jetzigen Lösungsvorschlag ins Feld geführt haben, auseinander- zusctzen. Ich bin der Anregung der Schriftleitung des Börsen blattes, über die Frage Volksbücherei-Buchhandel zu schreiben, nach einigem Zögern doch gern nachgekommen, weil ich hoffe, damit einen Beitrag zur Befriedung liefern zu können. Dabei habe ich alles Kritische, das sich vom Standpunkt der Volks bücherei Vorbringen läßt und auch vorgebracht ist, beiseite ge laffen. Jedenfalls sind sich wohl alle Einsichtigen darüber klar, daß ein Zusammenspiel beider Partner richtig und wichtig ist. Dieses Zusammenspicl kann aber nicht allein oder vorwiegend von der rein geschäftlichen Seite betrachtet werden. Es würde mich freuen, wenn ich für die besondere Lage und den beson deren Willen des Volksbüchereiwesens in Kreisen des Buch handels weiteres Verständnis geweckt haben sollte. Die Tatsache dürfte immerhin klar geworden sein, daß das Büchereiwesen nicht gegen den Buchhandel arbeitet. Wenn cs sich zu bestimmten Forderungen und Maßnahmen genötigt gesehen hat, so liegt der Zwang dafür in der Lage des Buch handels sowohl wie in der des Büchereiwesens. Wenn nun die Neuregelung in Kraft tritt, dann muß eines auch dem Buchhandel klar sein. Sie würde nicht haltbar sein, wenn nicht andere büchereimäßige Einrichtungen davon eben falls erfaßt würden. Wenn sie nur einseitig für das öffentliche Volksbüchereiwesen gelten sollte, dürfte sie auf die Dauer undurchführbar sein. Hoffen wir daher, daß sie sich nach allen Seiten mit gleichem Recht durchsetzt, hoffen wir weiter, daß sie die Verbindung zwischen Volksbüchereiwesen und Buch handel verstärkt und vertieft. Zum Buche führen heißt einstweilen: zum Buch verführen! Von Richard Luringer Falsch, erwiesenermaßen falsch ist eine Werbung für das Buch, die versucht, es aufzudrängen. Schon das abstrakte Reden vom Buch, seinem Nutzen für den Leser, der Pflicht zu lesen usw. wirkt verdächtig. Den meisten Menschen wird unbehag lich, wenn die Beziehung von Buch zu Leser in einer Form be handelt wird, die dem Buch alle Vorzüge nachrühmt, dem Leser dagegen den Vorwurf macht, er sei lässig, er schätze „daS Buch" nicht mit der Liebe, wie sie solch ein Schatz verdient, er gleiche einem Junggesellen, der nicht wisse, wie schön „die Ehe" und wie tugendsam „das Weib" sei, und zwar das ab strakte Weib. Mit solchem Gerede wirbt man nicht Leser, wie man Männer nicht verliebt macht; Mephisto hielt Faust sein Gretchen vor, nicht irgendein abstraktes Gleichen, sondern ein höchst einmaliges - und begehrenswertes Gleichen. Das be strickte ihm die Sinne. Das Buch im Schaufenster verlockt, der bunte Umschlag reizt zum Kauf - oder auch der strenge Umschlag -, die Besprechung bestimmter Bücher in der Presse lockt zum Lesen. Die Anpreisung des „Buchs an sich" stärkt die Ablehnungsgelüste. Man glaube uns, die wir jahrelang helläugig unsere Erfahrungen machen: Das Schöngcrede über „das Buch", namentlich an Men schen hin, die „nicht Zeit haben zu lesen", wirkt nicht werbend, sondern lähmend! Theoretisch hat niemand Zeit, in diesen Zeiten Bücher zu lesen, praktisch liest jeder täglich, stündlich, Bände von Druckschrift, freilich nur das, waö ihm in die Hände fällt, unauffällig, unvermerkt. Dauernd lesen Tausende, was sie „brennend interessiert", oder aber was der Zufall - auch der wohlgeziclte Zufall - ihnen in die Hände spielte. Die Mah nung aber, lesen zu sollen, womöglich erzieherisch vorgetragen, weckt nur Unlüste und Abwehr. Der erste Grundsatz, wo wir werben, hat also zu lauten: Dräng dem Leser nicht „das Lesen", dräng ihm nicht die „Liebe zum Buch" auf, sondern verführ' ihn, handgreiflich, ein bestimmtes Buch zu wün schen! (Und zwar verführ' ihn, aus deinem Wissen um sein Lesebedürfnis heraus, zu dem ihm gemäßen Buch!) Wir werden - auch für die „Woche des Buches" - aus dieser Weisheit wie keiner zweiten unsere Nutzanwendung ziehen! Kundgebungen „für das Buch", für „das Lesen" verfangen nur, wenn von ganz bestimmten Büchern nicht allein die 12