Schatten um die golddunklen Augen. Leonhard trat einen Schritt näher an sie heran. Aufblühende Ver- liebtheit rann durch sein Blut. „Wenn es ihm hier nicht gefallen hätte," sprach er, und seine Stimme ward zärtlich, gedämpft, „dann wäre er ein kaltherziger Narr gewesen. Er war es nicht, wir lesen aus seinen Augen, die auf uns herab- schauen, daß er ein Künstler war mit heißem Blut." Erregung pulste in seinen Worten. Sie regte sich nicht, stand dicht neben ihm, blickte empor zu dem Männerkopf, der ihre Blicke auf sich einte. Sekunden wuchsen zu Minuten im Schauen, Schweigen und heftigeren Strömen des beunruhigten Bluts der zwei Lebendigen unter dem steinernen Bildnis eines Toten, dessen Erdentage durch fünf einhalb Jahrhunderte von dieser Stunde getrennt waren, und der doch wie das Leben selber verstehend, teilnehmend, liebend herablachte. Lotte löste sich mit einem Ruck aus der Vannung, fuhr mit allen fünf Fingern durch ihr beim Empor schauen arg zurückgefallenes Laar und sprach: „Ich habe eine kleine Geschichte niedergeschrieben über den Baumeister. Das tue ich bisweilen ganz heimlich spät abends vor dem Schlafengehn, wenn der Mond die Pfeiler und Figuren an der Kirche so stark ver silbert, daß sie in mein Fenster zu winken scheinen." „Wollen Sie mir die Geschichte vorlesen?" Sie zögerte mit der Antwort, da rief er ungestüm: „Auch ich werde die Geschichte des Baumeisters schreiben, wie ich sie mir denke, dann lesen wir uns die Geschichten gegenseitig vor." Gustav Schröer D/e S/eö/ee vom 9e/^e6r,lr?Ho/e 190 Seiten. Preis gebunden NM. 1.80. Gebt uns Land, laßt uns wieder Bauern werden, wie unsere Vorväter es waren! Gustav Schröer greift diese Schicksalsfrage unseres Volkes auf und sucht sie dichterisch zu gestalten. Das ist nicht mehr die alte Leideromantik der Storm und Lenau mit Schäfer lied und Bienensummen. In zähem Fleiß roden, pflü gen und bauen sieben junge Menschen den kargen Boden der Lüneburger Leide. Nicht alle bestehen, aber den besten gibt die alte Erde auch hier Brot und Leimstatt. Ein kerniges, zukunftweisendes Buch. Denn es ist gewachsen aus der Ehrfurcht vor neuer Scholle und einem Siedlergeschlecht, das Menschen ohne Arbeit nicht mehr kennt und dem die Zukunft gehört.