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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.06.1931
- Strukturtyp
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- 1931-06-23
- Erscheinungsdatum
- 23.06.1931
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- Deutsch
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W 142, 23. Juni 1931. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn Buchhandel. Den Anstoß zur Kinderbuchwoche, die immer im November statt- siudet (sehr wesentlich im Hinblick aus Weihnachten!), gaben vor etwa 15 Jahren Pfadfinder. Seitdem ist diese Woche zu einer nationalen Angelegenheit geworden. Man war nicht lehrhaft und so gestaltete sich diese Woche ,in den Schulen zu einem begeisterungspendenden Fest. Alles dreht sich in dieser Woche um Bücher, Spiele, Erzäh lungen, Ausführungen und Unterricht. Die nächsten Fragen berührten die Reklame- und Werbungs kosten des Verlegers. Mr. Melcher beziffert sie aus etwa ISA, in einzelnen Fällen noch höher. Typisch ist, daß man weniger das Buch als den Autor bekannt zu machen sucht. Man berichtet in der Presse über sein Leben, sein Tagewerk, über besondere Ereignisse. sDer Ge danke ist richtig: Wer schon vom Autor und seinem Werk gehört hat, kauft das Buch umso leichter.) Da nun aber die Presse in Amerika ganz besonders darauf eingestellt sei, nur das Neueste, Interessanteste und Aktuellste zu bringen, so habe jeder Verleger in seiner Werbe abteilung einen erfahrenen, geschickten Journalisten, dessen Aufgabe es sei, aus und über Bücher und Autoren fesselnde Geschichten zu schreiben und in den Zeitungen und Zeitschriften unterzubringen. Die Presse nimmt die Artikel kostenlos in den redaktionellen Teil auf, wird aber andererseits auch durch große Inserate unterstützt und am Buchhandel interessiert. Irrigen Vorstellungen entgegen geht die amerikanische Buch- propaganda nicht mehr als auch die deutsche mit Reklame-Apparaten, Plakaten usw. auf die Straße. — Obwohl das Theater in Amerika nur in den großen Städten noch eine Heimstätte hat und sonst überall von dem Kino verdrängt worden ist, hat der Verkauf von Textbüchern, die etwa 8—7 Mark kosten, gerade fern den Theaterstäbten zugenom men. Von den Kinos ist ein Einfluß auf den Buchabsatz selten spür bar. In einzelnen Fällen aber, wo der Film nur einen Teil des Buchinhaltes zeigt, wurden große Posten — wie bei ,Tom Sawyer' in 8 Monaten 3ÜVÜVV Exemplare — abgeseyt. Das Radio hat den Buchabsatz erhöht, allerdings nur insofern, als die Leute durch Er wähnung eines Buches in einem Vortrag snicht durch Bücherbespre chungen!) angeregt werden, das Buch zu kaufen. Sortimente für wissenschaftliche Bücher gibt es so gut wie nicht. Der Vertrieb dieser Literatur geschieht direkt vom Verleger ans Publikum, und zwar entweder durch gedruckte Propaganda ober auch durch Reisende. Eine halbe Ausnahme machen sogenannte ,bu8illS88- Bücher', die zum Teil auch durchs Sortiment verkauft werden. Mr. Melcher ging dann auf die Zensur in Amerika ein, auf ihre teils strengere, teils mildere Handhabung in den einzelnen Staaten und Städten. — Er freute sich dann, in Deutschland so viele Über setzungen amerikanischer Bücher, vor allem Romane zu sehen, berich tete das Entsprechende von deutschen Büchern in Amerika und betonte, daß man oftmals andere Völker am besten in ihren Romanen kennen lernen könnte. Er sprach dann über einige amerikanische Schrift steller mit dem Ergebnis, daß die besten und würdigsten Vertreter der amerikanischen Dichtung nicht die auch i» Deutschland bekannte» Romanciers, sondern einige Lyriker seien: Frost, Robertson, Lindsay, deren Gedichte z. T. jetzt auch in Schulbücher ausgenommen worden seien, aber infolge der schweren Übersetzbarkeit von Lyrik kaum über die Grenzen des Landes hinauskämen. Die soziale Stellung des Buchhändlers hängt auch in Amerika von seiner Tüchtigkeit ab. Da es drüben im allgemeinen leichter ist, Stellung und Beruf zu wechseln, werden tüchtige Angestellte gut be zahlt, um sie zu veranlassen, in ihrem Beruf und in ihrer Stellung zu bleibe». Im übrigen kann auch dort mit dem Buchhandel kein Vermögen verdient werden. Von hier war es nur ein Schritt bis zur Rabatt- und Unkosten frage. Bor 80 Jahren betrug mit der Einführung des Netto-Preis- Systems der erste Rabatt 25—ZV??. Späterhin drückten ihn die Warenhäuser bei großen Einkäufen auf 35—15?? hinaus. In Kom mission wird nicht geliefert. Der Rabatt für wissenschaftliche und Schulbücher ist 25??, obwohl diese ja in der Mehrzahl vom Verleger direkt ans Publikum bzw. an die Schulen geliefert werden. Da die Spesen der Buchhandlungen zwischen 30 und 31?? liegen, so wirb vom Buchhändler bei diesen Rabattsätzen ein erhebliches Maß geschäftlicher Umsicht und Tüchtigkeit verlangt. — Die Spesen des amerikanischen Verlages machen ebenfalls etwa 80?? aus, wobei wohlgemerkt die Propagandakosten von 15^ noch nicht mit eingerechnet sind. Sehr großes Interesse bringt Amerika der Druckkunst als solcher entgegen. Die Leistungen deutscher Pressen sind allgemein bekannt. Es werden viele deutsche Bücher ihres Druckes und ihrer schönen Ausstattung wegen gekauft, auch von solchen Leuten, die sie nicht lesen können. Die Gutenbergbibel hat ihren Ehrenplatz neben der Unab-» Hängigkeitserklärungs-Urkunde in Washington, wo sie alljährlich von Millionen bewundert wird. ,Jch wünsche nichts Schöneres', so schloß Mr. Melcher, .als daß der Geist Gutenbergs, der allen Völkern das 600 herrliche Mittel der Druckkunst schenkte, unsere Nationen zu gemein samer Kulturarbeit zusammenschließe'. Mr. Melcher und Herrn Fritz Schnabel, der in wunderbar leben diger Weise die in englischer Sprache gehaltenen Äußerungen Mel chers ebenso wie unsere deutsch an Melcher gestellten Frage» über setzte, wurde herzlich gedankt für die große Arbeit in diesen Stunden aus der Philosophenhöhe. Der volle Reiz dieser von feinen, geist und humorvollen Bemerkungen durchzogenen Ausführungen kam nur den Teilnehmern dieser bewegten Arbeitsgemeinschaft zugute, darauf müssen die Leser, dieses stark gekürzten Berichtes verzichten. Möchte sie beides, Bericht und Verzicht, anregen, den weiteren Veranstaltun gen des Jungbuchhandels Anteilnahme im persönlichsten Sinne des Wortes zu schenken.« Nachdem nun hier zwei Jungbuchhändler den Sachbericht über das Tressen gegeben haben, freue ich mich, als Ergänzung auch noch die Äußerung eines der »älteren« Teilnehmer zu dem Heidelberger Treffen den interessierten und geduldigen Lesern vermitteln zu kön nen. Max Linke, Prokurist des Verlages Eugen Diederichs, Jena, schickte mir die nachstehende »Ungehaltene Rede zur Heidelberger Tagung des Rhein-Mainischen Jungbuch händlerkreises. Wenn ich abschließend das Bild der Heidelberger Tagung über schaue, dann drängt sich mir der Gedanke auf: Das Heidelberger Tres sen war sozusagen die Kantate-Tagung des Jungbuchhandels. Aber — und das ist das positive Vorzeichen dieses Vergleichs — es wurde nicht um Verkehrsordnungsparagraphen und um Rabattsätze gerun gen, sondern uns verband der gemeinsame Wunsch, einen Blick über unsere Tagesarbeit hinaus zu tun, ein wirkliches Bild der Art der Verbreitung des Buches im Auslande zu gewinnen und zu erspüren, wo die Möglichkeiten des geistigen Austausches zwischen den Nationen liegen. Wir haben die Meinung dreier repräsentativer Verleger über den Buchhandel und die Mentalität Englands, Amerikas und der außerbeutschen Staaten Europas gehört und so, wenn auch teilweise nur in groben Umrissen, einen sachlich begründeten Eindruck von der Vielgestaltigkeit des Weges, den das Buch zum Leser der abendländi schen Welt nimmt, gewonnen. Wer es nur immer erreichen kann, möge diesen Eindruck durch eigenes Kennenlernen anderer Nationen vertiefen. Es werden nicht Wenige gewesen sein, denen ein wesentlich anderes Bild dieser außerdeutschen Belt des Buchhandels vorge schwebt haben mag und der Eine oder Andere mag auch gelegentlich einen nicht ganz sansten Stoß gegen seine nationale Eitelkeit verspürt haben. .Das wahre Gesicht des Buchhandels' in der Welt war ein anderes als das unserer Vorstellung. Lernen wir daraus, daß es grundfalsch ist, an die Verhältnisse anderer Länder unseren eigene» Maßstab zu legen. Tragen wir nicht Vorurteile und Ressentiments au Dinge heran, die nur aus ihrer eigenen Gegebenheit zu verstehen sind. Und gewöhnen wir uns ab, aus der Überschätzung unserer deut schen Organisationsgründlichkeit eine Weltreligion machen zu wollen. Es gilt gerade heute in der Notzeit unseres Volkes, jede Sache auf bas ihr zugehörige Maß zurückzuführen. Vieles wird sich einfacher und lebendiger handhaben lassen, wenn es nicht von einem Dickicht von Ordnungsparagraphen und Verbotstafeln umgeben ist. Stellen wir unfern Blick auf das Wesentliche ein! Wer hat wohl den leisen aber souveränen Unterton der Ironie gespürt, der in den Worten des einen Sprechers lag, der auf die Frage nach neuen Wegen der Pro paganda ungefähr so antwortete: .Was soll ich Ihnen, den Deutschen, die ihre Reklame so gründlich und vielgestaltig ausgebaut haben. Neues sagen können; Sie machen mehr Propaganda als wir, vielleicht können wir von Ihne» lernen!' Es kommt nicht aus bas Viel-tun an, sondern darauf, die wenigen richtigen Wege zu finden, die wesent lich den Erfolg bestimmen können. Und noch Eines: Wir sehen, daß viele Dinge ein neues Gesicht gewinnen, wenn man ihnen nur gehörig auf den Leib rückt und die Vorurteile zu Hause läßt. Gilt das nicht auch für unsere eigenen Ver hältnisse im Vaterlande, in unserem Stande, in der Berufsgcmein- schuft? Liebe Jubus, Ihr habt für den frischen Geist, der Euch beseelt, eine neue Prägung gefunden, Ihr nennt Euch jetzt mit nicht ganz unberechtigtem Stolze: der neue Stand. Darin liegt eine etwas kräftige Betonung des Kämpferischen, eine Frontstellung gegen etwas, wie Ihr meint, Alt-Gewordenes, zu Erneuerndes. Das ist gut so, den» Ihr seid die Bewegung, der impulsiv vorwärts marschierende Stoßtrupp, der ein Ziel vor sich sicht. Hängt Euch aber selber keine Scheuklappen an und nehmt den Maßstab, den Ihr an Menschen und Einrichtungen legt, nicht zu kurz. Gar mancher Knasterbart im staubig- dumpfen Bllcherladen hat sich schon als prachtvoll-lebendiger Mensch entpuppt, dem nicht weniger als Euch die Liebe zum Buche Daseins inhalt war. Laßt in Euch keine Ressentiments aufkommen und be-
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