Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.10.1930
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1930-10-28
- Erscheinungsdatum
- 28.10.1930
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19301028
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-193010282
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19301028
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1930
- Monat1930-10
- Tag1930-10-28
- Monat1930-10
- Jahr1930
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
^ 251, 28. Oktober 1930. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn Buchhandel. Verkehrsinstitut kennt keine Absender und keine Empfänger, die ihm besonders nahestehen, in deren Dienst es sich allein oder auch nur vorzugsweise gestellt sieht. Seine Ausgabe ist es, den Verkehr selbst auf die höchste Stufe der Vollkommenheit zu bringen. Das gilt auch für die Verkehrsanstalt »öffentliche Bücherei«. Das heißt aber nichts anderes: die öffentliche Bücherei hat keine inhaltlichen Ten denzen, sie ist nicht Träger oder Vollzugsorgan einer bestimmten Weltanschauung, sie steht nicht im Dienste einer politischen Partei, sie wendet sich nicht an diese oder jene Volksgruppe. Sondern überall dort, wo in der Welt des Buches das neue Verkehrsproblem vorliegt, wo das Buch nicht zum Menschen, der Mensch nicht znm Buche kommen kann, dort setzt ihre Arbeit der Vermittlung zwischen Buch und Mensch ein. Daher müssen wir Volksbibliothekare es auch ab lehnen, wenn die öffentliche Bücherei einfach der Volksbildungsarbeit als eine besondere Abteilung zugerechnet wird. Volksbildungsarbeit, wie alle echte Bildungsarbcit, setzt ein inhaltliches Bildungsideal voraus, das durch die Bildungsarbeit im Leben verwirklicht werden soll. Keine Bildungsarbeit ohne letzte geistige Entscheidungen. Das gilt auch für d i e Volksbildungsarbeit, die nicht rm Dienst einer bestimmten Weltanschauungsgruppe steht, die sich also nicht auf be stimmte Lehrsätze stützt. Auch diese, oft als neutral bezeichnet Volksbildungsarbeit kann in Wirklichkeit nicht neutral sein, wenn sie echte Bildungsarbeit sein will, auch sie muß wurzeln in letzten Überzeugungen vom Sinn und Wert des Lebens. Würde die öffent liche Bücherei in diesem Sinne eine Volksbildungsanstalt sein, dann würde sie nicht die allgemeine geistige Verkehrsanstalt in der Welt des Buches sein können. Da aber eine solche Verkehrsanstalt durch die zivilisatorische Situation unseres heutigen gesellschaftlichen Lebens ebenso gefordert wird wie die Eisenbahn oder wie die Überland zentrale, so würde sofort, wenn die heutige Volksbücherei sich in' den Dienst einer Gruppe oder einer Partei begeben würde, wieder die Notwendigkeit einer allgemeinen öffentlichen Bücherei entstehen, überall dort aber, wo die öffentliche Bücherei heute schon ihre Auf gabe begriffen hat, ist sie dann eben Angelegenheit aller Gruppen, aller Parteien, all-er Richtungen, so wie ich das vorher für die Büchcrhallen der Stadt Leipzig geschildert habe. Das muß freilich noch gesagt werden: ist schon die Organisation des Verkehrs für die Giiter des materiellen Lebens keine Kleinigkeit, so ist die Organisation des Verkehrs in der Sphäre des geistigen Lebens, in.unserm Falle also in der Sphäre des Buches, eine außer ordentlich schwierige, aber auch eine außerordentlich reizvolle Auf gabe. Dieser Verkehrsbeamte, der moderne Volksbibliothekar, muß eine tiefe Anschauung von der geistigen Artung, von den geistigen Bedürfnissen der einzelnen Gruppen und Schichten unseres Volkes, von den geistigen Notwendigkeiten der einzelnen Weltanschauungs gruppen, von den geistigen Möglichkeiten der einzelnen Sozial- und Bildungsschichten haben. Aber nicht nur das! Er muß eine ebenso klare Einsicht haben 'in die Struktur des geistigen und des Buch lebens der Nation in Vergangenheit und Gegenwart. Und er muß die Kunst entwickeln, diese beiden Größen, das vielgestaltige Schrift tum der Nation und die vielgestaltigen geistigen Bedürfnisse der Lebenden zueinander zu bringen. Hier, nicht in der Propagierung irgendwelcher Meinungen, liegt seine eigentliche Aufgabe. Die mannigfachsten Arbeitsformen muß er hierzu entwickeln, eine Kunde vom Leser muß erarbeitet werden, eine eigentümliche »Topographie« des Schrifttums muß entwickelt werden, im Verkehr mit dem ein zelnen Leser muß sich höchste Kunst der Einfühlung in die geistige Lage des Einzelnen mit größtem Respekt vor seinem, des Lesers, eigenen geistigen Wollen verbinden. Ein Mißverständnis könnte freilich bei Ihnen, meine Zuhörer, nach diesen Darlegungen entstehen. Das Mißverständnis nämlich, als ob nun die universale Bücherei jedes Buch anschasfe und grund sätzlich jeden Leserwunsch befriedige. So darf die rückhaltlose An erkennung der verschiedenen inhaltlichen und geistigen Forderungen der verschiedenen Weltanschauungen, Parteien und Gruppen nicht verstanden werden, so darf der Satz von dem Respekt vor dem geistigen Leben des einzelnen Lesers nicht mißverstanden werden. Denn es gibt eben auch zahllose Bücher, die Produkt des Ungeistes sind. Es gibt die ganze große Flut der Kitsch-, Sensations- und Surrogatliteratur. Befürchten Sie nun nicht, daß ich zum Kampfe gegen diese Literatur aufrufen werde. Auch die Volksbücherei, wie ich sie Ihnen hier dargestellt habe, ist keine Einrichtung zur Be kämpfung dieser Erscheinung, die sehr tief in den allgemeinen, sozia len und geistigen Zuständen unserer Zeit wurzelt. Das allerdings muß ein Fundamentalsatz dieser Bücherei sein: sie kann nicht ihre eigene Aufgabe dadurch illusorisch machen, daß sic dieser After literatur ihre Tore öffnet. Sie will, noch einmal sei es gesagt, den geistigen Verkehr zwischen denen, die etwas zu sagen haben, und denen, die hören wollen, ermöglichen. Aber sie würde diesen Verkehr erschweren, in vielen Fällen ganz unmöglich machen, wenn 1032 sie auf ihren Verkehrswegen nun auch die Massengüter des Un geistes rollen lassen würde. Freie Bahn für jede Meinung, aber Freihaltung der neuen Verkehrsbahn von den Meinungs- und Ge fühlssurrogaten, die ihr Publikum sowieso mit Sicherheit finden, für die es also auch keiner besonderen Verkehrsregelung bedarf. So steht nun diese neue Volksbücherei vor uns: das universale Verkchrsinstitut in der Sphäre des Geistigen. Universal in sozialer Hinsicht: universal in weltanschaulicher Hinsicht: universal in litera rischer Hinsicht. Nur nicht universal in Hinsicht der Qualität. All seitig ausgreifende Universalität auf dem Boden der Qualität, in der Sphäre des echten Ausdruckes geistigen und seelischen Lebens. Und daß diese Bücherei nun auch in der Praxis eine Massenanstalt ist, daß ein ganzes großes vielgegliedertes Volk im Volke sich zu ihr bekennt, daß sie in der Breite ihrer Wirkung kaum von eiuer anderen Institution unseres kulturellen Lebens erreicht, geschweige denn übertroffen wird, das darf sicher als eines der erfreulichsten Zeichen dieser nicht immer erfreulichen Zeit gebucht werden. Buchhiindlerische Arbeitsgemeinschaften in Frankfurt a. M. Schlußbericht (l und II s. Nr. 239 u. 243). Am Donnerstag, dem 16. Oktober 1930, sprach Herr Kemps, Wiesbaden, über »Verkaufstechnik im Sortiment«. Wie stark gerade dieses Thema interessierte, bewies die ver hältnismäßig starke Beteiligung an dieser Abendveranstaltung, zu der auch von außerhalb zahlreiche Teilnehmer erschienen waren. Herr Kemps setzte seinen interessanten Ausführungen sein buchhänd- dem hohen Gedankens daß wir eine Mission zu erfüllen haben, daß wir Werte vermitteln und keine Artikel veräußern, ist es unser Standesstolz, nur dem wirklich guten Buch den Weg zu bereiten . . . Unser Sortiment soll kein Kaufhaus, sondern das Heim des guten Buches sein. Ein Ort anregenden künstlerischen Verkehrs, voller Geist und Liebe zum Buch.« Die Gesinnung allein macht aber, wie Herr Kemps weiter ausführte, nicht den tüchtigen Sortimenter. Wir wollen und müssen verkaufen. Um das gute Buch an das Publikum heranzubringcn, gibt es die verschiedenartigsten Möglich keiten und Werbemittel. Herr Kemps schilderte nun eingehend die bereits von ihm selbst für sein Geschäft erprobten Mittel. Das beste Werbemittel ist nach seiner Ansicht der Buchhändler selbst in seiner eigenen Person. Um aber Buchhändler zu sein, dazu gehören viele Jahre praktischer Tätigkeit, eine außerordentliche Belesenheit, eine genaue Kenntnis der Weltliteratur, wenigstens der großen Zusam menhänge, viel persönlicher Takt im Umgang mit der Kundschaft, ein seines psychologisches Empfinden, eine unbeirrbare Arbeits freude und eine große Liebe zum Berus. — Von den wichtigsten Wcrbefaktoren, die dem so ausgerüsteten Buchhändler zur Hilfe stehen, nennt der Referent die nach Materien geordnete Kunden- karto-thek, nach der ein systematischer Ansichtsversand vorgenommen werden kann, das Schaufenster, das so mannigfaltige Möglichkeiten bietet, seine eigenen Ideen und seinen Geschmack praktisch anzu wenden, Veranstaltung von Vorträgen inner- und außerhalb des Ge schäftslokales, Sonderausstellungen, Buchbesprechungsvorträge, Zu sammenarbeit mit den lokalen Tageszeitungen, Werbebriefe, Kino reklame, Vorträge in Schulen usw. Um diese verschiedenen Wcrbc- möglichkeiten voll ausnutzcn zu können, ist es notwendige Voraus setzung, daß der Sortimenter starken persönlichen Kontakt mit allen den Gesellschaftskreisen herstellt, die als Interessenten und Leser des guten Buches in Frage kommen. An diese aufschlußreichen Ausführungen des Herrn Kemps, die den anwesenden Sortimentern manche wertvollen Hinweise gaben, schlossen sich einige Verkaufsgespräche an, die zeigten, wie der Jung buchhandel im Sortiment ernstlich bemliht ist, seinen schwierigen Auf gaben dem Käufer gegenüber in jeder Weise gerecht zu werden. Zu Beginn des letzten Arbeitstages am Sonntag, dem 19. Ok tober, gab Herr Köster Kenntnis von eingegangenen Glückwunsch schreiben der Herren Walter von Molo, Hans Bott und des Rhei nisch-Westfälischen Jnngbuchhändlerkreises. Herr I)r. Bergmann, Jena, hielt sodann einen Vortrag über das Thema: »Wie führe ich den Kunden in die Literat urvon heute ein?« Um den Kunden in die Literatur einfiihrcn zu können, muß man, wie Herr Or. Bergmann ausführte, die beiden bestehenden verschiede nen Lebenskreise, nämlich den geistigen Raum des Buches und den Lebensraum des Kunden kennen und in Einklang zu bringen ver-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder