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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.05.1939
- Strukturtyp
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- 1939-05-06
- Erscheinungsdatum
- 06.05.1939
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sprechen mit gedämpfter Stimme, und selbst der Banause bemüht sich, seine Wünsche in gewählten Worten auszu drücken. Doch alle Feierlichkeit und geistige Luft schaffen die Tatsache nicht aus der Welt, daß der Buchhändler Kaufmann ist und auf seinen Gewinn bedacht sein muß. Und hier liegt die Schwierigkeit, ja die Fragwürdigkeit seines Berufes: Die geistige Aufgabe der Buchberatung und die wirtschaftliche Einträglichkeit des Geschäfts kommen nicht immer gut mit einander aus, widerstreiten einander oft auf das heftigste. Zu schweigen von der offenbaren Unredlichkeit, die darin bestände, einem Ahnungslosen einen untauglichen veralteten Ladenhüter aufzuschwatzen oder ein Buch zu empfehlen, das größeren Gewinn abwirft als das wirklich für den Käufer geeignete - es gibt heikelere Fälle des Widerstreits der Pflichten: Der literarische Berater soll und möchte Erzieher der Leser sein, er möchte sie vor ihrem eigenen seichten Geschmack schützen, ihre geistigen Ansprüche steigern und rät ihnen zu einem Buch, das Mitarbeit von ihnen verlangt, anstatt sie nur angenehm und leicht zu unterhalten. Wie aber, wenn die also ehrlich beratenen, aber nachher vom Buch verärgerten Kunden das nächste Mal in einen andern Buchladen gehen, wo sie keine Erziehungsversuche zu befürchten haben? Häufen sich der artige peinliche Erfahrungen, dann kann selbst ein hochgesinn ter Buchhändler dazu kommen, als Buchberater abzudanken und den Verrat an seinem Beruf zu beschönigen mit der faulen Ausrede, die minderwertigen Bücher seien von jeher mehr gekauft und gelesen worden als die guten und es sei töricht, als einzelner an diesem Naturgesetz etwas ändern zu wollen. Schade um ihn, der so verzichtet! Es gibt gewiß hoffnungslose Fälle, wo jede Beratung und erzieherische Be treuung des Buchkäuferö vergebliche Liebesmüh und daher unangebracht ist. Aber grundsätzlich sollte sich kein Buchhändler von der idealen Aufgabe seines Berufes lossagen. Es ist gar nicht zu ermessen, wieviel Gutes er als ehrlicher Berater wirken kann. Man möchte wahrhaftig pathetisch werden und allen Buchhändlern zurufen, waS Schiller den Künstlern zu gerufen hat: Der Menschheit Würde ist in Eure Hand gegeben, Bewahret sie! Sie sinkt mit Euch! Mit Euch wird sie sich heben! 2. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit der Buch händler der geistigen Aufgabe seines Berufes gerecht werde? Er muß zunächst einmal empfänglich sein für die Kraft und den Zauber des Wortes, in dessen Dienst er sich begeben hat. vor allem des Dichterwortes. Sein Geist muß aufnahmefähig sein für alle Formen und Erscheinungen der Wortkunst. Er mag seine Lieblinge haben - jeder wahre Bücherfreund hat sie -, aber er darf nicht einem einseitigen Geschmack verfallen. Dies sei als selbstverständlich vorausgesetzt. Auf der Grundlage der Aufgeschlossenheit für sprachästhetische Werke muß der Buchhändler sich eine umfassende Kenntnis der Literatur erworben haben. Er muß Bescheid wissen in dem Hause des Geistes, dessen Pförtner er ist. Wie selbstverständlich auch diese Forderung ist, erweisen die meisten Stellenangebote im Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, die gute Literaturkenntnis zur Bedingung machen. Jedes weitere Wort der Begründung ist überflüssig. Doch von zwei anderen Forderungen muß noch gesprochen werden, deren Unerläßlichkeit noch nicht in das allgemeine Bewußtsein eingegangen ist. Und doch entscheidet es sich gerade an ihnen, ob der Buchhändler nur Kaufmann oder auch Diener des Wortes ist. Es sind die Forderungen selbständiger Urteils fähigkeit in literarischen Dingen und eignen sprachlichen Aus drucksvermögens. Jedermann weiß: die literarische Kritik als Werturteil steht auf schwachen Füßen, ist allzusehr dem persönlichen Geschmack ausgeliefert, und die Geschichte der Kritik ist reich an seltsamen Mißgriffen und betrüblichen Fehlurteilen; auch die besten Kritiker vom Fach haben gelegentlich versagt. Nichts liegt daher näher, als daß der Buchhändler sich sagt: „Wenn schon auf die berufsmäßigen Kritiker kein Verlaß ist, wie sollte ich dann meinem eigenen Urteil trauen? Ich tue genug, wenn ich mich über die literarische Kritik einigermaßen auf dem laufenden halte. Ich habe andere Sorgen genug. Soll ich mir auch noch diese Verantwortung aufbürden?" Der Verzicht wäre ver ständlich, aber er verriete doch, daß dem Buchhändler der wahre Berusseifer fehlt. Ein Bücherfreund, der die gelesenen Bücher nicht wertete, die einen liebgewänne und andere ab lehnte, ist schlechterdings nicht denkbar. Und daß der Buch händler von Haus aus ein Bücherfreund ist, das sollte doch nicht zweifelhaft sein. Mag er auch, sei eS aus Kurzsichtigkeit, sei es auf Grund einseitigen Geschmacks oder zu raschen Lesens, bisweilen mit seinem Urteil danebenhauen: das wäre immer hin besser als die Kälte einer bewußten Objektivität. Übrigens kann er ja sein Urteil an Hand maßgeblicher Buchbesprechungen überprüfen. Das beste Mittel, Urteilsfähigkeit zu erwerben und sie zu schulen, ist vieles und gründliches Lesen, und zwar selbst verständlich nicht wahlloses Lesen, sondern ein Lesen, das sich - um mit Schopenhauer zu sprechen - beschränkt auf die Werke „der großen, die übrige Menschheit überragenden Geister 16
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