Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.10.1857
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1857-10-07
- Erscheinungsdatum
- 07.10.1857
- Sprache
- Deutsch
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- LDP: Zeitungen
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terarischen Kritik der Zeitungen, nicht mit der literarischen Kritik im Allgemeinen zu thun. Wer den gegenwärtigen Zustand der literarischen Kritik in Deutschland vom buchhändlerischen Standpunkte in etwas richtig beurtheilen will, muß sich vor allen Dingen die Gestaltung des deut schen Zeitungswesens nach dem Jahre 1848 klar vor Augen halten. Das Jahr 1848 brachte durch die geänderten Preßbedingungen eine solche Fluth von Zeitungen und kleinen Blättern zu Tage, daß es sicherlich, wenn nicht von praktischem, so doch von geschichtlichem In teresse wäre, eine genaue kritische Katalogistrung der damaligen pe riodischen Unternehmungen zu bewerkstelligen. Die große Mehrzahl jener „zeitgemäß" betitelten Blätter schoß wie Pilze aus der Erde hervor und verschwand auch wieder wie solche und mit ihr verschwan den in der Regel auch die Redacteure und Verleger, die aus allen möglichen Ständen und vielfach sogar aus dem Handwerkerstande! hervorgegangen waren. Der solidere Kern behauptete sich aber, an dere Unternehmungen traten hinzu, und Deutschland hatte, nachdem der Sturm sich ausgepeitscht, neben der Erinnerung an viele tolle und unbehagliche Tage eine weit größere Menge von Zeitungsver legern, als dies in der vormärzlichen Zeit der Fall war. Dieser Zustand ist so ziemlich der nämliche geblieben, die Zahl der Zeitungen hat sich, um einen Bauernausdruck zu gebrauchen, ge sackt und nach Maaßgabe der Concurrenz bestimmt. Viele Blatter ^ sind zwar nachträglich noch immer vom Schauplatze ihres Wirkens verschwunden, andere aber auch dafür an die Stelle getreten. Somit ^ sind gegenwärtig wohl alle deutsche Gauen mit politischen Tages- ! blättern reichlich gesegnet. Sie sind so zahlreich vorhanden, daß die publicistischen Kräfte für ihre Redaktion nicht immer ausreichen. Thatsächlich befinden sich viele deutsche Zeitungsverleger häufig ge nug in Noch, weil sie für gutes Geld keine geeigneten Leute bekom men können, denen sie die Redaction resp. Mitarbeiterschaft ihrer Blätter mit Beruhigung anzuvertcauen vermögen. Diese Verhältnisse also müssen wohl berücksichtigt werden, wenn über die literarische Zeitungskritik der Gegenwart nicht ins Blaue! hineingeurtheilt werden soll. DieZersplitterung des deutschen Jour nalismus und die dadurch herbeigeführte Mangelhaftigkeit der re- ! dactionellen Kräfte bringt es mit sich, daß nicht überall eine sachge- ! Mäße und nützliche Kritik gesucht werden darf, wo sie mancher Ver- i leger im Interesse des einen oder andern Unternehmens suchen möchte. Würden jedoch die vorhandenen Verhältnisse Seitens des Buch handels immer genau berücksichtigt, so könnten die Conti der Re-i dactionsexemplare durchschnittlich um Vieles vereinfacht werden. Oft! scheint es eine wahre Manie zu sein, den kleinsten und unansehn-1 lichsten Blättern durch Einsendung von Freiexemplaren um Abgabe! ihres Urtheils zu schmeicheln. Dabei rrifft es sich denn, daß solche Blätter nicht bloß kein Urtheil über den fraglichen Gegenstand abzu- ! geben haben, sondern auch nicht einmal einen literarischen Hand langer besitzen, der eine gleichgültige und nichtsbedcutende Redens art über das Buch zu Papier bringen könnte. Wer beim Vertriebe - von Zeitungen war und ist, weiß, wie über manche kleine Tages- ! blätter zeitweilig eine wahre Sündfluth von literarischen Novitäten ' Behufs der öffentlichen Besprechung heccinbricht. Pädagogische, ^ landwirthschaftliche, populär-medicinische, Schriften über Musik- ! und Gesangunterricht — kurzum eine jede Fachliteratur sendet ihre ^ Vertreter, worüber den Zeitungen nicht bloß ein Urtheil, sondern ^ auch ein immer bereit stehender Kritiker zugetraut wird. Folgt dann , die gewünschte Besprechung in einem bestimmten Zeiträume nicht, ^ so ist der Spender jener literarischen Schätze naiv genug, sich mit-! telst eines im Vorrath gedruckten Zettels in verblümter Weise nach I den Belegen zu erkundigen. Du Himmel! so ein armer Zeitungs verleger muß in gar vielen Fallen froh sein, wenn es ihm mittelst ^ der ihm zur Verfügung stehenden Kräfte gelingt, den Inhalt seiner Zeitung von Tag zu Tag in Ehren zusammenzukitten und da soll ^ er auch noch für die öffentliche Würdigung der Verdienste vielseitig» thätiger Herren Collegen Sorge tragen! — Einer großen Anzahl von Verlegern, denen hinlänglicheKenntniß der Zeitungsverhältniffe zugetraut werden muß, scheint es sich bei Einsendung von Re dactionsexemplaren in der That um nichts Anderes mehr als um Ersparung von Inseraten zu handeln. Sie dürfen sich deßhalb > nicht wundern, wenn es auf der andern Seite auch Redacteure gibt, welche neben den freiwillig einlaufenden Redactionsexemplaren noch immer neue Bücher zur Besprechung verlangen, mittelst deren sie dann zur Verbesserung ihrer Kost- und Wohnungsverhältnisse einen kleinen Antiquarhandel etabliren und auf diese Weise den willfähri gen Herren Verlagshändlecn trotz der öffentlichen Anerkennung von vorneherein die Preise verderben. Hat ja — irren wir nicht — das Börsenblatt selbst vor noch nicht langer Zeit den Fall constatirt, daß ein Redacteur den Beleg einer Besprechung einsandte und sich dem Verleger gleichzeitig zu einer zweiten Besprechung erbot, wenn er ihm ein zweites Exemplar des nämlichen Buches einsende (1855 Nr. 133)! Für diejenigen Unternehmungen, die dem Wesen ihrer Sache nach auf kein unmotivirtes Lob Gewicht legen, sondern denen es auf eine gründliche oder wenigstens sachliche Besprechung ankommen muß, gibt es in Deutschland glücklicherweise genug Organe von wei ter und dichter Verbreitung, welche sich dieser gerade nicht dankbaren Aufgabe mit Liebe und Aufopferung unterziehen. Und wenn wir hier Namen nennen sollen, wen können wir zunächst anders nennen, als die Beilagen der Augsburger Allgemeinen Zeitung, welche durch die von ihnen so meisterhaft cultivirte Form des kritischen Referats neben der beständigen Anregung des Publicums die weiteren Be strebungen der deutschen Verlegerwelt so wirksam unterstützt? Das erste Zeitungsorgan Deutschlands ist mit den Interessen des deut schen Buchhandels so enge verwachsen, daß dieser es mit Fug und Recht sein kritisches Organ nennen kann. Geht die Herausgabe desselben ja auch von der ersten deutschen Verlagshandlung aus! Wie sehr der Buchhandel den Werth der Augsburger Allgemeinen Zeitung für die Vertretung seiner Interessen in der That würdigt, bewies der tiefe Eindruck, den noch das letzte von Preußen ausge gangene Territorial-Verbot in unserem Geschastsleben machte. Und neben der Augsburger Allgemeinen Zeitung haben wir noch eine genügende Anzahl Zeitungen ersten und auch zweiten Ranges, welche das kritische Amt mit Verstand, Bedacht und Wohlwol len vertreten. Ihre Namen brauchen wir nicht erst zu nennen, da ein jeder Buchhändler, welcher sich ernstlich dafür zu interessiren hat, sie auch ausreichend kennt. Bei der Wichtigkeit, welche die li terarische Kritik der Zeitungen für den Buchhandel besitzt, kann letz terer also in diesem Punkte vorläufig beruhigt sein. Das österreichische Zeitungswesen, welches wir hier ebenfalls flüchtig berühren müssen, unterscheidet sich seiner Gestaltung nach sehr wesentlich von dem übrigen deutschen. In Deutschland hat die Provinzialpresse eine bedeutendere und selbstständigere Stelluna als dies in Oesterreich gefunden wird. Das Interesse der Zeitunqs- leser conccntrirt stch hier in viel erheblicherem Maaße aufdieZeitungs- presse der Reichshauptstadt. Es ist das ein Umstand, den an sich zu beklagen der österreichische Verlagshandel keinen Grund hat; für die Literatur und ihre Interessen ist es der Hauptsache nach gewiß vor- theilhafter, wenn ihr eine in ihren einzelnen Organen centralisirte Zeitungspressc zur Seite steht, als wenn wie im übrigen Deutsch- land die publicistisch-literarischcn Kräfte und das Publicum durch Hunderte kleinerer Zeitungen zersplittert werden. Aber so stichhaltig uns diese Ansicht scheint, so reden die factischen Verhältnisse doch gerade das Umgekehrte. In Deutschland weiß sich troh der Zcrsplit- 268*
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