Hohenstaufen - Renaiss Noch ist die Masse - Mensch-Mode neu; aber dem Rollektiv-Roman steht dab neuerrvachte Interesse ^n der Biographie gegenüber. Brafr des Gegen- In der Zeitspanne zwischen der Todesstunde Heinrichs VI. zu Messina und der „Entrückung" 8riedrichs II. zu 8>orentino ist ein Leben von ungeheuerem Reichtum ausgebreitet, wie das Meteor aus einem Lhaos von Abhängigkeiten allmählich immer klarer am italienischen und deutschen Hinimel aufsteigt und schließlich den ganzen abendländischen und morgenlän- dischen mit seinem heißen Glanz erfüllt, das ist hier in Großartigkeit Bild geworden. Alle Rräfte, die damals Sizilien, Rom, Deutschland, das Morgenland zu geben hatten, alle Strebungen und Strömungen lägt er diesen hellsichtigsten und hellhörigsten aller Hohen staufen um sich sammeln, sich dienstbar machen und so das Arafkzentrum seiner Zeit werden. Nordisches und Südliches, 8ranziskanectum und Islam, Magie und Astrologie, 8rauen und Tiere, alles ist in seinem Gefolge. Immer höher und höher wächst seine Gestalt über die Völker der Erde, unbegreifbar den meisten, gefährlich den vielen, grauenerregend und doch in straklendec Heiterkeit, verwirrend die an alte (Ordnung Gewöhnte», verheißend den Sehnsüchtigen, den Bedrückten, den weiterschauenden, durch alles Lebe» lebend, durch alle Gedanken ziehend: so sieht (Otto Gmelin den ersten Individualisten des Mittel alters, den ersten Renaissance-Mensche». Von dieser Vision aus schlägt sich ihm von selbst die Brücke zu der grandiosen Volkssage, die das Bild dieses Überirdischen bewahrt. ZVaMtiMZe/r.- Es beginnt in Deutschland die Rehabilitierung des Geschichtsromans im Sinne einer Sach lichkeit, die gleich weit entfernt ist von gefühlsmäßiger Verschwommenheit wie von trockenem Dokumentcntum. 8riedrich II. hat zwei Gesichte: eines, das mittelalterlich stumpf, aber stark, das andere, das renalssancehaft aufgeklärt, aber auch schon problematisch blickt. Sehr anschaulich macht Gmelin dies alles, besonders die schließliche 8remdheit des Laisers inner halb seiner ganzen Epoche. Daß das doppelte Gesicht entsteht, ohne ausdrücklich beredet zu werden, empfinde ich als schöne und durchaus epische Zurückbaltung, mag immerhin die greif bare Deutlichkeit beeinträchtigt werden. Überhaupt ist Enthaltsamkeit ein Haupkvorzug des Buches: Enthaltsamkeit in den Gesprächen, in den Naturschilderungen, in den 8raucncrlcb- niffen, in allen seelischen Bewegungen. Es weht die herbe Luft des Mittelalters. Man fragt sich vor diesem guten und gesmiden Buch: warum habe» wir vormals in de» Ge schichtsstunden human Mischer Gymnasien nur Paragraphen nicht einmal immer sachlicher Geschichtsbücher auswendig gelernt? Anstatt einmal gemeinsam einen Geschichtsroman zu lesen, der das rein Historische durch gediegene Epik und Anschaulichkeit des Erzählens einprägsamer macht. Oe/" 5oreaZ(Zemo^aZ, Z^/aF. La», man bei der Lektüre der letzten großen wissenschaftlichen Biographie 8riedrichs II., der im 8rühsakr erschienenen Arbeit Aantorowiczs zu dem Urteil, sie lese sich wie ein Roma», so könnte man über den Roman Gmelins urteilen, er lese sich wie eine fesselnd geschriebene Biographie. In dem Buch ist ein neuer Lebensstil» wach, der die geistliche (Ordnung des Mittelalters auflüsend durchdringt. Dieser gewaltige Lampf ist nicht gedacht, sondern mit 8ülle und 8arbc»glut gestaltet, die fremdartigen Menschen leben aus dem Gesamtgeschick ihr eigenstes Dasei». In seinen Tagebücher» sagt Hebbel einmal, die Hohenstaufendramen seien deshalb unmöglich, weil das mittelalterliche (Kaisertum zu nichts ge führt hätte: Gmelins Roma» widerlegt den zweiten Teil des Satzes. Er zeigt aber auch, daß die epische 8'orm allein diesem Stoff gerecht werde» kann. /.llüliptF t/0E Eugen Diederichs Derlag in Jena o oo oo i