Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.08.1929
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1929-08-08
- Erscheinungsdatum
- 08.08.1929
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19290808
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-192908081
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19290808
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1929
- Monat1929-08
- Tag1929-08-08
- Monat1929-08
- Jahr1929
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
schon die Lippen der Propheten des Alten Bundes überfließen lassen, sie hat sich in den Gesängen der Katakombenchristen ge- offenbart, sie hat bei uns im Lande die leisen, traurigen »Kurutz«-Lieder geschaffen, uüd sie ist es auch, die jetzt nach dem unheilvollen Zusammenbruch des 20. Jahrhunderts eine Zeit der Tränen und der Bücher entstehen läßt. Die Statistik ist trocken und trotzdem beredt, ihre Ziffern können uns stolz machen. Wäh rend des ersten Vereinsjahres erschienen 1200 Werke, im letzten Friedensjahre 2377, von da ab fällt die Produktion beständig, im schwarzen Jahre des Kommunismus hört sie fast völlig auf, von einigen Propagandaschriften abgesehen; aber die Statistik für 1921, das erste reine Nachkriegsjahr spricht bereits wieder von einer Produktion von 2318 ungarischen Büchern. Und in dem Maße, wie die Lage sich bessert und die Möglichkeiten des Buch verlags sich erweitern, wächst auch die Bücherzahl und im Jahre 1927 steigt die Produktion Ungarns aus 4424 Bücher gegen die 1200 von 1878. Vergegenwärtigen wir uns diese außerordentlich hohe Zahl, so lassen sich sehr interessante Schlüsse ziehen. Wir verlegen fast viermal so viel Bücher als vor einem halben Jahrhundert. Es erscheinen diese Bücher aber nicht in dem großen und reichen Ungarn von einst, sondern in einem armen und schrecklich ver stümmelten Staate. Auch die Verteilung der 4000 Bücher auf die einzelnen Sparten ist sehr aufschlußreich. Die theologischen Bücher steigen von 123 auf 242, die wissenschaftlichen in impo santer Weise von 700 auf 1900, Jugendliteratur von 60 auf 312 und die Belletristik von 142 auf 1244. Diese ungeheure Zu nahme gibt uns allerdings zu denken. Man könnte fast beküm mert darüber sein, wenn man diese Tatsache mit ungenügender Sachkenntnis prüft und es gibt gewiß Leute, die die übergroße Zahl der vielen Veröffentlichungen leichter Literatur verurteilen; aber die so denken, kennen die leidende ungarische Seele eben nicht. Ich sehe dabei den Hirten der Pußta vor mir, am knistern den Feuer sitzend wie zu den Tagen Rakoczis, die traurigen Weisen des »Kurutz« singend. Die gemarterte Seele verlangt nach einem kleinen Lied, sie sehnt sich nach Zärtlichkeiten, und die Literatur ist am ehesten geeignet, diesen Neigungen zu ent sprechen. Jedenfalls sind die 4424 Bücher ein ausgezeichneter Beweis der ungarischen Tatkraft. Und der Wert wird noch augenfälliger, wenn wir die Produktion ungarischer Bücher mit der Weltproduktion vergleichen. Leider kann ich nicht die ganzen 50 Jahre zurückgehen, aber ich besitze die Statistik der Buchpro duktion aus dem letzten Friedensjahre, die man vielleicht mit der von 1927 in Vergleich setzen kann. Wir sehen zu unserer Überraschung, daß es große, reiche, hochkultivierte Länder gibt, die in der Buchproduktion noch nicht den Stand der Friedenszeit erreicht haben. Z. B. Italien, welches im letzten Friedensjahr (1913) 10 039 Bücher herausbrachte, hat im Jahre 1927 nur 6533 veröffentlicht, es erscheinen in den Vereinigten Staaten 10 153 gegen 12 233, in Belgien 2209 gegen 3245, in Deutschland 31 028 gegen 35 078, in Dänemark 3239 gegen 3635, in Spanien 2374 gegen 2463, in England 13 810 gegen 12 379 (von hier ab ist die Bilanz aktiv), in Frankreich 11 922 gegen 10 758, im kleinen Holland 6103 gegen 3831 und endlich im noch kleineren Ungarn, wie bereits erwähnt, 4424 Bücher gegen 2377 im Jahre 1913. Das bedeutet in Prozenten, daß die Buchproduktion in Italien um 35 Prozent vermindert ist, in Belgien um 28 Pro zent, in Amerika um 20 Prozent, in Deutschland und Dänemark um 10 Prozent, in Spanien um 5 Prozent, wogegen sie in Frank reich um 10 Prozent, in England um 11 Prozent vermehrt ist; nur die Produktion zweier kleiner Länder ist mächtig angewachsen, in Holland um 60 Prozent und in Ungarn um 85 Prozent. Um die Wichtigkeit dieses Ergebnisses zu unterstreichen, er wähne ich, daß ich diese Angaben der offiziellen Zeitschrift der Berner Union zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst verdanke, die in der Nummer vom 18. Dezember 1928 (Le Droit d'Auteur) diese Statistik veröffentlicht hat. Wir geben gern zu, daß die geringere Produktionsziffer bei den großen Kulturstaaten keinen Kulturrückgang bedeutet und wir wissen nur zu gut, daß innerhalb einer großen Produktion sich auch manches weniger Wertvolle befinden wird, wir wissen wohl, daß nicht alle er schienenen Werke ganz lauteres Gold sein können, wir geben auch zu, daß unter unseren Büchern viel mehr Übersetzungen sind als in anderen großen Kulturländern, aber es ist doch unbestreitbar, daß Ungarn im Vergleich zur Friedenszeit gerade für 1927 ver hältnismäßig die größte Publikationsziffer aufweist. Noch mehr werden wir die Leistungen des kleinen Ungarn schätzen, wenn wir die Buchproduktion mit der Bewohnerzahl in Beziehung setzen. Bei der Mehrzahl der Länder ist die Verände rung nicht beträchtlich, wir verstehen z. B. die Abnahme der Bücherzahl in Deutschland um 10 Prozent, denn es hat Gebiets verluste erlitten, wir verstehen auch die Zunahme in Frankreich um 10 Prozent, denn die Bewohnerzahl ist dort um 10 Prozent gestiegen. Aber keine Statistik vermag uns die Tatsache zu er läutern, daß Ungarn, nachdem es von seinen 20 Millionen Lan deskindern 12 Millionen verlieren mußte, mit dem Rest von 8 Millionen 86 Prozent Bücher mehr produziert hat als 1913. Diese Tatsache kann ihre Erklärung allein in der Vitalität der ungarischen Energie finden, die heute aus dem Geiste und dem ge schriebenen Wort die Waffen für morgen schmiedet. Ich kann der Versuchung nicht widerstehen, mich bei dem Beweis der Vitalität des ungarischen Buches auf ein anderes Beweisstück zu stützen, das vielleicht etwas willkürlich erscheinen mag, das aber keines wegs geringwertiger ist als das soeben besprochene. Der bestbegründete Maßstab ist immer das Vermögen. Das treueste Spiegelbild des Reichtums eines Volkes gibt sein Staats haushalt wieder, d. h. seine öffentlichen Ausgaben; je größer diese Ausgaben sind, desto größer ist der Reichtum der Be wohner des betreffenden Landes, und die Wohlhabenheit bedeutet gleichzeitig, daß sie in der Lage sind, nicht nur für Nahrung und Kleidung reichlicher auszugeben, sondern auch für ihre kulturellen Bedürfnisse, für Bücher, die hier in erster Linie in Frage kommen. Wenn wir diese These zu Grunde legen, so kann jeder Ungar stolz darauf sein, daß sein unglückliches und völlig ruiniertes Land im Wettbewerb der Völker den ersten Platz einnimmt, es hat, ob wohl das ärmste von allen, 1927 verhältnismäßig die größte Büchcrzahl zu verzeichnen. Während England 22 Milliarden, die Vereinigten Staaten 18, Deutschland mit Österreich 12,5, Italien 5, Spanien 3,5, Holland 1,4, Dänemark 0,6 Milliarden Pengös gemäß ihren Haushaltplänen ausgeben, erreichten die gesamten Ausgaben Ungarns 1927 nur eine halbe Milliarde Pengös. Wir waren also der ärmste Staat und produzierten doch die größte Anzahl von Büchern. Wenn wir die Leistung Ungarns gleich 100 Prozent setzen, so folgen die übrigen Völker in nachstehender Rangordnung: Dänemark mit 71 Prozent, Hol land mit 56 Prozent, Deutschland mit 31 Prozent, Frankreich mit 29 Prozent, Italien mit 13 Prozent, Spanien mit 8)4 Prozent, England mit 7V- Prozent und die Vereinigten Staaten von Nord amerika mit 7 Prozent. Meine Damen und Herren, — ich sagte eingangs, daß der Maßstab unserer Aktivität allein der Gesichtspunkt sein könnte: was haben wir mit den Werten angefangen, die uns anvertraut wurden, was haben wir zu ihrer Entfaltung und zu ihrer Ver breitung getan?, und die Antwort darauf liegt in all dem, was ich soeben über das ungarische Buch gesagt habe, in seinen inneren und äußeren Beziehungen. Ich will nicht das ganze Verdienst für uns in Anspruch nehmen, da wir ja nicht allein der Anlaß sind, wenn wir auch bei der Ausbeutung der Schätze der ungari schen Schöpferkraft so manches erst den Schlacken entrissen haben. Wenn es sich darum handelt, den Wert des ungarischen Buches in seinen internationalen Beziehungen zu würdigen, so sprechen nur trockene Zahlen zu uns und keine Empfindungen. Wir erkennen, daß in unserer Arbeit von einem halben Jahrhundert es auch manches weniger Gute gegeben hat und daß es in erster Linie der schöpferische Geist Ungarns ist, dem vor allem der Lorbeer gebührt und daß es unsere Pflicht war, ganz einfach jenen göttlichen Fun ken aufzufangen und an ihm ein Fanal zu entzünden, um die finstere Nacht über Ungarn ein wenig aufzuhellen. Aber auf der anderen Seite wäre jener göttliche Funke ohne unsere Arbeit nur ein Meteor geblieben, das wohl für einige Augenblicke auf leuchtet, nach dessen Verlöschen es aber nur umso dunkler rings um ist. Auf daß nun die Fackel weithin leuchte, muß man sie recht hoch halten, damit der Lichtschein in die Weite dringen kann, und
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder