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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.12.1931
- Strukturtyp
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- 1931-12-05
- Erscheinungsdatum
- 05.12.1931
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- Deutsch
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x° 282, 5. Dezember 1931. Redaktioneller Teil. käuser sich nicht ins Ungemessene vergrößern läßt. Dabei haben wir jetzt viele Hunderte solcher Volksausgaben in schönster Aus stattung, oft schöner als die teure Originalausgabe. Ich glaube, diejenigen Volksausgaben, bei denen sowohl der Verlag als der Sortimenter auf seine Kosten kommt, geschweige denn etwas verdient, sind an den Fingern beider Hände herzuzählen! Der Umstand, daß es für den Verleger schöner ist, 30 000 Stücke eines Buches abzusetzen als 5000, und für den Sorti menter erquicklicher, am Tag 100 Bücher zu verkaufen statt 20, ist die immer fließende Quelle der Selbsttäuschung: über der Annehmlichkeit, daß der Schornstein raucht und die Ladenkasse klappert, vergißt man allzuleicht die Ertragsrechnung; Ge schäftsstille erfordert wesentlich stärkere Nerven als viel Lärm um nichts! Ist aber der Rausch vorbei, so kommt der Jammer. Die Volksausgaben sind fast noch schlimmer als die Ver ramschung alter Vorräte, weil sie außerordentlich große Mittel des Buchhandels neu festlegen, die Lager zugleich füllen und entwerten und alle Begriffe des Publikums verwirren. Dem großen Kulturvorteil, daß wertvolle Werke unserer ersten Schriftsteller in breiteste Kreise getragen werden, steht der wohl ebenso große Nachteil gegenüber, daß dem liebenswürdigen kleineren Talent, dem bedeutenden Einsiedler, der neu aufstre benden Kraft, dem stillen Dichter der Weg so gut wie voll kommen verbaut ist. Man sei sich also darüber klar, daß es sich hier um einen Ausverkauf handelt, der die Kennzeichen einer Inflation trägt und dessen fragwürdiger gelegentlicher Nutzen völlig durch die ungeheure Entwertung aller Verlags- und Sor timentslager überkompensiert wird. Eine logische Folge der Volksausgabe ist ferner ein Er starken der Leihbüchereien: dem Publikum erscheinen die Preise der Neuigkeiten neben den Volksausgaben unverhältnis mäßig hoch; es will aber Neuigkeiten lesen, daher geht es in die Im Zusammenhang damit sei die Bitte an die Programmleitun- gen ausgesprochen: Nennt nicht nur in den Programmzeitungen oder beim Ansagen das betreffende, vom Verfasser gelesene Stück, sondern auch das Buch, dem es entnommen. Nicht nur Autor, Verleger und Sortimenter, sondern auch mancher Hörer wird es Euch danken. Was aber nützt das schönste Romankapitel, die stimmungsvollste Novelle, der fesselndste wissenschaftliche Aussatz, die spannendste Neiseerzählung, wenn der Verfasser sich selbst um die Wirkung bringt und nicht sprechen und lesen kann. Da hört man heisere, krächzende Stimmen, heftiges Räuspern, Atemseuszer oder falsches Pathos, über nuancierte Sprechweise in der Absicht, deutlich zu werden, u. a. Ein paar Monate Sprcchtechnik und Vortragskunst sollte jeder Autor absolvieren, wenn er ans Vortragspult oder vor das Mikrophon treten will. Sonst soll er seine Musenkinder lieber guten Sprechern anvertrauen, bevor er sich und seinem Verleger schadet. Was nützt ferner der schönste, vom Sender, Verlag und Ver fasser gut vorbereitete Autorenabend, wenn der Sortimenter kein Interesse dafür zeigt. In der Regel ist der Verleger mindestens zwei Monate vorher von der geplanten Veranstaltung unterrichtet. Er wird dann, wie wir dies stets taten, den Sortimentskollegen in der Stadt, in der sich der Sender befindet, aber auch in allen zu seinem Sendebereich gehörenden Orten von dem Programm, Tag und Stunde, Nachricht geben, die Bücher des Verfassers mit Remissionsrecht oder auf bestimmte Zeit bedingt, sowie vielleicht ein Bild des Verfassers für das Schaufenster anbieten. In allen Fällen, in denen der Sorti menter Buch und Bild etwa 8 Tage vor- und nachher mit einem Ver merk, der auf die Nundfunkdarbietung hinweist, im Fenster hatte, wurde nach meinen Beobachtungen gut verkauft, und ich konnte nach einem Rundzange durch die betreffende Stadt meist im voraus sagen, welcher Sortimcntskollege, der obige Selbstverständlichkeit versäumte, wenig oder nichts absetzen würde, abgesehen von dem merkwürdigen Eindruck, den es macht, wenn bald nach der Darbietung im Rund funk, oder in der Pause, telephonisch beim Sender angefragt wird, wo das Buch, dem das eben Gehörte entnommen ist, zu haben sei. Der gleichfalls angerufene Buchhändler N. N. kenne es anscheinend nicht, ja, wisse scheinbar noch nicht einmal etwas von der Radio sendung. — Auch das ist mir schon passiert. Bemerkt muß dabei noch werden, daß es sich hier immer um Abendprogramme, in denen die Musiknovellen von den betreffenden Kompositionen untermalt oder eingeleitet wurden, handelte, sodaß die Veranstaltung stets einen geschlossenen Charakter hatte. Und in dieser Beziehung ließe sich beim Rundfunk noch vieles verbessern. Ich kann mir wohl denken, daß anstelle der bei vielen Sendern sehr reichlichen Jazzmusik mit unglaublich albernen Refrains Abend programme, in deren Mittelpunkt das Buch steht, eingeschobcn wer den können, in denen man z. B. Niederdeutsche Dichter und Ton setzer, vielleicht unter dem Titel »Stimmen der Heide« abwechselnd zu Worte kommen läßt, desgleichen solche aus den verschiedenen Epochen: Rokoko, Romantik usw., Marschners Vampyr-Ouvertüre, dazu eine E. T. A. Hoffmann-Erzählung, Geschichten aus der Rokoko zeit, umrahmt von Mozart, Dittersdorf, Haydn usw. Meines Er achtens hat der tagsüber Beschäftigte, der die Bücherbesprechungcn am Nachmittag und die Dichter-Vorlesungen (meist 20 Minuten Tauer) an den gleichen Nachmittagsstunden nicht hören kann und verärgert die ewige Saxophon- und Banjo-Dudelei abschaltet, ein Recht auf Darbietungen vorbezeichneter Art. Aber wie gesagt, alles dieses wird wenig nützen, solange sich nicht der Sortimentsbuchhändler die Zeit nimmt, das Rundfunkpro- gramm rechtzeitig vorher zu studieren und genau so, wie er die Operntexle der Woche meist an bestimmter Stelle ins Fenster bringt, 1048 auch eine ständige Rundfnnkecke einrichtet, in der er die Beschauer auf die zwei oder drei hauptsächlichsten Darbietungen des Senders seines Bereichs hinweist mit Datum, Tag und Stunde, Verfasserbild und ein paar Büchern von ihm. Bemerkungen zu dem Aussatz von Walter Möller. Von vr. E. Kurt Fischer, Literarischer Leiter des Mitteldeutschen Rundfunks. Die Bevorzugung eines bestimmten Verlegerkreises wird von den Scndcleitungen sorgfältig vermieden. Es gibt außerdem Verlage, deren kulturelle Bedeutung nicht groß genug ist, um ihre häufige Berücksichtigung in der Bücherstunde vor dem Mikrophon zu recht- fertigen. Man darf ja nicht vergessen, daß der Rundfunk weit mehr Hörer hat als die großen Tageszeitungen — von zwei oder drei Weltblättern abgesehen — Leser. Da im übrigen die Buchbesprechung weder die einzige noch die wirksamste Form ist, mittels welcher der Rundfunk literarische Neuerscheinungen würdigt, und da ferner ein gewisses Ausleseprinzip vom Standpunkt des Programmleiters aus unerläßlich ist, kommen L»ie wichtigen Neuerscheinungen selten zu kurz, denn es wird in zahllosen Darbietungen, vor allem in Hörfolgen, Tcxtfolgen, Querschnitten, bei Dichtergedenktagen, in sonn- und fest täglichen Morgenfeiern eine außerordentliche Menge von Tertproben den Rundfunkhörcrn geboten. Es ist also nicht nur der Kritiker, es ist auch der künstlerische Sprecher und oft noch der schöpferische Re gisseur, der sich der neuen Literatur annimmt und bei allem ist noch wichtig, daß das gesprochene Wort, wenn es gut, wenn es eindring lich, wenn es mit Überzeugung und rednerischem Können gesprochen wird, weit wirksamer zu sein pflegt als das gedruckte, von dem nicht ohne weiteres suggestive Kräfte auszugehen pflegen. Walter Möller ist anderer Meinung, aber er vergißt, daß jene Kreise, die als Büchcr- käufer in Frage kommen, fast ausnahmslos sich eine Rundfunkzeitung halten, in der ja die einzelnen Büchertitel überdies noch genau auf geführt sind. Und er übersieht ferner den großen Vorzug, der in dem geschlossenen Referat liegt, das über die Diskussion eines klar her ausgearbeiteten Problems hin zu den einzelnen Büchern führt, in denen dieses Problem auf mannigfaltige Weise abgewandelt ist. Daß viele Autoren schlechte Interpreten ihres eigenen Werkes sind, ist eine leidige Tatsache. Dennoch hat es etwas für sich, den Verfasser selbst zu hören, freilich nur, wenn man schon etwas von ihm gelesen hat und zum künstlerischen Eindruck noch einen mensch lichen hinzugewinnen will. Der Rundfunk begrüßt es durchaus, wenn Sortimenter die vor dem Mikrophon besprochenen Bücher in der Berichlswoche mit beson derem Hinweis auf die Funkdarbietung in ihre Auslage legen. Es wird aber in großen Städten nicht möglich sein, die einzelnen Sorti menter vom Funk aus zu informieren, sodaß schon die Verlage ge beten werden müssen, ihrerseits die nötigen Schritte zu tun. Walter Möllers summarische Ausführungen über die Abend programme entsprechen nur vereinzelt den Tatsachen. Fast alle Sender sind schon lange dazu llbergegangcn, an jedem Abend der Woche (allenfalls mit Ausnahme des Sonnabends) gute Literatur zu senden, und die von ihm angedeuteten landschaftlichen oder sonst wie thematisch einheitlichen Querschnitte aus Dichtung und Musik sink» keine Seltenheit mehr. Die Hauptsache ist, daß Verleger, Sorti menter und Sendeleitung eine gemeinsame Aufgabe sehen, die sie, wenn auch nur in loser Fühlung, aus einem gemeinsamen Kultur willen heraus zu bewältigen suchen müssen. Die Aufgabe heißt: nicht Werbung für das Buch schlechthin, sondern Werbung für das gute Buch und darüber hinaus: Dienst am Geist.
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