Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.12.1857
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- 1857-12-07
- Erscheinungsdatum
- 07.12.1857
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- Deutsch
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fast 10 Jahre lang mit strengster Gewissenhaftigkeit gedient. Sein unabhängiger, gerader, keine Nebenrücksichten kennender und duld ender Sinn, sowie das ihm eigene Talent, in den Verwickelungen des Lebens das entscheidende Moment zu treffen und festzuhalten, haben seinem Rathe immer Gewicht, oft entscheidende Wirkung -»erlichen. Wir knüpfen noch einmal an die frühere Zeit an. Bald nach Beendigung des Feldzuges war Wilhelm Perthes, mehr des Vaters als dem eigenen Wunsche folgend, nach Gotha zurückgekehrt (August 1814) und hatte, zuerst als Gehilfe seines Vaters, dann, als dieser starb, selbstständig das Geschäft übernom men (2. Mai 1816). Seitdem und seit seiner bald darauf (im I. 1818) erfolgten Verheirathung mit der Tochter von Friedrich Per thes, Agnes, fließt sein inneres und äußeres Leben ebenmäßig dahin. Wo es zu rathen und zu helfen galt, war er immer bereit, dem Ein zelnen seine Kraft zu widmen, stets in der anspruchloscsten, un scheinbarsten Weise, so daß Niemand, auch nicht seine Angehörigen, davon erfuhren, ebenso aber auch in ausgedehnteren Kreisen, wie er z. B. bei Reorganisation des großen Börsenvereins zu Leipzig treu lich mit geholfen und später den beiden großen Versicherungsan stalten zu Gotha lange Jahre ein geschätzter Berather gewesen ist. Hauptsächlich aber war sein Leben getheilt zwischen den Freuden und den durch mancherlei Hauskreuz erhöhten Sorgen einer sich mehr und mehr abschließenden Häuslichkeit und des von Tag zu Tag wachsenden Geschäfts, nur stets geweiht durch einen frommen, immer heitern, namentlich für die Schönheiten der Natur empfäng lichen Sinn, durch die treue Pflege der Freundschaft und durch ein lebendiges Interesse für jede, auch außerhalb jener Sphären liegende bedeutende Erscheinung. Das Geschäft hatte zur Zeit der Uebecnahme durch Wilhelm Perthes nur noch einen kleinen Umfang; einige philanthropische Schriften, der alte Heusinger'sche Atlas und der von der Ettinger'- schen Buchhandlung erst nur gepachtete Hofkalendcr waren die Hauptactikel des Verlags. Aber bald gewahrte man die neu darin lebende Kraft. Nicht, als ob Perthes mit dem Gedanken, nun etwas Neues und Großes zu schaffen, in die Handlung eingetreten wäre! Die neue Auffassung des Buchhandels, die Erweiterung sei nes Gesichtskreises überhaupt, die Anknüpfung größerer Verbind ungen hätten ihm wohl einen solchen Gedanken cingebcn können, aber schon sein wahrhaft bescheidener Sinn, ein Grundzug seines Wesens, und eine Pietät, die ihn von jeher an dem Alten so lange sesthalten ließ, als es möglich war, mußten ihn daran hindern. Dazu kam aber noch, daß ihm, der auch sonst einer lebendigen Phan tasie entbehrte, das Bildende, Schaffende, Anregende des Geistes abging; fast keinen seiner Autoren hat er ausgesucht und an sich gezogen, fast zu keinem der bedeutenderen bei ihm erschienenen Werke den ersten Anstoß, sei es geradezu, sei es durch die Anregung seines Verkehrs, gegeben. Darum ist aber sein Antheil an dem Entstehen, der Ausbildung und Verbreitung der bedeutendsten bei ihm erschien enen, namentlich der geographischen und genealogischen Werke, nicht gering anzuschlagen. Mit einem bewundernswürdigen, gleich auf den ersten Blick den eigentlich entscheidenden Punkt fassenden Tacte beurtheilte er sowohl das wissenschaftliche oder praktische Be- dürfniß, als das zu dessen Befriedigung angebotene Werk, und, hatte es seine Billigung, so führte er es, unbeirrt durch irgend welche Nebensrage, mit beharrlicher Consequenz ins Leben. Und diese Thätigkeit betraf nicht nur die technische Rcalisirung und handels mäßige Verbreitung des Werkes, sondern oft genug auch seine wis senschaftliche Behandlung und Fortbildung. In dieser Beziehung war er seinen Autoren ein zuverlässiger Gewährsmann für die Art und den Umfang des bei der näheren Ausführung maaßgebenden Bedürfnisses, und er selbst hat nicht nur bis zu den letzten Jahren einen der genealogischen Kalender (den gräflichen) selbst redigirt, sondern auch und vor allen Dingen durch seinen raschen Blick und sein zuverlässiges Gedächtniß bei täglicher Durchsicht neuer Karten, Reiseberichte, Zeitungsnotizen rc. über der steten Berichtigung und Vervollständigung seiner Atlanten und Karten gewacht, und ganz eigentlich durch seine Gewissenhaftigkeit es dahin gebracht, daß sie Schritt hielten mit den sortgehenden politischen Umgestaltungen und wissenschaftlichen Entdeckungen. So ist er auch in dieser Be ziehung seinen Autoren ein treuer Gehilfe gewesen, und sie haben ihm ihre volle Anerkennung durch eine ehrende treue Freundschaft bis zu seinem Tode bewiesen. Seine Hauptthätigkcil widmete Perthes aber natürlich der technischen Herstellung und der Verbreitung seiner Verlagswerke. Da es sich nach der Natur seines Verlags nicht bloß um das Ver- hältniß zum Drucker und Sortimentshändler, sondern um eine von Jahr zu Jahr wachsende Fabrikation handelte, bei der die Thätigkeit Vieler genau in einander zu greifen hatte, so mußte sich allmählig ein großartiger geschäftlicher Haushalt gestalten, bei dessen Leitung ebensowohl Perthes' sicherer praktischer Blick, als sein von Wohl wollen und Vertrauen ganz erfülltes Wesen am sichtbarsten her vortritt. Auch hier knüpfte er bescheiden an die gegebenen kleinen An fänge an. Mit Schüchternheit, fast mit Sträuben ging er an jede Erweiterung. Wie er die Räume seines Geschäftslocals nur Schritt für Schritt ausdehnte, so verstärkte er auch die Mittel und Kräfte seines Instituts erst dann, wenn sich ihm das unabweislichste Be- dücfniß klar zu Tage gelegt hatte. Erst als dasselbe innerlich gekräf- tigt und befestigt dastand, und der darin treu gehegte und gepflegte Keim die alte Gestalt zu sprengen anfing, hat er allmählig nachgege ben, dann aber auch kein Opfer gescheut, um durch Herbeiziehung neuer, tüchtiger Arbeitskräfte, durch Anwendung und Ausbildung neuer Erfindungen, durch glanzvolle Ausstattung und regsamen Vertrieb sein Geschäft auf die Höhe zu heben, auf der es im letzten Jahrzehend anerkanntermaßen gestanden hat. So hatte sich sein Geschäftshaushalt in nie gehoffter Weise erweitert. Mehrere hundert Arbeiter in und außerhalb Gotha, dar unter über zwanzig Familienhaupter, nahmen jetzt daran Theil, und wohl hätte diese Vermehrung und die Unmöglichkeit, den Einzelnen, auch nur von den in direkter Verbindung mit ihm Stehenden, näher zu kennen, eine Entfremdung zwischen Herrn und Gehilfen herbei führen können. Aber für Perthes änderte sich das alte Verhälrniß nicht. Es beruhte wesentlich auf gegenseitigem Vertrauen. Auf ein solches gestützt, hat ec seinen Gehilfen bei ihrer Arbeit stets eine ehrende Selbstständigkeit eingeräumt, bei dem Lohne nie kleinlich gerechnet und gemarktet. Betrachtete er sie doch alle nicht als aus zunutzende Werkzeuge für den eigenen Gewinn, sondern als seiner Fürsorge befohlen, gewissermaßen als Glieder einer großen Familie, für deren Leben und Gedeihen er durch Führung seines Geschäfts zu sorgen habe. Sie haben dem Ehrenmanne dieses Vertrauen er- wiedcrt, und die Theilnahme an seinen letzten Leiden und die innige Trauer um den Dahingeschiedenen sind Zeugniß genug dafür, daß sie in ihm nicht bloß einen Herrn, sondern einen treuen Beschützer und Freund verloren haben. So lebte Wilhelm Perthes, ein Beispiel, welchen Segen auch in den beschränkten Kreisen des Privatmanns ein bescheidener from mer Sinn, eine gewissenhafte Berufstreue und unermüdlicher Fleiß weithin um sich verbreiten kann. Dem langsam heranrückenden Tode sah er in gläubiger Ergebung getrost entgegen, die körperlichen Schmerzen und die Qualen der Angst schwanden in den letzten Tagen, und nach kurzem Todeskampf ist er verschieden am 10. September 1853.
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