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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 20.04.1929
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- 1929-04-20
- Erscheinungsdatum
- 20.04.1929
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- Deutsch
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X- 91, 20. April 1929. Fertige Bücher. B»rI--ri-ttf.d,D»chn.«uchSan!>-r 3219 Schach dem Tode Roman von Mazda Trott. 1. Kapitel. „Still, hörten Sie nichts? Man rüttelt am Tor!" „Sic irren, Herr Professor, es ist der Sturm, der das Grabaitter schüttelt!" „Nein, nein, man hat uns gesehen! Man hat das Auto gehört, man folgt uns!" „Ich beschwöre Sie, bleiben Sie ruhig, Herr Pro fessor. Ihre Nerven dürfen jetzt nicht versagen. Be denken Sie, Sie stehen kurz vor dem Ziel." „Vor dem Ziel! Vor dem Ziel!" Bebender Jubel schwang durch die Stimme. Dann ließ der Mann, der sich soeben bemüht hatte, die Schrauben des Sarges zu lösen, den Schlüssel klirrend zur Erde fallen, streckte lei denschaftlich beide Arme aus und ries: „Das Ziel! Tod, wo ist dein Stachel! Tod! Tod — du bist bezwungen. Ich habe dich überwunden! Hier steht dein Meister! Leben sprießt aus meinen Händen. Das Geschenk an die Welt heißt Leben, Leben! Hier spende ich es dir!" Die Stimme brach in wilder Erregung. Der Jüngere hatte sich in seiner emsigen Arbeit nicht stören lassen. Nur für einen einzigen Augenblick hatte er ausgeschaut und den Mann angeblickt, der zitternd vor Erregung in dem Grabgewölbe stand, bereit, der Wissenschaft oas größte Opfer zu bringen und einen Leichenraub zu begehen, um noch in dieser Nacht über den Tod zu triumphieren. Die Schrauben knarrten leise. Jetzt neigte sich auch der Aeltere beim Scheine der Taschenlaterne wieder über den Sarg. Seine Knie schlotterten, die Zähne schlugen ihm wie im Fieber aufeinander. „Lassen Sie mich die Arbeit allein vollenden, Ihre Hände zittern." Der Aeltere, dessen leicht ergrautes Haar an der hohen Stirn klebte, schüttelte den Kopf. Erregt stieß er hervor: „Sind die Lichter am Auto gelöscht?" „Ich habe alles bedacht, Herr Professor, es besteht keine Gefahr, daß man uns hier entdeckt. Der Frieohof liegt fern von den menschlichen Wohnungen, bei diesem Sturm wagt sich zur mitternächtigen Stunde niemand hinaus. — Wir werden das Werk vollenden, werden die Tote ungesehen aus dem Gewölbe entfernen." „Die Tote!" Fast gellend schrie es der Professor, dann aber flüsterte er grauenvoll: „Leben sollst du, holdselige Frau, leben und lächeln wie einst. Aus der Ewigkeit zerre ich dich zurück auf die Erde!" Die letzte Schraube war gelöst. Man hob den Deckel. In dem Holzsarge, den man heute nachmittag hier bei gesetzt hatte, befand sich der schlichte Metallsarg, der die sterblichen Ueberreste der schönen Schloßfrau barg. „Jetzt gilt's, Herr Professor! Wir müssen den Sarg herausheben, müssen den anderen wieder fest verschrau ben, keinerlei Spuren dürfen hinterlassen werden." Aber der Angeredete stand wie versteinert. Jede Be wegung schien aus seinem Körper gewichen zu sein, nur die Augen, die großen grauen Augen, schauten beinahe entsetzt auf den bloßgelegten Metallsarg. „Grabschänder! Leichenräuber!" „Wohltäter der Menschheit! Bezwinger des Todes!" Mit starker Stimme rief es der andere ihm entgegen. „Gönnen Sie sich einige Augenblicke Rast. Wer könnte es wagen. Sie ob dieser heldenhaften Tat schmähen zu wollen? Die Wissenschaft verlangt dieses Opfer von Ihnen. Sie brachten es und Sie taten recht daran." „Ich aber sage euch, verflucht sollen alle die sein, die es wagen, den Toten die Ruhe zu stören!" Die Worte des Professors hallten unheimlich von den Wänden des kleinen Grabgewölbes wider. Noch immer riß er den Blick von dem kleinen Metallsarg nicht los. Da trat sein Helfer neben ihn und legte die schmale Hand auf den Metalldeckel. „Leben sollst du," sagte er mit großer Feierlichkeit, „die Arbeit eines Forschers, eines Denkers sollst du krönen, Heimgegangene Frau. Das Tor, das hinter dir zufiel, öffnet sich wieder unter den Händen eines Mei sters. Aufs neue gehst du dem Leben entgegen!" Nun kam Bewegung in die Gestalt des Professors. Das Starre schwand aus seinem Gesicht, eine leidenschaft liche Erregung breitete sich darüber. Hastig neigte er sich über den Sarg. „Ans Werk, Karst, wir haben keine Zeit zu verlieren!" Es war eine mühevolle Arbeit, aber es gelang schließ lich doch, den Metalstarg aus seiner hölzernen Umhüllung zu heben. Fragend schaute der Jüngere auf seinen älteren Gefährten, als er jetzt eine dunkle Decke auf dem Boden ausbreitete und den Metallsarg einhüllte. Keiner der beiden Männer sprach ein Wort. Schwei gend trug man die grauenvolle Last die Stufen empor, stieß das Gitter auf, das die Gruft abschloß. Draußen stellte man den Sarg nieder. „Bitte, warten Sie, Herr Professor, ich gehe hinab, um unten alles wieder in Ordnung zu bringen." Lautlos stieg Doktor Rudolf Karst die Stufen hinab, legte den Holzdeckel auf und zog die Schrauben fest an. Sorgsam leuchtete er den kleinen Raum ab, schob den einzigen Kranz wieder auf den Sarg und kehrte darauf zu dem wartenden Professor zurück. Mit ruhiger, sicherer Hand verschloß er die kleine Gruft. Als die beiden Männer im Begriff waren, den Sarg aufzunehmen, setzte der Wind mit erneuter Kraft ein. Er verfing sich in den Gitterstäben, brach sie heulend und ließ ein leises Klingen ertönen. Dann griff er die dunkle Decke, die den Sarg umhüllte, und trug sie eine Strecke davon, um sie auf eines der Reihengräber nieder zuwerfen. Ein hohles Lachen kam von den Lippen des Pro fessors. „Sturm, ohnmächtiger Geselle! Du sprengst die Pforte nicht. Was heulst du? Schickt dich Satan zu Hilfe, um meine Macht zu brechen? Meine Arme rüttelten an dem dunklen Tor — es öffnete sich, die Toten kommen heraus, kommen ans Licht des Lebens! Hier sieh mich an, mich, den Bezwinger der ewigen Macht!" Doktor Karst war davongeeilt, hatte das Tuch zurück geholt und verhüllte erneuc den Sarg. Zwischen den Gräberreihen hindurch, vorbei an den weißen leuchten den Kreuzen, die wie warnende Gespenster rechts und links dastanden, trug man die eigenartige Last. Vor dem Kirchhof hielt in tiefstem Nachtdunkel das Auto des Professors. Nur noch ein kurzes Mühen, dann verschwand der Sarg im Innern des Wagens. Doktor Karst übernahm die Führung. Durch heulenden Sturm ging die Fahrt heimwärts zu der Villa des Professors Bendler. Schlaftrunken hob der Hauswart den Kopf aus den Kissen, als er das dumpfe Rollen vernahm. Aber er legte sich gleich wieder nieder. Es war nichts Seltenes, daß der berühmte Mediziner zu mitternächtiger Stunde in seinem Auto die Villa verließ, um Hilfesuchenden bei zustehen. Es kam auch des öfteren vor, daß man aus dem großen Sanatorium, das etwas zwanzig Minuten von der Bendlerschen Villa entfernt lag, den Professor verlangte. Der Hauswart hielt es daher nicht für notwendig, sich nach seinem Ausguck zu begeben.
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