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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.08.1936
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- 1936-08-15
- Erscheinungsdatum
- 15.08.1936
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Das Schrifttum im Rundfunk Die Zusammenarbeit von Buchhandel und Rundfunk ist von so maßgeblicher Bedeutung, daß es notwendig ist, an dieser Stelle noch einmal ausführlich (siehe zuletzt Nr. 133 und 161) auf die aufgeworfenen Fragen einzugehen. Die Funkleute selbst haben in erfreulichem Maße die Wichtigkeit der Schrifttumsarbcit im Rund funk erkannt. Auch die Einsicht ist vorhanden, daß manches recht verbesserungsbedürftig ist. Der Buchhandel ist bisher zumeist über ein bloßes Zurkenntnisnehmen nicht hinausgekommen. Wenn mir ein Sendclciter schrieb, daß »eine Verwirklichung neuer Gcdanken- gängc aus Mangel an Mitarbeitern» bisher leider nicht möglich war, dann ist das zugleich auch eine Aufforderung an die schöpfe rischen Kräfte des Buchhandels, sich mehr um die Gestaltung des Buches im Rundfunk zu bemühen. Wenn neben anderen Stellen auch die publizistischen Seminare der Universitäten immer mehr dazu übergehen, den Problem- krcis »Rundfunk« recht gründlich zu erfassen, dann zeigt das die wachsende Erkenntnis, auch hier die praktische Erfahrung durch eine vertiefte Schulung zu ergänzen. Es gibt eine Anzahl von Forderungen, die notwendig beachtet werden müssen, wenn der Rundfunk mit seiner Arbeit nicht ergebnislos bleiben soll. In der Einseitigkeit seines Sendcbetriebs verliert der Funkpraktiker leicht seine Übersicht und wird um so dankbarer für Anregungen sein, je mehr er selbst seine Arbeit als Aufgabe empfindet. Das Zustandekommen der Schrifttumsscndungen ist von einer Reihe von Faktoren abhängig, die wir einmal mit dem Wort Zufall bezeichnen können. Dazu kommt noch, daß der Kreis der Mitschasfenden sich um so mehr verengert, je mehr und eigenwilliger ein Verantwortlicher die Maßstäbc seines Wirkens aus seinem eigenen künstlerischen Drange schöpft. Es ist deshalb zunächst, grundsätzlich gesehen, für die Schrifttumsarbeit der Sender herzlich gleichgültig, ob im Jahr eintausend oder zwanzigtauscnd Bücher erscheinen. Der Rundfunk kann immer nur eine Auswahl bieten, und diese Auswahl wird, vom Schrifttum aus gesehen, zumeist nicht die beste sein. Niemand wird aber auch vom Funkmann die Übersicht verlangen, für die der Buchhändler und der Bibliothekar eine Lebensarbeit aufwcnden müssen. Es kommt vielmehr daraus an, einzelne Werke möglichst glücklich herauszustellcn — Ilr. Ger hardt sagt: geschickt und wirkungsvoll, und meinte damit das selbe, was auch Eckert und ich bereits betont hatten —, um an ihnen gewissermaßen die Gesamtheit des Schrifttums zu demon strieren. Wie das am besten geschieht, das ist die entscheidende Frage. Sicher gibt cs dafür keine Patentlösung. Es geht natürlich nicht an, andere Ansfassungen als die eigene als »strafbare Handlung oder »groben Unfug» darzustellen. Die Verantwortlichen der ver schiedenen Sender sind da selbst recht verschiedenartiger Ansicht. Wie wichtig diese Dinge sind, mögen zwei Beispiele erhellen. Es ist sicher im allgemeinen wirkungsvoll, einen Urheber selbst über sich und sein Werk sprechen zu lassen. Kein anderer kann so über das Erleben sprechen als sein Gestalter selbst. In einer Sendung aber, bei der alles auf die Sprache nnkommt, wo die ganze Per sönlichkeit in der Art und Weise des Sprechens zum Ausdruck kommen muß, da bleiben der tiefste Denker und der bekannteste Verfassername ohne Widerhall, wenn es ihnen nicht gegeben ist, sich funkisch darzustellen. Der Rundfunk leidet mannigfach unter der Tatsache, daß die Verfasser von Manuskripten meist nicht die Sprecher sein können. Noch weniger aber ist cs angebracht, die Methode des Vorlcscns auf den Rundfunk zu übertragen. Nur wenige Werke, und meist nicht gerade die besten, sind geeignet, zumal noch bruchstückweise über den Sender zu gehen. Der Funk hat manches mit dem Film gemeinsam. Hier ist es das Moment der Handlung, das nicht unbedingt zum Buch gehört, sodaß etwa der Zeitungsroman in Fortsetzungen für den Rundfunk besser paßte als die Bücher, auf die es uns ankommt, die besinnlich und gefühlsbetont sind und Nachdenken erfordern. Weitere Beachtung erfordert die Hörcrschichtung, über die z. B. die Ausführungen von Nr. Gerhardt gar nichts aussagten. Jeder Scndebczir! umfaßt Städter und Bauern, Arbeiter, Bürger 712 und Beamte (um eine zwar überholte, aber hier recht drastische Typologie zu gebrauchen), junge und alte Menschen. Hier liegt die Fehlerquelle für viele Ansichten, die von einem bestimmten Kreis ausgehcn, während der Rundfunk für alle da zu sein hat. Wer zu einem Buchhändler enge Fühlung hat, der wird gut und gern auf die Buchbesprechungen des Senders verzichten. Wer viel die Büchereien benutzt und regelmäßig eine Litcralurzeitschrift liest, dem wird der Rundfunk sachlich nicht viel Neues bieten können. Das bezieht sich in erster Linie ans die Städte. Eine Umfrage bei etwa dreißig durchaus belesenen Menschen über eine bestimmte Buchbesprechung ergab, daß nur einer sic gehört hatte. In drei undzwanzig Fällen wurde der Bescheid gegeben, daß Buch besprechungen überhaupt nicht gehört werden. Nun darf natürlich dieser Fall aus Berlin nicht verallgemeinert werden. In anderen Bezirken werden sich ganz anders geartete Ergebnisse ergeben. Aber deutlich wird daraus, von welcher Wichtigkeit die hier be handelten Fragen auch für den Rundfunk selbst sind. Davon, wie der Funk seine Sendungen durchführt, hängt es ab, ob er zu einer Hörergemeinde oder zum leeren Äther spricht. Ein geistig sehr reger Handarbeiter erzählte mir einmal, er sei hungrig und ab gespannt nach Hause gekommen. Um anregende Unterhaltungs musik zu hören, habe er seinen Empfänger eingeschaltet und sei gerade in den Beginn eines Hörspiels gekommen. Das habe ihn derart gepackt, daß beinahe sein Essen kalt geworden, daß seine Müdigkeit verflogen sei, und in den nächsten Tagen habe er sich eine Lebensbeschreibung der Persönlichkeit beschafft, die ihm durch das Hörspiel nahegebracht wurde. Hier liegt die ganz große Aufgabe des Rundfunks, eine Arbeit, die keine andere Institution — Buchhandel, Bücherei und Presse nicht — leisten kann: d i e Menschen zum Schrifttum hinzuführen, die bisher keinen oder nur einen recht losen Zusammenhang mit ihm hatten. »Ohne Buch gäbe es keine Kultur», sagte Börries von Münchhausen einmal. Von den Werten des Schrifttums sind wir alle überzeugt. Wir haben alle die Aufgabe, wenn wir unseren Bei trag zu nationalsozialistischer Kulturarbeit recht verstehen, das Buch in jede Hand und in das letzte deutsche Haus zu tragen. Dazu aber ist nötig, zu den Menschen in einer Sprache zu sprechen, die sie verstehen. Nicht nur das Kind lernt lesen. Der erwachsene Mensch lernt es, in höherer Bedeutung, noch einmal. Nicht von der Sphäre des Buches können wir ausgehcn. Man kann keinen Menschen cmporzichen. Ausgangspunkt kann immer nur der Mensch mit seinem Alltag, mit seinen Wünschen und Sehnsüchten sein. Wir können immer nur anrcgcn, die Kräfte, die jeder in sich trägt, zu wecken und lebendig zn machen. Es genügt nicht, zu sagen: da ist etwas, das mußt du dir erarbeiten. Sondern zunächst muß bewiesen werden, daß cs lohnt, sich darum zu bemühen. Eine Auswahl aus dem vorhandenen Schrifttum zu treffen, ist verhältnismäßig leicht. Wie diese Bücher an die Menschen her angetragcn werden, wie durch sic die Menschen zum Buch über haupt geführt werden, darin liegt die Schwierigkeit und die ent scheidende Bedeutung der Ruudfunkarbeit. Deshalb sind alle Wertungen und im Grunde alle Buch-»besprechungen« hier fehl am Platze. Nicht als Werbung für das Buch dürfen diese Sendungen letztlich erscheinen, sondern sie müssen eigcnwcrtig gestaltet werden können. Dann wird es möglich sein, aber auch nur dann, ständig breite Hörerkrcise für die Schrifttnmssendungcn zu interessieren. Wenn der Rundfunk sich um die rechte Gestaltung der Schrist- tumssendungen bemüht, dann ist es für uns wichtig, sie nun auch auszuwerten. Sicher werden wir !m Lause der Zeit noch zu weiterer planmäßiger Einheitlichkeit aller Schrifttumsarbcit ge langen. Es wäre aber wünschenswert, daß auch die Presse bereits jetzt die Büchcrsendungcn stärker beachtete und durch entsprechende Aussätze und Bücherhinweisc ergänzte. In vielen Fällen könnten die Lescsälc und Lesehallen zweckmäßig mit einem Empfänger aus gestattet werden, um ihren Benutzern diese Sendungen regelmäßig zugänglich zu machen. Auch beim Sortiment dürfte eine solche Regelung oft möglich fein. Wenn an sichtbarer Stelle des Fensters auf die Bücherstundcn, die Zeit und die zwanglose Gelegenheit zum
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