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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.01.1928
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- 1928-01-26
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- 26.01.1928
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Nr. 22 (N. 11). Leipzig, Donnerstag den 28. Januar 1928. 95. Jahrgang. ReLMümeller TA Eine grundsätzliche Entscheidung über Schundschriften. Die Oberprüfstelle für Schund- und Schmutzschristen in Leipzig hatte in ihren bisherigen Entscheidungen zu der Frage, was Schund- und Schmutzschriften sind, nicht grundsätzlich Stel lung genommen. Nur an einer Stelle der Entscheidung über Hermann Abels »Nachtpost- vom 14. Dezember 1827 (Prüs-Nr. 1) ist allgemein gesagt, Schund- und Schmutzschriften seien I. wert los, 2. nach Form und Inhalt Widerwillen erregend. Neuer dings, am 4. Januar 1928, hat die Oberprüfstelle sich genauer über den Begriff der Schundschrift geäußert (Prüf-Nr. S). Unter den Beisitzern in dieser Sitzung befanden sich: vr. Fulda- Berlin, vr. Wiegandt - Leipzig und Rechtsanwalt Lands- berg, M. d. R. Zur Entscheidung stand, ob ein typischer Ro man in Lieferungen »Die schöne Krankenschwester» von E. von der Haide (Pseudonym), Verlagshaus für Volksliteratur und Kunst G. m. b. H. in Berlin, auf die Liste gesetzt bleiben sollte. Die Oberprüsstelle bejahte das und begründete ihre Entscheidung wie folgt: I. Das Verfahren vor den Prüfstellen und der Obcrprüf- stelle ist nicht, wie der Rechtsanwalt des Verlegers annimmt, ein Parteiverfahren etwa in der Art des deutschen Zivilprozesses, sondern ein allerdings durch einen Antrag bedingtes Offizial- verfahren besonderer Art, und zwar ein Verwaltungsverfahren. Soweit Lücken im Gesetz oder in der Ausführungsverordnung vorhanden sein sollten, sind sie nicht einfach nach Analogie der Zivilprozeßordnung oder der Strafprozeßordnung auszufüllen, sondern in erster Linie nach dem Zwecke des Gesetzes selbst. Parteien im Sinne der Zivilprozeßordnung kennt das Gesetz nicht; den Beteiligten sind aber durch das Gesetz diejenigen Rechtsgarantien gegeben, deren sie zur Geltendmachung ihres Standpunktes bedürfen. Notwendig ist jedoch ihr Tätigwerden in dem Verfahren nicht, mit einziger Ausnahme der Stellung des Antrags auf Aufnahme der Schrift in die Liste (Z 2 Abs. 2 des Gesetzes). Eine besondere Begründung des Antrages ist nicht vorgeschrieben, während die Beschwerde im strikten Sinne des Gesetzes (§ 4 Abs. 2) einer solchen nach 111,4 der Aus führungsverordnung bedarf. Daraus ist zu folgern, daß die Begründung des Antrags rechtlich entbehrlich ist. Es steht also im Ermessen des Antragstellers, ob er den Antrag ausführlich oder kurz (wie im vorliegenden Fall) oder nicht begründen will. Das Material der Entscheidung bildet die Schrift selbst; ob sie sich objektiv als Schund- oder Schmutzschrift darstellt, haben die Prüfstellen gemäß ihrer Sachkunde zu entscheiden. Sachver ständige und Zeugen können sie — sei es auf Antrag, sei es von Amts wegen — hören, soweit ihnen das nach ihrem pflichtmäßigen Ermessen erforderlich erscheint. Die Verpflichtung zur Tragung der Kosten des Verfahrens ist durch H 5 des Gesetzes geregelt; der Antragsteller ist, auch wenn dem Anträge nicht stattgegeben wird, zur Erstattung der den anderen Beteiligten erwachsenen Kosten nicht verpflichtet. Im übrigen kann aus die Gebühren ordnung vom 21. September 1927 (Reichs-Min.-Bl. S. 509) verwiesen werden. II- Es soll nicht bestritten werden, daß, wie der Verleger behauptet, die Schrift »Die schöne Krankenschwester- nicht für Jugendliche bestimmt ist. Auch hat der Verleger unwiderleglich behauptet, daß der Bestellschein für das Buch den Vermerk trägt: »Ich versichere, über 18 Jahre alt zu fein-. Damit ist jedoch nicht nachgewiesen, daß das Buch nicht im direkten Kleinbetrieb auch an Jugendliche gelangen könnte. Die Oberprüfstelle hat aus den Angaben Butschs und der Sach verständigen Remert und Kaufmann über den Vertrieb des Romans folgendes Bild gewonnen: Geworben werden die Be steller teils vermittels Aufsuchen der Kundschaft durch Reisende, teils vermittels Aufforderung zur Subskription durch Prospekte, die Zeitungen beigelegt und auf die, wie üblich, von deren Schriftleitungen besonders hingewiesen wird. Die Austräger, also oft Frauen und Kinder, stecken die erste Lieferung ziemlich wahllos in die Privat-Briefkästen ganzer Häuser, und nach einiger Zeit wird in den betreffenden Wohnungen nachgefragt, ob auf das Werk subskribiert werden solle. Nach Lage der Sache wird sich also die Aufforderung vielfach tatsächlich an Dienst boten, gleichviel, ob minderjährig oder nicht, richten. Außerdem kommt als Form des Vertriebs noch derjenige durch den Buch-, Zeitschriften- und Papierhandel in Frage. Der Verleger, der dem Börsenverein der Deutschen Buch händler nicht angeschlossen ist, bedient sich als Mittelsperson haupt sächlich der Grossisten, die ihrerseits ihre kleinen Kunden, die oft auch dem regelmäßigen Buchhandel nicht angeschlossen sind, mit Belletristik versorgen. Die Oberprüsstelle ist, im Gegensatz zu der Auffassung des Verlegers, der Ansicht, daß der Grossist dafür, daß die Schrift an Jugendliche nicht abgesetzt wird, die Verantwortung weder hat noch haben kann. Entsprechendes gilt von den oben er wähnten Austrägern. Es ist daher durchaus möglich, daß sich Jugendliche selbst die Schrift bestellen. Der erwähnte Vermerk auf dem Bestellschein bietet keine Garantie für das Gegenteil, da der bestellende Jugendliche die Unwahrheit sagen und hierzu vielleicht gerade durch den Vermerk angereizt werden kann. Da der Verleger abspringende Besteller nicht zu verklagen pflegt, ist auch insoweit keine Garantie geboten, daß an Jugendliche das Buch nicht abgegeben werde. Von dem Gesichtspunkte, daß Jugendliche etwa auf andre Weise als durch Bezug im direkten Kleinvertrieb an die Schrift herangelangen könnten, etwa durch Überlassung seitens Erwach sener, oder einfach durch Ausstöbern des Buches, sieht die Ober- Prüfstelle ab. Derartige Möglichkeiten bestehen bei jeder Schrift ohne Ausnahme; sie können aber nicht ohne weiteres das Urteil rechtfertigen, daß »die Heranwachsende Jugend- in Hinsicht auf die Schrift schutzbedürstig sei. Ohne Schutzbcdürftigkeit darf aber auch der Schutz nicht gewährt werden; dies folgt aus den Ein gangsworten des § 1 des Gesetzes und aus der richtig verstan denen Überschrift des Gesetzes. Es gibt Schund- und Schmutz schristen, die wegen der besonderen Art ihres Vertriebes, wegen ihres hohen Preises oder aus anderen Gründen nicht an die »Heranwachsende Jugend» herangelangen. Vor ihnen braucht die Jugend auch dann nicht durch Staatsakt geschützt zu werden, wenn nachgewiesen würde, daß in Einzelfällen Jugendliche, bei spielsweise besonders lesewütige Kinder, in den Besitz der Schrift gelangt wären. Angesichts dieser Ausführungen sei aber nochmals betont, daß die Oberprüsstelle die Schutzbedürftigkeit der Heranwachsen den Jugend gegenüber den in der heute üblichen Weise ver triebenen, in Lieferungen erscheinenden Romanen in der Art der »schönen Krankenschwester- dann bejaht, wenn sich die Schrift objektiv als Schund- oder Schmutzschrist darstellt. 93
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