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01-Sonderausgabe Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.05.1936
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Titel
- 01-Sonderausgabe
- Band
- 1936-05-09
- Erscheinungsdatum
- 09.05.1936
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-1936050901
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-19360509010
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
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Rede ist, sondern wenn diese Bücher da sind, so greifbar und überzeugend da sind, daß ihr Dasein sockt, zum Lesen. Da steckt der Trick der Leihbuchhändler. Da sind sic den Volksbüchereien um eine Nasenlänge voraus. Sie machen keinerlei Theorie, sic sprechen nicht vom Sinn des Lesens: sie sprechen sinnlich zu den Sinnen. Der Erfolg ist unableugbar. Vielleicht erscheint das Beispiel brutal, vielleicht erscheint cö primitiv. Das Beispiel aber auch des Films lehrt, wie erfolg reich dieser Trick ist. Die Licbesszenc als Plakat zieht unfehl bar die Masten ins Kino; die abstrakten Abhandlungen über Filmwesen und Filmkunst in den Blättern liest nur der Fach mann. Man stelle folgenden Versuch an: Man unterhalte sich mit Leuten über Buchwesen und Lesen und wird sofort den Seuf zer hören: „Ich komme längst nicht mehr zum Lesen." Dann führe man dieselben Menschen zufällig vor seinen Bücher schrank und staune, wie sie sofort bereit sind, zwei, drei Bücher mitzunehmen, die sie „sofort lesen wollen", schlimmstenfalls in ein paar Tagen! - Die Angst, zum Lesen nicht Zeit zu fin den, widerlegt die Praxis schlagend, freilich nur am greifbaren Beispiel. Wir haben in der Volksbücherei mit einer Art Frei handbücherei uns diese Erfahrung auch anders bestätigt. Wir erschließen systematisch Bestände, die sonst nicht gefordert werden, durch Sonderprospekte und Kleinkataloge, die es um Gotteswillen vermeiden, systematisch und pädagogisch zu erscheinen, dafür mit Bildnissen von Dichtern und Zeichnungen aus Büchern geschmückt sind. Der Titel lautet dann z. B.: „Ein Kampf um Rom und andere Romane"; anknüpfend an das Gekannte. „Tausend und ein Abenteuer" oder: „Sperr feuer um Deutschland". Letzter z. B. für Kriegsromane. Einen ausschlaggebenden Anreiz, Bücher zu lesen, bewirkt die Kritik; nicht die Kritik der „kritischen Blätter", der Literatur beilagen, so fast, wofern sie nur der Fachmann liest, vielmehr das Geschreibe um Bücher, wieder um ganz be stimmte Bücher, ganz bestimmter Schriftsteller, das den Massen zu Gesicht kommt. Ich spreche hier ausdrück lich von den Massen, die jede Großkundgebung meint, also jede Massenwerbung. Es gibt Verleger, die cS verstehen, so viel von einzelnen Büchern zu reden, d. h. sie so viel beschreiben zu lassen, daß Zehntausende neugierig werden. Dann ver langen sie das Buch. Entdecken sie, daß cs gar nicht das Buch ist, das sie sich erwartet haben, so bleibt selbst die Enttäuschung kleinlaut, als verstünde man das Buch nicht, das so viele Tau send „loben". Dabei ist nicht das Lob entscheidend; das Ge schreibe ist entscheidend. Würde das Bild eines Schriftstellers, eines Dichters, ja eines Gelehrten so unaufhörlich publiziert wie das irgendeines Filmstars, so würden seine Bücher ge fordert, ohne daß auch nur ein einziges Mal vom „Buch" und vom „Lesen" die Rede zu sein braucht. Vielleicht erscheint auch dies Beispiel brutal; denn wir sind schamhaft in diesen Bereichen, und gottlob sind wir so scham haft! (Wir haben auch sonst unsere Bedenken. Es gibt Bücher, Dichtungen, Werke, und oft die entscheidend wichtigen, die sich nicht eignen für Massenverbreitung. Sie sind für bestimmte Scharungen da, begrenzte Scharungen des Volkes, und wir ken durch diese mittelbar weiter in die Tiefe, in die Breite.) Aber man muß sich eines sagen: Theoretische Masse »Wer bung verfängt nicht. Und sie ist nicht minder brutal. Man muß wissen, was man will. Sollen Massen Bücher lesen, so muß man massig und massiv sie auf einzelne Typen, Gestalten, Schriftsteller und Bücher stoßen, aber nicht auf einen Impe rativ ohne das konkrete Beispiel. Will man Maffenwirkungen, so greife inan eine Gestalt heraus, immer wieder nur eine Ge stalt, ob auch mannschaftlich als Typus, greife ein einzelnes Buch heraus, und setze sie durch, nicht durch Zwang und Kauf diktate (die berüchtigten Sammellisten!), nein, durch dauernde Beschwörung, unermüdliche Verkörperung, unermüdliche Zi tierung! Will man Massenwirkung nicht, sondern bleibt davon überzeugt, daß eine Wirkung solange vorhält, zehnmal so ange, als sie gebraucht hat, zur Wirkung zu kommen, so unter lasse man Aktionen, wo sie nur Demonstrationen bleiben! Wir haben die Erfahrung gemacht, daß Bücher um so rascher ver schwinden, je riesenhafter ihr Massenerfolg ist, und daß Bü cher, die jahrelang brauchen, allmählich ihre Gemeinde zu fin den, nicht vergehen, sondern bleiben und ihre tiefe Wirkung tun. Auch ist Popularität etwas anderes als Wir kung. Wir warnen, die Dichter der Nation etwa künstlich zu vcrpöbcln*), schon weil Volk nicht Pöbel ist. Die Wirkung der Werke aber zu sichern, ist, bleibt, wird endlich Pflicht der Nation. Und das Werk der Schöpfe rischen, seine Austragung zu sichern, ist, bleibt, wird Pflicht der Nation. Nur rede sie dann nicht vom „Lesen" und vom „Buch" und von der „Pflicht", sondern schaffe Leserschaften. Und wir sind aus diesem Weg. Die Vortragsämter der Partei haben Beispielhaftes geleistet, Mann und Werk ins Volk zu tragen, die Schrifttumsstellen von Staat und Partei leisten täglich Beispielhaftes. Die Gestalten werden sichtbar, und das Werk bekommt Gesicht. Das Privatere ver sinkt; was dich angeht, spricht dich an, und wir könnten uns nur wünschen, daß der Rundfunk mehr als bisher, 13
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