Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.05.1930
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1930-05-22
- Erscheinungsdatum
- 22.05.1930
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19300522
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-193005220
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19300522
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1930
- Monat1930-05
- Tag1930-05-22
- Monat1930-05
- Jahr1930
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Xr Il7, 22. Mai 1930, Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d.Dtschn. Buchhandel. vernachlässigen. Umgekehrt wird derjenige, dem der Freiheits- gedankc den Vorzug zu verdienen scheint und der daher dem Schundliteraturgesetz innerlich ablehnend gegenüberstcht, unwill kürlich dazu neigen, die Beschränkungen des Gesetzes auch dort, wo sie durch den Jugendschutzgedanken gerechtfertigt werden, nicht anzuerkennen. Wenn man die Meinungsverschiedenheiten über viele allgemeine und spezielle Fragen der Schundliteratur^ bekämpfung, wie sie in den letzten Jahren laut geworden sind, unter diesem Gesichtspunkt prüft, so wird man bestätigt finden, daß in der Tat mitunter mit aller Klarheit zu erkennen ist, daß gewisse Ausführungen von Freunden und von Gegnern des Ge setzes durch ihre weltanschauliche Einstellung bestimmt sind und als sachliche Auslegung nicht gelten können. Ich habe niemals ein Hehl daraus gemacht, daß für mich der soziale Gedanke höher steht als der libe rale Gedanke. Ich darf darauf verweisen, daß ich schon vor anderthalb Jahrzehnten einen Jugendschutzgesetzcntwurf aus- gcarbcitet habe und daß ich einer der ersten gewesen bin, der ein Schundlitcraturgesetz gefordert hat. Ich betone auch heute noch mit aller Entschiedenheit die Notwendigkeit eines solchen Gesetzes. Um so mehr aber halte ich mich für ver pflichtet, auf der anderen Seite allen Ten denzen nachdrücklich entgegenzutreten, durch die im Ergebnis der liberale Gedanke unter drückt wird, ohne daß dies durch die Rücksicht nahme auf den sozialen Grundgedanken des Gesetzes erforderlich gemacht wird. Von diesem Gesichtspunkt aus scheint mir kein ernstlicher Zweifel darüber möglich zu sein, daß in unserem konkreten Fall bei einer «verständigen Auslegung des Gesetzes gegen die Ausnahme von Schund- und Schmutzschriften in Lagerverzeichnis s e von Großb u ch händlern, die nur für Sortimenter und andere Wiederverkäufer bestimmt sind und nur für sie Interesse haben, nichts einzuwen den ist. Im Interesse des Jugendschutzes ist ein Vorgehen gegen eine solche Übung nicht erforderlich, da eine irgendwie ernstliche Gefährdung der Jugend hierbei nicht in Frage kommt. Da gegen würde es den Sortimentern und anderen Verkäufern von Schund- und Schmutzschriften — und das brauchen keineswegs immer anrüchige Werke zu sein —, wenn auch nicht unmöglich gemacht, so doch außerordentlich erschwert, sich über die betref fenden Schriften und ihre Beschaffung zu unterrichten. Dadurch würde auch der Absatz der Schriften an Erwachsene, der nach dem klaren, auch bei der Beratung des Entwurfs immer wieder zum Ausdruck gebrachten Willen des Gesetzes keinen Beschrän kungen unterliegt, gehemmt werden. Und wenn man selbst der Meinung sein kann, daß es auch für die Erwachsenen besser wäre, wenn sie jene Schund- oder Schmutzschriften nicht lesen würden, so darf man diese von dem Gesetz selbst zweifellos nicht gebilligte Idee nicht benutzen, um zu einer anderen Auslegung zu gelangen, als sie dem wahren Sinn des Gesetzes entspricht. 4. Daß eine einschränkende Auslegung hier geboten ist, das scheint mir auch noch aus dem Zusammenhang mit anderen Bestimmungen des Gesetzes hervorzu gehen. Aus dem oben von mir wiedergcgebenen Abs. 5 des 8 4 kann man allerdings nichts entnehmen, und zwar deshalb, weil sich diese Bestimmung offenbar nur aus solche Schriften bezieht, bezüglich deren ein Prüfungsversahreir zwar eingeleitet, aber noch nicht zum Abschluß gekommen ist, und aus Schriften, welche die Prüfstelle oder die Oberprüfstelle entgegen einem Anträge nicht auf die Liste der Schund- und Schmutzschriften gesetzt hat. 8 4 Abs. 5 bezieht sich mit anderen Worten nicht auf Schund- und Schmutzschristen im formellen Sinn. Wohl aber scheinen mir die oben auch wiedergegebenen Be stimmungen des Z 6 Abs. 1 einen Rückschluß zu gestatten. Es werden mit Strafe bedroht zweierlei Handlungen, von denen allerdings die erste eine ganze Reihe von selbständig ver botenen Handlungen in sich begreift. Verboten und strafbar sind nämlich 1. Zuwiderhandlungen gegen die 88 1 und 4 Abs. 5; 2. das Abdrucken oder Vervielfältigen der Liste zum Zwecke des Anpreisens. Daraus ergibt sich zwingend, daß nach der Ansicht des Ge setzgebers das Abdrucken oder Vervielfältigen der Liste zum Zweck des Anpreisens nicht strafbar wäre, wenn es nicht in Z 6 Abs. 1 besonders erwähnt wäre. Mit anderen Worten: Das Verbot des Abdrucken? der Liste zum Zwecke des Anpreisens verstößt nicht gegen eine der Be schränkungen des 8 1, also auch nicht gegen das An kündigungsverbot des Z 1 Abs. 1 Ziff. 2. Und da das An- preisen als empfehlendes Ankündigen der engere Begriff gegenüber dem Ankündigen ist, also diese Tätigkeit weiter geht, gilt selbstverständlich das gleiche für das Abdrucken der Liste zum Zwecke des Ankündigen s. Auch die Ausnahme der auf der Liste >der Schund- und Schmutzschriften stehenden Bücher in einen Gesamtkatalog enthält aber einen solchen Abdruck der Liste oder eines Teiles der Liste zum Zweck des Ankündigcns. Man müßte daher unter diesem Gesichtspunkt zu dem Ergebnis kommen, daß eine solche Ankündigung nicht verboten und nicht strafbar ist. Dieses Ergebnis würde sich mit 8 1 Abs. 1 Ziff. 2 durchaus vereinbaren lassen, wenn man davon ausgeht, daß das Feil bieten usw. im stehenden Gewerbe nicht ganz allgemein ver boten ist, sondern nur dann, wenn es von Haus zu Haus u s w. erfolgt. Man könnte allerdings einwenden, daß ein solcher Rück schluß aus 8 6 auf 8 1 Abs. 1 Ziff. 2 um deswillen nicht zulässig sei, weil sich die Beschränkungen des 8 1 Abs. 1 nur auf ein Ankündigen usw. im Gewerbebetriebe bezögen, während in 8 6 zwar nicht das Ankündigen, wohl aber das Anpreisen durch Abdruck der Liste ganz allgemein unter Strafe gestellt sei, also auch dann, wenn es nicht im Gewerbebetriebe erfolge. Da aber kaum Fälle denkbar sind, in denen ein solches Anpreisen nicht im Gewerbebetriebe erfolgte, erscheint es immerhin als recht zweifelhaft, ob diese Auslegung zutrisft. Eine gewisse Unterstützung der einschränkenden Auslegung des Ankündigungsverbots in 8 1 Abs. 1 Ziff. 2 scheint sich mir auch aus einer weiteren in dieser Ziffer bestimmten Beschränkung zu ergeben. Die Schund- und Schmutzschriften dürfen nämlich auch »innerhalb der Verkaufsräume und in Schaufenstern oder an anderen von der Straße aus sichtbaren Orten nicht zur Schau gestellt werden«. Ich glaube, man kann mit gutem Grunde die Ansicht vertreten, daß das Zur schau st eilen auch eine — so gar besonders wirksame — Ankündigung des Buches ist, da durch die beispielsweise im Schaufenster einer Buchhandlung ausgestellten Bücher, insbesondere, wenn sie, wie dies bei Schund- und Schmutzschristen in aller Regel der Fall ist, eine wirksame Titelzeichnung haben, zum Kauf der Bücher angereizt werden soll und sicherlich weit wirksamer auch tatsächlich angereizt wird als durch den bloßen Abdruck des Titels in einer Zeitung oder gar in einem dicken Katalog, der neben zahllosen guten Büchern auch einige Schundschriften enthält. Gibt man dies zu, dann wird man aber auch nicht in Abrede stellen können, daß dann tatsächlich jede Ankündigung im stehenden Gewerbe ver boten wäre. Sie ist nur dann verständlich und unentbehrlich, wenn man davon ausgeht, daß nicht jedes Ankündigen im stehenden Gewerbe verboten sein soll, sondern nur das An - kündigen von Haus zu Haus usw. Denn dann, wenn das Ankündigen innerhalb der Verkaufsräume erfolgt oder in Schaufenstern oder an anderen von der Straße aus sichtbaren Orten, so erfolgt es doch nicht »an öffentlichen Orten«. Mindestens könnte dies zweifelhaft sein. Deshalb wäre dann ein solches Ankündigen, also auch das Zurschaustellen, zulässig, wenn es nicht durch jene Sonderbestimmung auch verboten wäre. V. Zusammenfassend möchte ich sagen, daß ich ein Schutzbedürf nis der Jugend gegen die Aufnahme von Schund- und Schmutz schriften in die Lagerverzeichnisse von Buchgroßhandlungen nicht zu erkennen vermag, daß mir aber auch das Gesetz, wenn man es auf den Zusammenhang seiner Bestimmungen und auf seine Zweckbestimmung abstelll, ein solches Vorgehen nicht zu recht fertigen scheint. Der Wortlaut spricht nicht entscheidend gegen diese Auslegung. 480
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder