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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.09.1931
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- 1931-09-01
- Erscheinungsdatum
- 01.09.1931
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^ 202, >. September 1831. Redaktioneller Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn Buchhandel. sich um eine Beratung. Auch hier wieder ist der Buchhändler in einer besonders günstigen Situation. Sein Kunde ist geneigt, ja er wünscht geradezu von ihm beraten zu werden (während er in anderen Geschäften als Besser-Msser austritt!). Da ist nun Gelegenheit, die sublimsten Feinheiten eines gekonnt Psycho logischen geistigen Kundendienstes spielen zu lassen. Hier gilt es Menschenkenntnis zu zeigen, ein seines Gefühl für geistige Werte zu haben, eine sensible Anpassungsfähigkeit solcher Werte am MenscheU zu beweisen; hier muß die Einfühlung, welche von jedem Verkäufer zu verlangen ist, jene seingliedrige Verzweigt heit besitzen, wie sie uns die Nalur in manchen Wasserpflanzen zeigt, welche sich spielend der kleinsten Bewegung in der Strö mung anpassen. Dies feine Erkennungsvermögen für Menschen, ihre Gefühle, ihre Wünsche und ihre Tendenzen ist auf der einen Seite nötig. Aber es wäre nicht der wahre Menst am Kunden, wenn nur dies allein vorhanden wäre, wenn es nicht gepaart sein würde mit Festigkeit und Stärke, mit Klarheit und Sicherheit des Urteils. Mancher Kunde will nicht nur verstanden, er will auch geführt oder zum mindesten in Rich tungen gewiesen werden, und ihm ist der Buchhändler, der nur immer versteht, nur immer nachgeht, zu weichlich, zu lau. Frei lich gehört zu einem solchen eigenen Führenkönnen verschie denes: Die geistige Fähigkeit, das vorhandene Literaturmaterial nicht nur zu verstehen, sondern auch sich kritisch dazu einzu stellen, sich ein Urteil zu bilden, und zwar ein so fundiertes, daß mit dem Kunden — von ihm werden wir noch zu sprechen haben — darüber diskutiert werden kann. Schließlich gehört noch etwas dazu, zu dessen Wesensbeschreibung allerdings eine eigene psychologische Abhandlung nötig sein würde: Die rechte Persönlichkeit. Wenn es an ihr fehlt, Helsen keine Literatur kenntnisse, auch wenn sie noch jo umfassend sind, das beweisen viele Beispiele! Eine sehr problematische Frage, die in diesem Zusammen hang auftaucht und mit dem Thema »Persönlichkeit- in engster Verbindung steht, ist die der Verantwortlichkeit des Buchhänd lers. Wir denken hierbei nicht nur an die Möglichkeit des Verkaufs irgendwelcher Bücher an Jugendliche, welche für das betreffende Alter noch nicht geeignet sind, sondern es handelt sich um die sozial wie ethisch unerhört wichtige Frage, die sich etwa dahingehend formulieren läßt, »hat der Buchhändler eine pädagogische Aufgabe-? Wir müssen uns damit begnügen, aus das Problem hingewiesen zu haben. Das Aufrollen einer Ant wort würde den Rahmen dieser Arbeit bei weitem überschreiten. Soviel ist aber unter dem Gesichtspunkt geistigen Kundendienstes gewiß, daß auch Verantwortungsbewußtsein dazu gehört, und zwar in dem Sinn, daß ein Verkäufer wissen muß, was er verkauft; d. h. er muß nicht nur den Inhalt eines Buches kennen, sondern sich auch über die Bedeutung, über die Wir kung klar sein, denn er verkauft ja eben nicht Druckerschwärze und Papier, sondern er verkauft ein Erlebnis — ein Erlebnis, das vielleicht für den Leser mehr oder weniger grundlegend ist. Nicht selten hört man^ daß durch ein Buch die Wendung im Leben eines Menschen veranlaßt wurde. — Wir haben uns auf gefährliches Gebiet begeben. Wir haben — scheinbar — Ideale gepredigt zu einem Zeitpunkt, der so bitter real ist, daß die Zahlung der Fakturen, vielleicht gar der Miete und der Telefonrechnung näher liegend erscheint als »hochpsychologische Verkaussgespräche«. Aber wir betrachten die Aufgabe, welche wir uns gestellt haben, erst dann als wirk lich erfüllt, wenn es uns gelingt, den geneigten Leser davon zu überzeugen, daß hier keineswegs von brotlosen Künsten die Rede ist, daß es vielmehr um Fragen von äußerster Dring lichkeit geht, mit denen sich zu befassen, um es ganz derb zu sagen, eine Kasse-Angelegenheit ist, eine Angelegenheit, die, wenn kein anderes Interesse da ist, um der Erhöhung der Tageseinnahmen willen betrieben werden sollte! Gewiß, an der allgemeinen Geldknappheit werden auch psychologisch gute Ver laufsgespräche, wird auch Literaturkenntnis, wird auch Ver antwortungsbewußtsein nichts ändern. Aber schon bei dem nachlassenden Interesse für geistige Werte, über das im Buch handel so allgemein geklagt wird, fängt es an. Interesse läßt 778 sich wecken, wachhalten, nähren, steigern. Ist es gelungen, den Wunsch nach einem Buch so stark zu macyen, daß es zum Kaufentschluß kommt, so wird vielleicht dieser oder jener andere Artikel nicht gekauft werden. Der Buchhändler jedenfalls muß sich sagen können, daß er von sich aus alles, aber wirk lich auch alles dazu getan hat, daß Bücher gekauft werden. Wir haben versucht, uns klar zu machen, woher es kommt, daß geistig hochstehende Menschen, wie Buchhändler, sich den verkaufspsychologischen Forderungen gegenüber so Passiv ver halten, wie das meist der Fall ist. Liegt es vielleicht an der fehlenden Konkurrenz (im oben angedeuteten Sinne: gleiche Preise, gleiche Ware)? Der Ausfall dieses wichtigen Kon kurrenz-Faktors müßte eigentlich den einzelnen Buchhändler in ganz besonderem Maße dazu anspornen, alte nur erreich baren Mittel und begehbaren Wege zu benutzen, um sein Ge schäft auf eine möglichst hohe Stufe zu bringen. Denn sich vor den anderen auszuzeichnen, das ist doch der fruchtbare Sinn eines durchaus lauteren Wettbewerbs! Grundsätzlich gesagt: Alles, was den Buchhändler in kauf männischer Hinsicht behindert, sollte ein Anlaß für ihn sein, desto mehr auf den Gebieten sich lebendig, beweglich und fort schrittlich zu zeigen, die ihm unbenommen sind. Das, was wir eben über das Buch als geistigen Wert sagten, mag es mit sich bringen, daß die ganze Frage des Wettbewerbs dem Buchhändler überhaupt ferner liegt, daß er nicht geneigt ist, in Anbetracht seines geistigen Handelsobjektes »Buch» sich der Mittel und Wege zu bedienen, welche der übrige Handel zur Erhöhung seiner Umsätze zu beschreiten Pflegt. Auch dem. tann man wieder durchaus Verständnis entgegenbringen. Die vielfach übliche Art ist in der Tat des Buches nicht würdig. Können Sie sich eine Anzeige vorstellen: »Lesen Sie nur den prima, prima Thomas Mann»? Aber solche Auswüchse dürfen nicht Anlaß werden, uns den guten Seiten der hier ruhenden Möglichkeiten gegenüber zu verschließen. Es märe eine reizvolle Aufgabe, die aber wiederum den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde, einmal die Möglichkeiten der Werbung im Buchhandel unter dem Gesichtspunkt des geistigen Kundendienstes zu beleuch ten. Wir müssen uns dies hier versagen und wollen zum Schluß lediglich noch eingehen aus das Problem des »Kunden» in der Buchhandlung. Hierbei wird es uns möglich sein, einige weitere rufhellende Streiflichter auf das zu werfen, was wir oben unter geistigen Kundendienst im psychologischen Verkaufsgespräch zu skizzieren versuchten. Die Situation im Buchladen scheint deshalb besonders gün stig, weil hier der Käuferkreis ini Verhältnis zu den meisten anderen Geschäften als relativ einheitlich zu bezeichnen ist. Man findet in der noch nicht sehr umfangreichen verkausspsychologi- schen Literatur mitunter Kundentypologien, Einteilungen der Käufer also, unter gewissen psychologischen Gesichtspunkten. (Die Typenbezeichnung soll dabei nicht nur- über eine Einzeleigen schaft etwas aussagen, sondern möglichst ein Schlaglicht auf die ganze Charakterstruktur des Menschen werfen.) Der Buchhandel bietet nun schon durch die Ware selbst einen solchen durchaus als Psychologisch zu bezeichnenden Gesichtspunkt. Ich kann mir zweifellos eher ein Bild machen von der Gruppe »Menschen, die Bücher kaufen», als von der Gruppe »Menschen, die Schuhe kaufen». Diese relativ größere Einheitlichkeit bedeutet aber, wie ein ganz einfacher Gedankengang zeigt, einen wesentlichen Vor sprung in verkaufspsychologischer Hinsicht. Verkaufspsychologie mag definiert werden als die Lehre der spezifisch menschlichen Beziehungen im Verkauf (und allem, was damit zusammen hängt). Wenn ich also etwas über den Menschen weiß, der kauft, bin ich schon einen Schritt weiter. Aber das ist nur ein kleiner Schritt, ein größerer liegt darin, daß der Wunsch des Bücher käufers in den meisten Fällen bereits Rückschlüsse daraus zuläßt, wes Geistes Kind der Käufer ist. Um unser Beispiel von oben weiter zu führen: »Ich möchte das Gastmahl von Platon», »Ich möchte Ringelnatz, Reiseerlebnisse«, »Ich möchte Courths-Mah- ler, Nur Dich Hab ich geliebt», läßt gewiß eher Rückschlüsse aus den Menschen zu, als »Ich möchte ein Paar schwarze Lackhalb schuhe«! Das ist sehr wesentlich! Wir stellen also fest: Durch die Tatsache, daß der Kunde Bücherkäufer ist und besonders durch
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