden spielte das Glocken spiel der Katharinenkirche einen Choral, der mechanisch eingestellt war. Um ein Viertel nach elf Uhr vormittags und ein Viertel nach fünf Uhr nachmittags begann der Organist der Katharinenkirche seine Melo dien aus der Klaviatur üuzuschlagen und sie drei Viertelstunden lang — bis zwölf Uhr oder bis sechs Uhr — zu spielen. Manchmal waren es wunderschöne Melodien, die vom Kirchturm herabtöntcn, manchmal klingende Variationen eines Chorals oder eines Liedes, manchmal freie Fantasien — alle herrlich anzuhören, abseits des Straßen- lärms und des Alltagslebens. Auch das Danziger Rathaus hat ein mechanisAs Glockenspiel, das Graue Kloster in Berlin, der Nathaus- turm in München, viele holländische Kirchen, aber kein Glockenspiel, das ich gehört habe, reicht auch nur anuähernd an die Schönheit der freihändig gespielten Stücke des St. Katharinen-Glockenspiels meiner Vaterstadt Danzig heran. Bei diesen Glockenspielen las ich an jenen zwei Sommertagen den »Marino Marinelli«, vergaß darüber auch nicht, die Wäsche zu begießen. Was sich da alles begab, als einmal meine Mutter unvermutet auf der Bleiche erschien und mich in ein furchtbar dickes Buch vertieft ertappte, weiß ich nicht mehr. In meiner Erinnerung leben nur noch die strahlenden Augusttage auf der Bleiche und der kühle Schatten des abgeblühten Fliederstrauches: in meinem Herzen klingt und schwingt noch immer das Glockenspiel der St. Katharincnkirche, das ich niemals so rein genossen habe wie an jenen Tagen, wo ich den Kolportage-Roman »Marino Marinelli« las. * ^ * Weshalb ich auf dieses Vorkommnis in meinen alten Tagen zurück komme? Um darzulegen, daß die sogenannte Schundliteratur keinem Jugendlichen schaden kann, wenn in die Seele des Lesenden von den ersten Kinderjahren an von der Mutter sittliche Grundsätze eingepflanzt worden sind. Nicht, was dem Kinde davon in der Schule anerzogen oder beigebracht wird, bleibt maßgebend für sein Leben, sondern das, was eine gute Mutter ihm vom ersten Lebensjahre an von Religion, Pflicht und Sitte lehrt. Eine gute Mutter ist immer fromm, gleichviel, welchem Glaubensbekenntnis sie angchörxn mag. Auch die meinig« war es, und deshalb waren ihr die liebsten Bücher das Gesang- und Gebetbuch, der Katechismus und etwa noch das Lesebuch, in dem Was tut aber ein Junge von zwölf Jahren mit diesen Büchern außer halb der Schule? ^sonders wenn dieser Junge aus Danzig ist und es Bücher geben soll, in denen erzählt wird, daß die Freie Stadt Danzig allein siegreiche Kriege gegen Dänemark und Norwegen geführt hat? Und solch« über Paul Beneke, dem berühmten Danziger Kapitän, der mit seinem »Krawehl« selbst die Flotte Englands in Furcht und Schrecken setzte! Hollah, vielleicht hat dieser mit Marino Marinelli znsammengekämpft Die Bewegung gegen die sogenannte Schundliteratur hat die Jugend nur von dem Bücherlesen abgelenkt, ja, ihm gänzlich ent fremdet, dafür aber allerlei Untugenden geweckt und großgezogen. Wer iveiß? Wenn nicht Lizentiat Bohn und seine Anhänger ihren Eisir und guten Willen gegen eine gewisse Sorte vou Büchern gerichtet hätten, vielleicht wären die Eitelkeit, die Genußsucht »und die Tanzwul nicht so üppig ins Kraut geschossen, wie es tatsächlich der Fall ist Es ist wohl besser für Jugend und Volk, stundenlang und ganz heim lich Indianer- und Kolportage-Romane zu lesen, als stundenlang Zigaretten zu rauchen und in aller Öffentlichkeit der Genußsucht zu frönen. Von der Schundliteratur leiteu die Wege sehr oft zum Studium ernster Bücher; die kaufmännischen werblichen Angestellten aber, die für ausschweifende Kleidung vom Scheitel bis zur Sohle schwärmen, sind für den Berus der Hausfrau und Mutter verloren. Es singt und klingt nicht mehr in den Herzen der deutschen Jugend, und selbst die Freude an der Natur ist Mittel zum Zwcek oder ödes Krastmeiertum geworden. Für Wanderfahrten, Seidenstrümpse, Zigaretten und Shimmyschuhe ist Geld die Hülle und Fülle vorhanden, für Bücher kein- mehr. Geschichte der Hof-Buchdruckerei in Weimar- Hermann Bühlaus Nachfolger, Hof-Bucl>druckerej und Verlagsbuchhandlung, G. m. b. H. 21 S. Zur Gedenkfeier ihres 300jährigen Bestehens (1624— 1924) hat die Hof-Buchdruckerei in Weimar eine in bescheidenem Ge wände gehaltene Erinnerungsschrift herausgegeben, die wert volle und interessante Aufzeichnungen enthält. Zweifellos ist diese Weimarer Offizin eine der allerältesten Deutschlands. Ihre Entstehung verdankt die Druckerei dem weimarischen Fürstenhause. Herzog Johann Ernst war in Cöthen an einer Druckerei beteiligt; 1623 gab er den Auftrag, den ihm gehörigen Teil der Druckerei nach Weimar zu über führen, wo sic um die Mitte des Jahres 1624 nahe dem Schlosse im Hause von Lukas Thangel aufgestellt wurde. Sie wurde dem Buch drucker Johann Weischner übertragen, der auch als Fürstlicher Faktor verpflichtet wurde. 1658 wurde die Druckerei dem bisherigen Faktor- Kaspar Freyschmidt für eine Summe von 400 Gulden als Eigentümer- übertragen. Außer vielen Verpflichtungen hatte er das ausschließ liche Recht, alle in Weimar gebräuchlichen Schulbücher allein zu drucken. Im Laufe der Zeiten wechselten die Besitzer der Druckerei des öfteren. Der Dreißigjährige Krieg blieb nicht ohne schädigenden Einfluß. Im Jahre 1680 wurde der erste Weimarische Kalender hcr- ausgegeben und im Jahre 1688 wurde die erste malaiische Sprachlehre gedruckt. Eine bedeutende Wendung trat ein, als 1853 der Verkauf der Druckerei an Hermann Bö h lau zustande kam. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger, der mit wenigen Ausnahmen fast ausschließlich für fremde Rechnung druckte, suchte Böhlau als Buchhändler auch die An fänge einer Verlagsbuchhandlung zu entwickeln, was die Erweiterung und Verbesserung der Druckerei-Einrichtungen bedingte. Bezeichnend für die rastlose Tätigkeit Böhlaus ist die Tatsache, daß eine Anzahl der ersten Verlagsbuchhandlungen seiner Druckerei die Herstellung eines Teiles ihrer Verlagsartikel übertrug; insbesondere sind zu er wähnen die Uonnmonta Oermaniae bistoriea. Im eigenen Verlag erschienen die kritische Gesamtausgabe der Werke Luthers in gr. Lcx.-8' und die im Aufträge der Großherzogin Sophie von Sachsen heraus gegebenen Werke Goethes, letztere in zwei Ausgaben. 1876 erhielt die Hof-Buchdruckerei im Aufträge der Königin von England den Druck des 424 Seiten umfassenden Katalogs der großen Sammlung der Werke Raphaels und ihrer Nachbildungen übertragen. 1895 .ver kaufte Böhlau, der am 1. April 1900 starb, die Hof-Buchdruckerei und das Verlagsgeschäst au Gerhard Demmering und Albert Hartung. An Stelle Gerhard Demmerings, der 1906 starb, trat 1907 sein Neffe Harry Gebhardt als Teilhaber ein. Schwere Störungen und Erschütterungen brachte der Weltkrieg über die Drucke-
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