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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.02.1930
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1930-02-27
- Erscheinungsdatum
- 27.02.1930
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- Deutsch
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49, 27. Februar 1930. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn Buchhandel. des Menschenfluges, nein als Erlebnis des Auges, existiert nicht; unserin abstrakten Denken entsprechend muß ein neuer Höhen-, Strecken- »der Dauerflugrekord erreicht sein, oder es muß wenig stens der Name irgendeines Handelsartikels an den Himmel ge schrieben werden. Erziehen mir darum die Kinder viel mehr als bisher zum Sehen durch das illustrierte Buch! »Trinkt, o Augen, was die Wimper hält, von dem goldnen Überfluß der Welt!« singt Gott fried Keller, der selbst ein Maler war, bevor er Dichter wurde und der als Dichter mit Arnold Böcklin befreundet war. Den »goldnen Überfluß der Welt« aber werden wir immer in dem Maße empfinden, in dem wir ihn bildhaft verarbeiten können, in dem Maße, in dem wir in der Jugend das bildhafte Sehen geübt haben. Von solchen Erwägungen ausgehend, wird zum »Tag des Buches» in München diesmal in der Residenz eine Ausstellung von Bilderbüchern und illustrierten Büchern für die Jugend ver anstaltet werden. Die Ortsgruppe München des Bundes der deutschen Gcbranchsgraphiker und der Süddeutsche Jllustratoren- bund München werden mit Originalen und Abdrucken einen Überblick über das Schaffen der Münchener Künstler auf diesem Gebiete geben. Die Bücher werden offen aufliegen, damit man darin blättern kann, und die Schulbehörden sollen gebeten wer den, klassenweise Führungen in die Ausstellung zu gestatten. Außer Illustrationen und Bilderbüchern werden auch Wand bilder für den Anschauungsunterricht in der Schule zu sehen sein. Die Künstler versprechen sich von der Ausstellung, die vom 21. bis 30. März bei freiem Eintritt geöffnet sein wird, zweierlei: das Interesse des Publikums für das illustrierte Kinderbuch zu verbreitern und zu vertiefen und ferner, die Verleger auf die in München tätigen Künstler aufmerksam zu machen und damit zu erreichen, daß wieder die zeichnerische Buchausstattung mehr zur Geltung gelange, nachdem sie in letzter Zeit durch die photogra phische Buchausstattung etwas in den Hintergrund gedrängt wor den ist. Nähere Angaben über Ausstellungsbedingungen usw. erfahren unsere Leser in den »Kleinen Mitteilungen« auf S. 198 dieser Nummer. Der Roswitha-Tag in Gandersheim. Von Friedrich Reinecke. Wenn vor 1000 Jahren eine deutsche Dichterin Legenden, Dra men und Epen schrieb, so müssen wir doch annehmen, daß sie diese in erster Linie für ihre Zeit und nicht für die Zukunft schrieb, daß sie also mit einer Leserschar rechnete. Auch die Behauptung, es habe zu allen Zeiten Überproduktion gegeben, würde diese Annahme nicht widerlegen, sondern sie vielmehr bestätigen. Wenn die Werke dieser Dichterin nach 1000 Jahren noch in einer billigen Sammlung (Reclam) vorliegen, also jetzt noch eine Leserschar finden und der Buchhandel seinen Nutzen daraus zieht, so ist das Beweis genug für ihre Stärke. Und wenn schließlich nun nach 1000 Jahren der Ge burtstag dieser ersten deutschen Dichterin durch eine würdige Feier an der Stätte ihrer Wirksamkeit begangen werden konnte, so ist bas ein literarisches Ereignis, an dem der Buchhandel aus guten Gründen sehr rege hätte teilnehmen sollen. Werbung für das Buch, die ihn nichts kostet, hat der Verbreiter der Literatur, der sich auch gern Kulturträger nennt, immer gern. Und der Buchhändler, der zufällig oder bewußt am Sonntagmorgen, dem 9. Februar dieses Jahres, seinen Empfänger auf die Welle des nordischen Rundfunks lder Norag) eingestellt hatte, wird es auch mit Genugtuung und als selbstverständlich empfunden haben, daß im Sitzungssaal des Rat hauses der Stadt Gandersheim der Bürgermeister in seiner kurzen Ansprache unter den anwesenden Ehrengästen auch den Buchhandel begriißt hat. Aber dieses Häuflein anwesender Buchhändler war doch arg, ja beschämend klein und gar nicht einmal zuständig! Mir hatte es Roswitha angetan und auch die Absicht, einmal mit den Augen des Mannes zu schauen, was die Augen des kaum schul pflichtigen Knaben doch noch nicht aufzunehmen vermochten. Und diese Sehnsucht nach einem Stückchen Heimaterde hat sich mehr als nur verlohnt. Da die Gandersheimer Tagung im Zeichen der schas senden Frau stand, hatte ich noch eine schaffende Frau, eine selb ständige Buchhändlerin, zur Fahrt nach Gandersheim angeregt und so wurden wir an Stelle des zuständigen Verbandes unbewußt und ungewollt dessen Repräsentanten, obgleich wir bestimmt damit ge rechnet hatten, wenigstens die Prominenten des buchhändlerischcn Nachbarstaates dort zu treffen. Daß ich dort sonst niemanden vom Buchhandel traf, hat mir doch zu denken gegeben. Ich halte es nicht für richtig, daß sich der Buchhandel überall und selbst dort, wo er hingchvrt, versteckt. Die Tageszeitungen haben lange Aufsätze gebracht, der Film bringt Bilder von der Tagung. Die Wochen-, Frauen- und Monatsschriften tun es ebenfalls, wenn auch von den literarischen Zeitschriften — so schätze ich wenigstens nach meiner Erfahrung im Buchhandel — keine mit einem Wörtlein dieses Ereignis erwähnen wird. Hätte da nicht der zuständige Buchhändlerverband ein Treffen veranstalten sollen? Der Tag gab reichlich Gelegenheit zu fruchtbaren und an regenden Diskussionen unter Buchhändlern. Oder, da die Veranstal tung zu einem Ehrentag für die schaffenden Frauen ausersehen war, hätte der Verband nicht die Buchhändlerinnen und Jungbuchhändle rinnen zu einem Treffen zusammenrufen sollen? Ich habe bei dem Goslarer Treffen so manche tüchtige und kluge Buchhändlerin kennen gelernt, sogar eine, die eS verstand, die Zügel der Rede und Gegen rede — sie war verheiratet — mit Geschick aufzunehmen! Und sie alle hätten Ehrenkarten bekommen! *) Warum versteckt auch Ihr Mädchen im deutschen Buchhandel Euch immer noch? Kollegen, die mit männlichen Gehilfen wenig gute Erfahrungen gemacht hatten, wußten mir gerade von Euch viel Rühmendes zu berichten! Das soll weder ein Urteil über alle männlichen, noch über alle weiblichen Mitarbeiter sein; aber doch eine Bestätigung, daß es auch tüchtige Buchhändlerinnen gibt. Wenn der Mann also zurllcksteht, sollte wenigstens am Tage der schaffenden Frau die Buchhändlerin nicht fehlen. Das alles hätte ich hier nicht öffentlich gesagt, wenn es nicht eine Mahnung für den ganzen Buchhandel sein sollte; denn auch der Buchhandel hat Pflichten, und von diesen eine ist es die, zur rechten Stunde wenigstens da zu sein! Meine lieben Kollegen vom Nachbarverbande bitte ich, meine Offenheit nicht etwa persönlich oder übeldcutend auszulegen. Ich bin überzeugt, daß wir in unserem Verbandsgebiet schon genug ähnliche Gelegenheiten ebenso unbewußt und ungenutzt vorübergehen lassen haben, weil uns diese öffentliche Repräsentation des Buchhandels noch nicht liegt, noch etwas Neues, vielleicht auch etwas Unbequemes ist. Und doch ist sie notig. Die Einladung zum Roswitha-Tag sagte unter anderm kurz und bündig: »Zu den Veranstaltungen laden wir jeden ein, der an der geistigen Gestaltung Deutschlands mitwirkt oder daran Anteil nimmt«. Das ist siir den Buchhandel genug gesagt. Und wenn in dem Städtchen Gandersheim ein Buchhändler ansässig wäre, so hätte er auch sicher lich daran gedacht, die Kollegen zusammenzurufen, den Festausschuß auf den Buchhandel aufmerksam zu machen. Ich nehme mit Be stimmtheit an, daß an den Buchhandel — abgesehen von der kurzen Notiz im Börsenblatt — offiziell keine Einladung ergangen ist. An mich gelangte sie auch nur auf meine Anfrage, wie die Teilnahme an allen Veranstaltungen möglich wäre und dann zugleich mit der Über sendung von zwei Ehrenkarten. Ich wiederhole ausdrücklich, daß meine Einleitung nichts weiter als den Zweck hat, den Buchhandel allgemein zu veranlassen, an den geistigen Ereignissen mehr teil zunehmen und jeden einzelnen Buchhändler aufzufordern, seine be rufene Vertretung auf solche Gelegenheiten aufmerksam zu machen. Meine Ausführungen betreffen also den Gesamtbuchhandel, und ich denke gar nicht daran, die ringsum so liebevoll gepflegten nachbar lichen Beziehungen unseres Verbandes irgendwie zu trüben. Uns dankte ein prächtiger Wintertag. Während des Gottes dienstes im altehrwürdigen romanischen Münster, dem Neste des ehe maligen Benediktinerinnenklostcrs, drang schon strahlender Sonnen schein durch die Chorfenster ein. Die Predigt war über Erwarten gut und führte aus, wie Roswitha eigentlich als Christin geschrieben habe, damit alles, was wir in Worten und Werken tun, zum besten des Herrn geschehe. Die musikalischen Darbietungen (Gesang und Noragkapelle), eingeleitet durch ein Konzert von Bach, gaben der Morgenfeier im Münster ein würdiges Gepräge. Von den Urauf führungen wirkte namentlich das geistliche Trinklied, von Adolf Secker vertont, nachhaltig. Die katholische Lyrikerin Martha Große erklärte vorzüglich unter dem nicht ganz richtig gewählten Thema »Die Roswitha-Tradition«, wie die Dichtungen der Roswitha ent standen und vor allem, wie sie zu verstehen sind. Die Festsitzung im schönen gewölbten Rathaussaal wurde mit musikalischen Vorträgen begonnen und beschlossen. Der Begrüßungs rede des Bürgermeisters folgte die Eröffnung der Tagung durch den Intendanten der Norag Hans Bodenstedt und schließlich die Festrede *) Daß sich Gandersheim allein schon gelohnt hätte, bitte ich in Dehio nachzulesen! 195
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