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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.10.1929
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- 1929-10-15
- Erscheinungsdatum
- 15.10.1929
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- Deutsch
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>-r 240, 15. Oktober 1929. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Die Grund-Überlegung für jede Art von Exportation ist: wer ist der Konsument? Als Konsument des deutschen Buches können im Auslande nur zwei Klassen in Frage kommen: Deutsche, die noch deutsch sprechen, und Ausländer, die deutsch sprechen gelernt haben. Um also das deutsche Buch exportieren zu können, müssen wir dafür sorgen, daß die im Auslande leben- :dcn Deutschen der Pflege ihrer Muttersprache nicht entwöhnt werden, und zum anderen müssen wir dafür sorgen, daß in den fremden Ländern die Neigung, deutsch zu lernen, nicht erlischt. In beiden Fällen ist das Ziel einfach und von jedermann leicht zu begreifen; um so mehr Takt und Differenzierung, um so mehr Überlegung von Fall zu Fall erfordert die Method e. Wohl meinende Fürsorger haben dabei schon manchen Fehler began gen. Zu diesen Fehlern gehört auch die Idee, man müsse darauf achten, daß nur gute hochstehende Bücher ins Ausland gehen, also die Idee des sogenannten Hinauflcscns. Das ist ganz falsch. Die Hauptsache ist, daß überhaupt deutsch gelesen wird. Den wirklichen Schund, der dem deutschen Namen nur Unehre machen würde, nehme ich selbstverständlich aus. Aber die harmloseste Unterhaltungslitcratur, der biederste Bolkskalendcr, die breiteste illustrierte Zeitschrift, die irgendeinem Farmer und seiner Fa milie ein paar angenehme Stunden machen, haben eine Mission erfüllt. Wie bei uns auf dein flachen Lande das deutsche Pfarrhaus und das deutsche Lchrcrhaus die Überland-Zentralcn der Sitte und Bildung sind, so haben wir in den letzten Jahren eine Fülle von Belegen dafür gesammelt, daß in fernen Ländern mit ganz dünner deutscher Bevölkerung die Pfarrer und die Lehrer als Schatzbehaltcr und Verbreiter für die deutsche Bildung und das deutsche Buch mit Aufopferung wirken. Gerade diesebeiden Stände find ja auch auf das lebhafteste an der Erhaltungder Kenntnis der deutschen Sprache interessiert, weil allein aus deren Boden sic ihr Amt entfalten können. So weiß ich z. B. von einem Pfarrer in Texas, der dort eine Leihbibliothek unterhält und weite Ritte unternimmt, uni die Schäfchen seiner Gemeinde mit deutschen Büchern zu versehen. Die Errichtung von Leihbibliotheken, kleinen Schulbibliothckcn und Volksbüchereien, die dem geistigen Appetit der jeweiligen deutschen Bewohner entsprechen und die ihnen, wenn ich so sagen darf, durch Pflegepersonal mundgerecht nähcrgebracht werden, ist also eine Kardinalfordcrung. Aber cs gibt auch andere Wege: so wirkt in 'Ägypten mit dankenswerter Emsigkeit ein deutscher Buchhändler, indem er durch Übersetzungen, die er selbst Herstellen läßt, dem deutschen Publikum feiner Buchhandlung die Kenntnis wertvoller ägyp tischer Bücher, dem ägyptischen die Kenntnis wertvoller deutscher vermittelt und so den Geist der Aufklärung und der Bölker- vcrsöhnung Pflegt. Wieder einen anderen Weg hat ein Freund un serer guten Sache in Mexiko betreten: er gibt dort ein regel mäßig erscheinendes Verzeichnis deutscher Bücher heraus, dem er Inhaltsangaben in spanischer Sprache beifügt; damit macht er die Kenntnisnahme von'deutschen Neuerscheinungen, die aller dings bei den Erwerbern die, Kenntnis der deutschen Sprache voraussetzen, doch auch schon dem flüchtigen spanischen Leser wesentlich bequemer und reizvoller, als wenn er in einem nur deutschen Kataloge blättern müßte. Auch hier ist der glückliche Gedanke, an den Fremden das deutsche Buch müheloser hcranzu- bringen, verwirklicht. Alle solche selbstlos begeisterten Fahnenträger müssen von Deutschland aus ermutigt und tatkräftig unterstützt werden. Das find wundervolle Aufgaben für die großen Vereine, für Korpo rationen und nicht minder für den Staat. Es geschieht ja be reits viel, aber es muß noch viel mehr geschehen. Man darf nicht erlahmen, weil nicht gleich alle Blütcnträume reifen. Steigen wir nun höher hinaus in die Kreise, die das geistige Buch, das Buch der großen Literatur und der Wissenschaft frequentieren, so liegen die Dinge wieder ganz anders. Das find die Kreise, die das deutsche Buch kaufen sollen, ja kaufen müssen, wenn der deutsche Verleger fest auf seinen Füßen bleiben soll — der deutsche Verleger, der mit dem Jnlandabfatz viel dorniger gebettet ist, als die meist ironisch lächelnde Umwelt zu glauben geneigt ist. Für diesen Vertrieb des deutschen Buches 1102 brauchen wir sachkundig geleitete deutsche Buchhandlungen im Auslande; und da der alte Stamm durch den Krieg bis in die Wurzel getroffen ist, brauchen wir neuen Samen. Wir müssen, und das ist eine ganz besondere Aufgabe der deutschen Buchhänd ler, dafür sorgen und Mittel dafür bercitstcllcn, daß recht viele tüchtige junge Buchhändler hinaus in die Welt gehen und sich eine neue Heimat und einen neuen Wirkungskreis gründen. Über Nacht kann dieser Samen nicht aufgehen; aber wir wollen uns die Beispiele aus älterer Zeit vor Augen halten und an Männer denken wie Trübner in London, wie Klincksieck in Paris, wie Löscher in Rom, wie Stechert in New Jork, die es in frem dem Lande nicht nur zu Vermögen, sondern auch zu Ehre und Ansehen gebracht haben. Das muß wiederkommen, und dazu müssen wir den geeigneten Kräften unter die Arme greifen. Denn eine gute deutsche Buchhandlung im Auslande ist kein Fremdkörper, sondern ein nützliches und geschätztes Glied der ausländischen Wirtschaft. Aber so wenig ein tüchtiger Apotheker nützt, wenn kein guter Arzt da ist, der die Arzneien richtig anzuwenden versteht, > so wenig nützt der bestassortierte Laden mit deutschen Büchern, wenn der ausgewanderte Deutsche von Generation zu Genera tion sich immer mehr der deutschen Sprache entwöhnt. Hier blüht die große Ausgabe der deutschen Schule im Auslande. Mit Stolz verzeichnen wir es, daß in vielen Ländern, wo deutsche Schulen nach dem Kriege wieder ausgelebt sind, sie sich solcher Achtung erfreuen, daß auch eingeborene Eltern ihre Kinder den deutschen Schulen anvertrauen. Es wird Sie interessieren zu hören, daß z. B. Nobile seine Kinder die deutsche Schule in Rom hat besuchen lassen und daß außer Mitgliedern der deut schen Kolonie auch Argentinier und Spanier in der deutschen Schule zu finden sind. Und damit komme ich nun zu dem im politischen Sinne viel wichtigeren Kreis, den wir für das deutsche Buch erobern müssen, nämlich zu dem eigentlichen Ausländer. Während es sich beim Auslanddeutschen um sine konservierende Tätigkeit handelt, handelt es sich beim deutschlesenden Ausländer um die Zukunft, um den Fortschritt. Hier können wir nicht disponieren, nicht organisieren, hier heißt die Parole: durch Leistung Achtung, durch Wesen Liebe erringen. Eine Kardinalforderung zur Er reichung dieses Zieles ist: möglichst viele ausländische Studenten an deutsche Universitäten und Bildungsstätten ziehen. Denn der Student von heute ist der Professor, ja ist vielleicht der Mi nister von morgen. Je tiefer, je reiner, je achtungsvoller sich ein solches junges Herz mit deutschem Geiste, gefchöpft aus deut schen Lehrbüchern, erfüllt, desto mehr wird es im späteren Leben kraft dieser Jugcndeindrücke unser Freund und der Freund unserer Literatur bleiben. Zweifelsohne sind mit dieser Taktik mancherlei Unannehmlichkeiten verknüpft, und es gibt Elemente, die man besser fernhält; aber darum bleibt der Grundsatz doch richtig. Und wenn wir mit Stolz in unseren Exportstatistiken sehen, welche Mengen deutscher wissenschaftlicher Bücher aller Fakultäten Tag um Tag ins Ausland gehen, ja wie z. B. der Ferne Osten ein Absatzsaktor ist, ohne den auf gewissen Gebieten heute keine wissenschaftliche verlegerische Kalkulation mehr mög lich ist, so sind das die Früchte solcher Politik der offenen Tür. Schon der Dank für all das Kostbare, was wir vom Ausland empfangen und durch Übersetzung uns zu eigen machen, ver pflichtet uns zu liberaler Ausnahme lernbegieriger Ausländer. Das führt mich darauf, dem weitverbreiteten Wort von der Überfremdung im übersctzungswescn cntgegenzutreten. Gewiß wäre es schön, wenn ebenso viele deutsche Romane ins Aus ländische übersetzt würden wie ausländische Romane ins Deut sche. Aber wir müssen uns von der Idee frei machen, daß Deutschland das Volk der Dichter und Denker ist; ich glaube viel eher, daß wir Grund haben, das Wort in seiner Rangordnung umzudrehcn und vom Volk der Denker und Dichter zu sprechen. In unserem Zeitalter sind es doch wohl unsere Leistungen aus dem Gebiete der Wissenschaft, der Technik und der Forschung, die uns in der Welt Ansehen verschafft haben. Und wenn wir die Gesamtsumme aller in den letzten zwei Jahren vom Deutschen ins Ausländische übersetzten Bücher berechnen, und
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