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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 30.03.1926
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- 1926-03-30
- Erscheinungsdatum
- 30.03.1926
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-4 7b, 30, März 1928. Redaktioneller Teil. einigen einslußreichen Männern zahllose Male gepredigt werden muffen, ehe es begriffen worden ist. Am ersten haben dafür die Vertreter der Naturwissenschaften im weitesten Sinne ein Ohr gehabt. Freilich stand auch ihr Wissensgebiet mitten im Strome des öffentlichen Lebens und hatte es nach allen Seiten hin leicht, Berührungspunkte zu finden. Gleichwohl sind die Bestrebungen des überaus verdienstvollen Verlegers der »Gartenlaube-, Ernst »keil, nach dieser Richtung hin sowie in bezug auf Wirtschasts- und Rechtskunde bezeichnenderweise nicht nur lange vereinzelt ge blieben, sondern sogar niehr oder minder heftig befehdet und als irreführend verdächtigt worden. Auch im Buchhandel selbst, ob gleich man wenigstens hier wissen sollte, daß alles Wissen Stück werk und von jeher das Bessere des Guten Feind ist. Wie wenig aber unsere Gelehrten ihrer Pflicht, die Volksgcsamthcit zu be lehren, aus einem der wichtigsten Wissensgebiete gerecht geworden sind, zeigt die jahrzehntelang unersüllt gebliebene Forderung der Öffentlichkeit nach einem Leitsätzen der Volkswirtschasts- und Rcchtskundc, Verleger, die es sich angelegen sein liehen, dafür eine geeignete Feder zu finden, begegneten überall der Ablehnung, ja fast spöttischem Kopsschütteln, Gerade die Unfähigkeit, dieses Wissens Grundbegriffe fasst ich und anziehend zu entwickeln, zeigt, wie weit bei uns der Unterschied zwischen Allgemein- und Sondcr- wisscnschast klafft, der doch bei anderen Völkern — wir wissen es: zu deren Heil — mehr oder weniger überwunden ist. Sogar unsere Siege von 1870, die unser Land an die Spitze Europas brachten, haben in dieser Richtung wenig gebessert. Ein Staat mit einem solchen Überfluß an geistigen Krästcn aller Art, die nur der Betätigung harrten, hätte unter zielbewusster gei stiger Führung in den »Werken des Friedens und der Gesittung- nicht minder erfolgreich sein sollen und können als mit dem Schwert, Die erste Hälfte der siebziger Jahre begann dagegen mit Beweisen vom Gegenteil. Auch im Buchhandel; und cs liegt in der Natur der Sache, daß sich bei ihm die Anzeichen und die Folgen der Mängel be merkbarer machten als bei irgendeinem andern Gewerbs- bzw, Handelszweige, Ein Buch ist eine Gemcinsamkcitslcistung ver schiedener Industrien und Künste in gedrungenster Gestalt und als solche der Fürsorge eines kundigen überprüfcrs besonders bedürslig. Gerade in einer Periode des Verfalls der Werk- tüchtigkcit aus den beteiligten Gebieten hätte die Vcrlagskunst vielem Unheil steuern können. Daß dies nicht oder nicht weit genug geschehen ist, beweist, das; auch die Buchmacherci sehr im argen lag. Auch sie traf daher das Vcrdammungsurtcik aus dem Munde Professor Fricdr, Rculeaux', unseres Rcichsbevoll- mächligteu für die Weltausstellungen, worin er seine Wahr nehmungen aus der Ausstellung zu Philadelphia 1876 zusammen- sajstc: »Billig und schlecht-. Und zwar gemäß der angedcutcten Eigenart des Buches galt es diesem ganz besonders. Stand es doch inmitten einer Strömung von Gewalten, die seinem eigent lichen Wesen fremd und feindlich waren. Während der geistige Inhalt des Buches Tüchtigkeit predigte, zeugte sein Äußeres vom Gegenteil: auf schlechtem Papier schlechter Druck, ein roh behan delter Buchblock in einem durch kümmerliche Kinkerlitzchen auf- geputzten, unhaltbaren Einbände von übelster Unpersönlichkeit, Außerdem brachte die Liefcrungsscuche nicht nur Schund- und Schauerromane, sondern auch gehaltvollere Schriften unterhal tenden und allgemein aufklärcndcn Inhalts in Abhängigkeit von sogenannten »Prämien- für den ausdauernden Bezieher, Sie bildeten für den Sortimenter eine eigene Quelle des Verdrusses, schon deshalb, weil er den erzwungenen Zusammenhang von andern Sachen als Erzeugnissen der graphischen Künste als seiner Hauptwarc unwürdig empfand. Zur Zeit des höchsten Licferungs- ilutstandcs wurde ihm jedoch von seiner Kundschaft zugenrutct, Uhren, Schmucksachen, Kurzwarcn aller Art, Spieldosen und der gleichen als Hilfsmittel des Bücherabsatzes zu bewerten, — Auch auf diesen Auswuchs des Buchvcrtricbes war Rculeaux' War- uungsrus von Einfluß, weil die meistens »östlicher- Betriebsam keit ihr Dasein verdankende Schundware — denn nur dieser Gat tung gehörten die Zugaben an — mit großer Schnelligkeit von der Bildfläche verschwand und damit der Zusammenhang zerriß. Die Abkehr von solchen unklaren Verbindungen und die be sinnliche Rückkehr zum Buche als Selbstzweck bewirkten allerdings mancherlei Gutes, Aber die Folge bewies, wie trostlos cs um alles stand, was für die Hervorbringung eines auch äußerlich -guten- Buches in Betracht kam. Der beste Wille wurde durch den Mangel an neuzcitigen Hilfsmitteln sür die Buchansstaltung und -Verzierung lahmgelcgt, Kirrzerhand griff das graphischc Gewcrbe in den Ornamcntenschatz aus klassisch-antiker Zeit hinein und Paßte dessen »Motive« seinen Gebrauchszwecken an, mit einer unbedenklichen Beharrlichkeit, die nur durch Slilunkcnntnis und Gcschmacksverwahrlosung zu entschuldigen Ivar, Kenner da maliger Leistungen erinnere ich an die geradezu maßlose Ver wendung der sogenannten Akanthus-Zierate namentlich in Wcllen- form, die mindestens fünfundzwanzig Jahre lang in und auf Büchern das Feld beherrscht haben und dann durch ihr gerades Gegenteil: das japanisiercnde Blatt- und Blütenwcrk abgelöst worden sind — auch ein Beleg dafür, als wie völlig belanglos sowohl der allgemeine deutsche Charakter als auch im besonder,, der Inhalt für die Buchausstattung elngeschätzt wurden. Im Buchhandel äußerte sich die Wirkung von Rculeaux' Ein- kchrmahnung durch eine Wendung des Buchgeschmacks zum An spruchsvollen, Der »billigen und schlechten- Büchergattung folgte nahezu aus dem Fuße das sogenannte -Prachtwcrk», eine sür das Jahrzehnt von 187b bis 1885 eigentümlich zu nennende Erschei nung: reich, überreich mit Bildern geschmückt, in großem Format und in einer Ausstattung, die man im Vergleich zu der vorher gehenden üppig nennen mußte. Nicht immer gediegen, aber als Bestrebung zum Besseren schätzbar; auch, solange, wie z, B, bei vielen Veröffentlichungen des Stuttgarter Verlages, der künst lerische Holzschnitt vorherrschte, seines Namens vollauf würdig. Als aber späterhin die mechanische Vervielfältigung des Bilder teils der Zinkätzung, dem Lichtdruck, der Photolithographie und der sich erst entwickelnden Autotypie überlassen wurde, gerieten Name und Leistung in Gegensatz, Daß sich die Papiermacherci den sich unaufhörlich steigernden Ansprüchen des Rasterdrucks durch kalkigen Aufstrich und spiegelglatte Salinage des Kunstdruck- Papiers anzubcquemen genötigt wurde, gereichte dem Buche als Lesewerk zum schweren Nachteil, An diesem ging das Prachtwcrk schließlich zugrunde, zumal da mit dem äußerlichen Verfall auch innerliche Verflachung Hand in Hand ging. Ein sich in.der Buch- geschichte unermüdlich wiederholender Vorgang, Die Berufskämpfe, die den Buchhandel im letzten Viertel des vergangenen Jahrhunderts und darüber hinaus erschüttert haben, würden dem Buche an sich nicht nachteilig geworden sein, wenn nicht die Ungeschicklichkeit einzelner vom Spekulationsfiebcr der sogenannten Gründerzeit und der ihr folgenden Enttäuschung be fallener Geschäftsinhaber dazu mitgcwirkt hätte, Ihre Preis unterbietungen riesen das immer von Schriftstellern akademischen und nichtakademischen Grades gleich gern ausgcübtc Zensuramt gegenüber dem Buchhandel wäch, das diesem von jeher unbequem geworden ist. Dem rückschauenden Betrachter erscheinen sowohl jene wie diese Reibungen nebst den daran vor allem beteiligten Persönlichkeiten in anderem, nicht immer so günstigem Lichte wie den Zeitgenossen, wenn man für wahr ansieht, daß man das Ver hältnis zum Buche als geistiger Schöpfung den einzigen zulässigen Wertmesser für den Buchhändler als solchen heißen darf. Und vollends beschleicht den Rückblickenden die Wehmut, wenn er sich sagt: Hätte man vor 30 bis 40 Jahren (und seitdem öfter!) nur einen Bruchteil von dem Eifer, mit welchem man für bestehende Gegensätze nach eit,cm Heilmittel in Paragraphcnsorm suchte, aus die gründliche Klärung der Frage verwendet, wie es möglich sei, unsere Durchschnittsmenschhcit zu einem jährlichen Aufwande von nur zehn Mark für Bücher willig zu machen, so würden alle unsere gegenwärtigen Bcrufsnöte ein milderes Gesicht haben. Diese Lebensfrage sür den Buchhandel ist allerdings nur von Praktikern und nur von Verlegern und Sortimentern gemeinsam zu lösen. Von Verlegern, die willens sind, geeignete Bücher zu schassen, und von Sortimentern, die es als Pflicht und Herzens sache ansehcn, sic vertreiben zu helfen, über das Was und Wie zu reden, ist hier nicht die Gelegenheit, 3SS
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