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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.10.1852
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1852-10-06
- Erscheinungsdatum
- 06.10.1852
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
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- Saxonica
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1852.) 1465 Hochzuverehrender re. ic. Es ist mir, dem gehorsamst Unterzeichneten, von der Hand eines Freundes ein Manuskript mitgetheilt worden, welches ich für Ihren ge schätzten und beliebten Verlag völlig geeignet halte. Dasselbe schließt sich der Hauptsache nach an Chamiffo's wundersame Geschichte Peter Schlemihl's an, ohne doch eine Art Fortsetzung derselben bilden zu wol len. Vielmehr möchte ich diese anziehende Schilderung eine geistvolle Ergänzung jener Geschichte nennen, die ihr einen Boden in der Wirk lichkeit anweist. Dieser Boden ist Ober-Aegypten mit seinen großarti gen Wunderbauten und Tcmpelrcsten, die Form jener einer gefälligen Reiseschilderung, auf novellistischer Grundlage, welche alle Schwerfällig keit und gelehrte Ueberfülle glücklich auf heiterer Welle umschifft. Die Ansprüche des Verfassers auf das Honorar werden, wie.ich vor aus versichern kann, die bescheidensten sein, das Publicum für dieses Buch aber wird die Mehrzahl jener gebildeten Leser abgebcn, die sich an einer belehrend unterhaltenden, und unterhaltend belehrenden Lectüre erfreuen, mithin ein sehr großes und allgemeines Publicum, so daß keine Lesebibliothek jenes Werk wird entbehren können. Lassen Sie bald mit einer günstigen Antwort sich beehrt sehen Ihren hochachtungsvollst ergebensten rc. Es vergingen vierzehn Tage, ohne daß eine einzige Antwort ein- licf. Nach abermals verlaufenen vierzehn Tagen hatte ich folgendes Resultat in Händen: Drei Verleger hatten beliebt, gar nicht zu antworten, sechse hatten unfrankirt geantwortet. Einer war so artig gewesen, seine Antwort postfrei zu senden. Dieses Letzteren Brief begann mit Kittern Klagen über die fort dauernd schlechten Messen, den stockenden Gang aller buchhändleri schen Geschäfte; man müsse den, obschon sehr zweifelhaften Erfolg der Ostermesse 1848 erst abwarten, und dann werde in Bezug auf das angetragene Manuscript, bei vollem dankbaren Erkennen des, in die Firma gesetzten freundlichen Vertrauens, vielleicht ein dem unbekannten Herrn Verfasser günstiger Entschluß gefaßt werden können. Gern würde es die Firma sehen, wenn statt eines frem den und unbekannten der eigene rühmlich bekannte Name des geehr ten Herrn u. s. w. Die übrigen sechs Briefe waren sammtlich ablehnend, ich legte sic neben einander und ließ sic mir als Spiegel dienen, aus dem der Geist der literarischen Zeiten mich anblickte. Nr. 1 bemerkte, daß das Herrn A**sche Vcrlagsgeschäft sich gar nicht mit den Ephemeren schönwiffenschaftlichen Verlages befasse, son dern alle Kräfte der Förderung des wahrhaft Gediegenen in der Wissenschaft widme. Wissenschaft über Alles! Beigelcgt war ein antiquarischer Katalog zu gefälliger Auswahl, darin ich zu meiner großen Belustigung und Genugthuung Guiarini's Kastor llllo unter den theologischen Schriften, Rubrik Askese, aufgesührt fand. Nr. 2. Man müsse aufrichtig bedauern, wegen Uebcrhäufung cin- gegangener Verbindlichkeiten, bei den ohnehin sich so traurig gestalten den Verhältnissen des deutschen Buchhandels auf neue Unternehmungen dermalen nicht eingehcn zu können. Nr. 3. Ohne vorher genommene Einsicht in das angcbotene Manuscript sei unmöglich ein Entschluß zu fassen. Es seien in dieser Form eine Menge Werke über Aegypten vorhanden, man wolle nur eines der anziehend sten nennen: „Aus Mehemed Ali's Reich," von dem gewandten und berühmten Verfasser der Briefe eines Verstorbenen, wie dessen „Rück kehr," daher man aufrichtig bedauere rc. Nr. 4 von einem noch jungen Buchhändler, welcher einen drei Sei ten langen Brief geschrieben hatte; auch er hielt den einseitigen Ge sichtspunkt fest, cs sei ihm ein Reisehandbuch über Aegvpten angebotcn worden, und fühlte den Drang, mich über die Literatur der über Aegyp ten vorhandenen neueren Werke zu belehren. Er fuhr gleich alles schwere Geschütz auf, die gewichtigen Namen Denon, Belzoni, Cham- pollion, Minutoli u. s. w.; sprach über das zu erwartende neue Pracht- Werk der Expedition der Königlich Preußischen Regierung unter Herrn Lepsius, sprang von Frankreich und Deutschland nach England über, kannte wirklich Watker's etrts snck Hntiguitiss ok IZMpt, kononi's Not««, Willcinson's LZz-pt snck 'Heedes, wie dessen IVIsuners snck 6ou- stvm« ok tke sneient Lg^ptians und auch Uickael knsssl's Views ok nncient sin! mollern Lg>pt — nicht aber das damals allerneuste präch- bige Bilderwerk: ködert'« 8Iested«s in Kß^pt an«! Nudia witk bistorieal ckeseriptivns b^ William Lroolceckon k. k. Id litdoxrapkeck dx 1-ouis Hsßde — das mehr und besser als jedes andere den Geist der Bau ten, Denkmäler, Kolosse und Riesentrümmer in den gelungensten Bil dern abfpiegelt, und das ich gerade auf meinem Tische liegen hatte, als der Brief voll strotzender ägyptischer Literaturkenntniß des jungen Buch händlers anlangte. Dieses kannte der neue Literatur-Salomo noch nicht. Sein belehrender Brief schloß mit den Worten: Sie sehen, verehrter Herr, aus dieser offenen Mittheilung, daß uns nicht zusagen kann, ein Werk über Aegypten zu drucken, für welches sich bei so vielen bereits vorhandenen höchst gediegenen Werken über dieses vielbcrühmte und viel beschriebene Land ein entsprechender Absatz durchaus nicht hoffen läßt. Wir haben die Ehre u. s- w. Nr. L enthielt folgende Stelle: Um ein Werk wie das uns von Ihnen gütigst angebotene in Verlag zu nehmen, bedarf es vor Allem des Kostenanschlags, vorausgesetzt, daß wir uns nach Einsendung des druckfertigcn Manuskripts überzeugt halten können, nur einigermaßen uns der oft täuschenden Hoffnung hingeben zu dürfen, wieder zu unseren Kosten zu gelangen. Wir fügen Ihnen den Kostenanschlag einer Auf lage von Siebenhundertfünfzig über Papier, Sah, Druck, Censur, Cor- rectur, Umschlag, dessen Papier, Satz und Druck, über Broschur, An zeigen u. s. w. bei; wenn wir nun noch ein Honorar von 6 höchstens 7 Gulden für den Bogen bewilligen, so macht sich sonach ein Absatz von 5(IV Exemplaren nöthig, um uns unsere Baarauslagen zu erstatten. Da nun aber ein solcher Absatz in der Gegenwart bei dem so sehr ge lähmten Buchhandel gar nicht denkbar ist, so thut es uns in der That aufrichtig leid, auf Dero schätzbaren Antrag nicht eingehen zu können, und wollen Euer Wohlgcboren von Einsendung des fraglichen Manu skriptes an unsere Firma geneigtest Umgang nehmen, die wir vcrchrunqs- voll u. s- w. Nr. 6. Auch von einem jungen Buchhändler. „Ihrem Scharfblick, geehrter Herr, kann nicht entgangen sein, daß wir am Vorabend großer Ereignisse stehen und daß sich Umwälzungen vorbereiten, welche die civi- lisirte Welt des altermorschen Europa aus allen Fugen heben, und alle Blicke, ja den Strom ganzer Völker hinüber nach Westen lenken wer den, wo jetzt die im Osten untergehende Sonne aufgeht. Diese u». aufhaltsame Bölkerströmung und Weltbewegung reißt allgewaltig auch die Literatur in ihre rollenden und fluthenden Wirbel, auch hier wird die furchtbare Hand des Zeitgoltes eine tabula rasa machen, und vor Allem wird sie, die Zeit, mit dem Hauch der Vernichtung allen jenen müßigen, giftigen, wollüstigen, zeitverdcrbenden Schwall von Romanen, Novellen und sogenannt schöngeistigen Schriften fortschwemmen, welche die Völker in Schlaf und Träume lullten, und über welche die erwa chende Mündigkeit dieser Völker ein furchtbares, gnadenloses Strafge richt wird ergehen lassen. Alle diese Höflings-, Feiglings- und Schmeich- lings-Machwcrke werden weggeblasen werden, und eine Milchstraße von Milliarden zitternder Stäubchen bilden, denen nie der Strahl wicdcr- kehrt, in welchem einen kurzen Augenblick zu schimmern ihnen ver gönnt war. Auch Sie, geehrter Herr, sollten nicht die wehklagend rufende Stimme des Vaterlandes überhören, sondern Ihre Feder dem Aufschwung wei hen, den der Genius dieses Vaterlandes nimmt! Hinweg mit allen Schattengebilden und deren Fortsetzungen, hinweg mit aller weichlichen Novellenschreibcrei! Jede Feder werde zum Schwert, jedes Papier zur Patrone, auf daß die Freiheit erkämpft werde! Das ist die Lo sung der Neuzeit. Singen Sie uns Marseillaisen, Herr, und deutsche Ya ira's, die will ich verlegen. Im Uebrigen habe ich die Ehre u. s. w." „Armer Mendel!" rief ich aus, als ich nicht ohne Wehmuth und mit einem trüben Lächeln diese abschläglichen Antworten zusam menfaßte. „Armer Mendel, und du sitzest nun daheim, brichst dir jeden Morgen eine Stunde Schlafes ab, deine Arbeit zu vollenden, im Herzen die stille, bescliqende Hoffnung, endlich einmal die glühen den Wünsche deiner Jugendtage erfüllt zu sehen, und wenn sie nun — diese Hoffnung, wie ich leider fürchten muß — dennoch fehl schlägt, so war ich es, der sie weckte, nährte, der dem Guten, Bra ven die bittere Täuschung zuzog. O wäre ich doch zurückhaltender mit meinem Beifall gewesen!" Es vergingen wiederum vierzehn Tage, da langte ein ziemlich dicker Brief durch Buchhändlergclegenheit an, welcher von einem der drei Verleger war, die nicht geantwortet hatten. Dieser schrieb unter Anderm in derselben Angelegenheit: „Obschon Sic, Verehrtester, mir in Ihrem Werthen vom .... gütigst andeuteten, daß das fragliche mir zum Verlag von Ihnen ange tragene Manuscript eines Ihrer Freunde nicht eine Art Fortsetzung
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