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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.01.1939
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- 1939-01-14
- Erscheinungsdatum
- 14.01.1939
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Neuer deutscher Volkskalender Bibel, Gesangbuch, Kalender waren die drei Hausbücher unserer Vorfahren. Man war genau so gut kalenderfest wie bibelfest. Der Inhalt eines Kalenders gliederte sich grundsätzlich in drei Teile: in das Kalendarium mit den Daten und den Hei ligen, den Mondphasen, in die Praktiken, die Wetterregeln und Belehrungen aller Arten brachten, und in den erzählerischen Teil, der belehrte oder Wundergeschichten erzählte und, was nicht fehlen durfte, die Weltläufte darstellte. Doch damit ist wenig gesagt, denn dies ändert sich auch in späteren Kalendern nicht sehr und all die Nachfahren der Volkskalender, die es heute noch gibt, bringen vieles aus diesen Gruppen immer noch. We sentlich für den alten Volkskalender war, daß das Volk sich in diesen Teilen selbst darstellte, daß in der Art, wie dies alles dargeboten wurde und von Glauben und Aberglauben durch woben war, das innere Reich des Volkes zum Ausdruck kam. So sind heute noch die Volkskalender die besten Urkunden von dem geistigen Leben unserer Vorfahren. So gab es letztlich auch nur einen Volkskalender. Denn noch treibt die aufklärerische Ver ehrung des Individuums nicht ihr Wesen. Dis vielen Kalender, mögen sie auf den ersten Blick noch so verschieden sein, sie sind doch nur wie verschiedene Farbabstufungen von einer Grund farbe. Um dies zu verdeutlichen, möchten wir drei Beispiele bringen, die die drei Bereiche des Kalenders in ihrer Volks verbundenheit an drei verschiedenen Kalendern zeigen. Betrachten wir den bemerkenswertesten der heute noch er scheinenden Bauernkalender, es ist der Stehrische Mandlkalender aus Graz (Leykamsche Druckerei), der noch in manchem Haushalt der östlichen Alpenländer anzutreffen ist. Das älteste Exemplar ist 1756 nachweisbar, doch ist die nahe Verwandtschaft zu den wenigen noch vorhandenen, ab 1440 nachweisbaren in Holz ge schnittenen Kalendern ersichtlich. Dieser steyrische Mandlkalender enthält die Quintessenz dessen, was der Bauer verlangte: das Kalendarium mit den Heiligen und den Festen, mit den Ge stirnsbewegungen und den Wettervoraussagen. Dies wird nun in einer Bilder- und Zeichensprache vorgeführt, in der Weise schlichtester mittelalterlicher Holzschnitte, in mehreren Farben bunt gedruckt, daß jeder des Lesens Unkundige mit einem Blick alles das überschauen kann, was für ihn an jedem Tage wichtig ist. Nichts derartiges sollte heute kopiert werden, aber es ließe sich vieles daraus lernen. Mit solch einer, in wohlgestalteter Bildsprache auf die allereinfachste sinnbildliche Formel gebrach ten Darstellung war die Verknüpfung des Lesers zum kosmischen und irdischen und himmlischen Jahreslauf geleistet. Das zweite Beispiel liefert Grimmelshausen mit seinem Volkskalender, der deshalb die anderen seiner Zeit <so den Co- lerus) überragt, weil er in eigenartig lebendiger Weise den Volksmann in den Sinn des Kalenders, in das Wesen der Astronomie, der Sonnen-, Mond- und Sternenläuse einzuführen weiß, ja auch der Entstehung der Wetterregeln und mancher Praktiken auf den Grund geht. Die Technik Grimmelshausens ist das gesprächige Unterhalten in Rede und Gegenrede. Der Dich ter erzählt, wie er als dummer und ungelehrter Mann sich über all Rat und Wissen zusammenholen muß, um seinen Kalender schreiben zu können. Aus der Weise aber, wie dieses Belehren und Unterhalten gehandhabt wird, ließe sich vieles für die Er langung eines volkstümlichen Unterhaltungstons im neuen Volkskalender lernen. Erst sünf Generationen später finden wir Ähnliches meisterhaft bei Hebel, der den Hausfreund mit seinem Adjunkten, der Schwiegermutter, dem Herrn Theodor sprechen läßt. Hebels Kalender e r z äh l un g e n wollen wir uns eben falls erinnern. Sie sind selbständige Kunstwerke. Wie auch im »Rheinischen Hausfreund» Wetterregeln und mancher Stoff aus den Bauernpraltiken wieder dargestellt wurde, kennen wir alle. Wir möchten uns aber darin vertiefen, in welch bedeutender Weise das Geschehen der Zeitläufte dargestellt wird und nehmen dazu nur eine Geschichte vor: »Unverhofftes Wiedersehen». Ge rade weil sie nicht wie Anekdoten oder historische Betrachtungen dem besonderen Zwecke dienen will, erleben wir das fähige Kön nen, Geschichte darzustellen, hier besonders eindringlich. Uns weht der Atem der Zeit selbst an, so vermeinen wir das Walten der Geschicke zu verspüren, wenn wir die Zeitspanne von mehr als fünfzig Jahren in zweifacher Weise erleben. Im Vorder grund nehmen wir an dem Geschick der zur Greisin gealterten Braut teil, die ihren vor fünfzig Jahren verschütteten Bräu tigam wiedersicht, der in seiner Jünglingsgestalt im zugeschüt teten Schacht unverwest und unverändert blieb. Hier blieb die Zeit stehen. Aber »unterdessen wurde die Stadt Lissabon in Portugal durch ein Erdbeben zerstört, und der Siebenjährige Krieg ging vorüber, und Kaiser Franz der Erste starb, und der Jesuitenorden wurde aufgehoben und Polen geteilt, und die Kaiserin Maria Theresia starb, und der Struensee wurde hin gerichtet, Amerika wurde frei und die vereinigte französische und spanische Macht konnte Gibraltar nicht erobern. Die Türken schlossen den General Stein in der Beteraner Höhle in Ungarn ein, und der Kaiser Joseph starb auch. Der König Gustav von Schweden eroberte Russisch-Finnland, und die Französische Re volution und der lange Krieg fing an, und der Kaiser Leopold der Zweite ging auch ins Grab. Napoleon eroberte Preußen und die Engländer bombardierten Kopenhagen und die.Ackerleute säeten und schnitten. Die Müller mahlten, und die Schmiede häm merten ...» Solcher Art ist Hebels geschichtliches und oft auch politisches Belehren im Kalender. Selbst in dieser künstlich ge fügten Geschichte, deren Kern aus einem fremden Buche stammt, ist ein volkstümlicher Darstellungston gefunden, durch besondere Anschaulichkeit, durch Vergleichen, durch die Freude an Zahlen und Aufzählen und die Hereinnahme sinnfälliger Daten. Doch nun beginnt der Niedergang des Volkskalenders. Im alten Volkskalender stellte sich das Volk selbst dar, er war Pro phet des Volkes. Auch noch Hebels Kalender wie später Gott- helfs sind dies, denn beide Kalendermacher waren Söhne des Volkes in der Gesamtheit wie auch »des Volkes», das sich nun von »den Gebildeten» scheidet. Aber es ist doch schon bezeichnend, wie beide sorgsam überlegend an die Bewältigung der Aufgabe Herangehen. Gotthelf schreibt 1838: »Aus Rezepten, wie Wan zen zu vertreiben seien, und wie viel Junge die Steinböckin habe, macht man keinen vernünftigen Kalender. Das kömmt aus der verflucht dummen, gemeinnützigen Zeit, wo man im Ernste des Lebens nicht tiefer kam, als zu Rezepten, und in der jetzt noch unsere Staatsmänner taumeln. Ich möchte in dem Kalen der Predigten bringen, das heißt hohe Wahrheiten, aber entkleidet von allem Kirchlichen, gefaßt in Lebens sprache, wie man sie auf der Kanzel nicht duldet ... Na türlich muß ich erst damit anfangen, dem Kalender lebendigen Inhalt zu geben, der allen gewöhnlichen fehlt». Und nicht viel anders äußert sich Hebel etwa zwanzig Jahre früher: »Ich habe mich vom ersten Augenblick an nicht begnügt, den Kalender bloß zu redigieren und in Parallele mit anderen großenteils durch Z.Fortbildungskursus für Verlagshersteller 1939 Der Termin des im Börsenblatt Nr. 2 vom 3. Januar aus geschriebenen diesjährigen Fortbildungskursus für Bcrlagsher- steller muß wegen der am b. März beginnenden Leipziger Früh jahrsmesse um eine Woche hinausgeschoben werden. Der Kur sus läuft infolgedessen vom 12. bis 2S. März. Den Anmeldungen, die schon jetzt an die Geschäftsstelle des Börsenvereins erbeten werden, ist ein kurzer Lebenslauf bei zufügen. Dieser hat neben den in der Bekanntmachung vom 2. Januar erwähnten Angaben auch solche über Geburtsort und -tag, Beruf des Vaters, Schulbildung und Namen der jetzigen Beschüftigungsfirma zu enthalten. Unterkunft im Hospiz wird auf Wunsch besorgt. Der Preis für das Einzelzimmer einschließ lich Frühstück beträgt je Nacht RM 2.00. Das Mittagessen wird zweckmäßigerweise gemeinsam im Buchhändlerhaus eingenom men, es kostet RM 0.80. Leipzig, den 12. Januar 1930. vr. Heß. »s
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