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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.05.1939
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- 1939-05-06
- Erscheinungsdatum
- 06.05.1939
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Aber allmählich wird man doch bekannt. Unlängst fragte ein Telephonfräulein, dem ich meinen Namen nannte: „Aha, ich weiß schon! Brehm - wie Brehms Märchen!" „Richtig", sagte ich, „genau so!" Es war ein Fortschritt, das hielt genau die Mitte zwischen „Tierleben" und Roman. Da ich aber nur der stille Teilhaber eines kleinen Verlegers war, mußte ich selbst die Runde bei den Buchhändlern machen und Nachsehen, was meine Bücher dort taten. Wenig! Sehr wenig! Wir unterhielten uns über alles nur mögliche, und ich bewunderte die guten Buchhändler, wie geschickt sie meinen blitzschnellen Fragen über den Verkauf meiner Bücher auszu weichen verstanden. Es waren sehr höfliche Buchhändler, sie wollten mir die gewiß nicht erfreuliche Wahrheit nicht ins Gesicht sagen. Vielleicht haben mich jene Zeiten zu bescheiden gemacht, habe ich mich in ihnen zu einem zu angenehmen Autor entwickelt. Aber wer kann gegen den Lehrgang aufbegehren, den einem das Leben selbst auferlegt hat. Wenn ich heute in einer fremden Stadt in eine Buchhandlung komme, dann verschweige ich, daß ich ein Autor bin, dann will ich mir meine alte und liebste Freude, Bücher kaufen zu können, nicht zerstören. Wie viele lange und schöne Stunden bin ich als Kind in der Buchhandlung des Fräulein Mlady in Eger gesessen und habe dort Röchlings Bilder aus dem Siebenjährigen Krieg ange schaut - die Zeit um mich war versunken, der Pulverdampf wallte auf, die blauen Röcke der Preußen und die weißen der Österreicher marschierten unter dem Schrillen der Pfeifen und unter dem Dröhnen der Kesselpauken in die Schlacht - wie oft habe ich davon geträumt, mir einmal diese wunderbaren Bücher, die mir das gute Fräulein hier ansehen ließ, später, wenn ich groß sein werde, auch zu kaufen. Wie oft bin ich später dann als Knabe und als Jüngling bei den Buchhändlern in Znaim gestanden, mit großen Wünschen in den Augen und mit kleinen Kreuzern in der Tasche! Wie hatte mich die Qual der Wahl gepeinigt! Wie beglückt war ich mit dem erstandenen Buch heimgelaufen! Und das alles soll ich mir selbst nehmen? Soll ich in die Buchhandlungen gehen und fragen, warum sie gerade meine Bücher nicht führen? Oder, wenn sie diese führen, wie die Bücher „gehen"? Soll ich zeigen, daß ich auch zur Fachschaft gehöre? Ist es nicht viel schöner, cinzutreten, sich umzusehen, dem prüfenden Blick des Buchhändlers standzuhalten und wieder die Bücher, wie einst, in die Hand zu nehmen, als ob man es abwiegen könnte, was für Freuden sie enthalten, wieviel Glück, wieviel Wissen, wieviel gescheite Gedanken? Welche Türen in verschlossene Welten sich auftun werden? Welche Blicke in ferne Zeiten? Welche Stunden jenseits der Welt bei großen Gedichten? Lesen wir ein paar Seiten an, prüfen wir, wie der Mann, der das Buch geschrieben hat, seine Sätze baut, seine Kapitel be ginnt, genießen wir wieder das alte Glück und zahlen wir, wie wir einst gezahlt haben, froh, daß man für Geld überhaupt so etwas kaufen konnte. Freuen wir uns, wenn wir in den Buchhandlungen die ge wissen Jünglinge stehen sehen, die so, wie wir in ihrem Alter, voll von Wünschen sind und doch nicht Geld genug haben, diese zu erfüllen. Geld! Ach ja, Geld! Auf Geld beruht ja das ganze Geschäft! DeS Geldes wegen kommen Dichter und Verleger zusammen, des Geldes wegen gehen sie wieder auseinander, des Geldes wegen glauben die Dichter, bei einem anderen Verleger glück licher zu werden. Mag sein, daß es manchem gelingt, im Grunde glaube ich nicht daran. Möglich, daß ein Verleger zehnmal mehr aus einem Buch herausholen kann als ein anderer. Es wird so oft gesagt, daß ich es fast glauben könnte, aber ich zweifle doch daran. Es muß ja nicht in möglichst kurzer Zeit aus einem Buch alles herausgequetscht werden; vielleicht tröpfelt es länger, wenn es nicht gleich im ersten Jahr so stark schüttet. Vielleicht verdirbt ein weniger gutes, zu stark durchgedrücktes Buch den anderen und besseren den Absatz? Ich weiß es nicht. Ich liebe es nicht, darüber nachzu denken. Ich halte nicht viel davon, wenn sich Dichter und Ver leger trennen, es ist mir genau so zuwider wie eine Eheschei dung. Es mag viele Fälle geben, wo beides notwendig ist, aber in der Hauptsache wird es wohl schon so sein, daß jemand, der mit einem Menschen nicht auskommt, es auch mit dem nächsten nicht trifft. Und wo soll denn sonst noch die viel berufene Treue gehalten werden, wenn nicht in Verhältnissen, die nicht nur das wirtschaftliche, die auch das geistige Leben umspannen? Schließlich hängt die Zufriedenheit oft gar nicht mit Tatsachen, sondern weit mehr mit Wünschen und Vor stellungen zusammen, die sich erfüllen, die sich verwirklichen können oder nicht. Es geht dabei doch um mehr als um ge wöhnliche Geschäfte. Das Menschliche muß doch irgend an einer Stelle zu spüren sein. Vertragen wir uns also! Lemen wir einander achten! Die Dichter sind meist etwas schwierige Menschen. Aber die Ver leger müssen doch eine gewisse Neigung zu diesen schwierigen Menschen haben, sonst wären sie ja nicht Verleger geworden. Und die Buchhändler müssen ja Bücher lieben, sonst wären sie nicht Buchhändler geworden. Das Geld allein kann und darf für das gute Verhältnis nicht der einzige Maßstab sein. Denn ich habe noch keinen Menschen getroffen, der vom Geld allein zufrieden geworden wäre. 5
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